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Was nicht passt wird passend gemacht:

Niedersachsen, die Windkraft Near-Shore im Wattenmeer Wie man in Niedersachsen Windkraftstandorte im Wattenmeer und "faktischen Vogelschutzgebieten" passend macht, aus dem Kreißsaal der Möglichmacher und "Hinkrieger"

Ein Umweltskandal, der nur geringe öffentliche Aufmerksamkeit fand.

Eigentlich war es gutachterlich glasklar:

Sowohl das Landeamt für Ökologie, das demnächst aufgelöst wird, und die Universität Kiel stellten in zwei verschiedenen Gutachten die hohe Wertigkeit des Planungsraumes für Windkraftanlagen im niedersächsischen Wattenmeer heraus. Damit sind diese Flächen, in denen z.B. die Wind"parks" "Nordergründe" nordöstlich von Wangerooge und "Riffgatt" nordwestlich von Borkum mit ca. 180m Rotorspitzenhöhe geplant sind, für diese Anlagen tabu, es sind "faktische Vogelschutzgebiete" nach EU-Recht, eine Planung verbietet sich. Aber Politiker und Betreiber sind trickreich. Ein Erlass des niedersächsischen Umweltministers holte alle Beteiligten wieder an einen Tisch, und siehe da, mit ein bisschen Grenzschiebereien passten nun mit einmal die Windparks ins Wattenmeer, ohne lästige Auflagen der Europäischen Union.

Dem Vernehmen hat auch das bisherige Fachgutachten des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ), Staatliche Vogelschutzwarte, vom 26.04.2004 "Besondere Vogellebensräume im niedersächsischen Wattenmeer", das die Abgrenzung für wertbestimmende Vogelarten in der 12-Seemeilenzone vornimmt, keine Gültigkeit mehr.

(Siehe auch die Berichterstattung in der Ostfriesen Zeitung über die nun plötzlich geänderte avifaunistische Datenlage für den Near-Shore Windpark Riffgat bei Borkum durch Wissenschaftler der Uni Kiel und Hamburg, Fachgutachten "Verbreitung und Häufigkeit von See- und Küstenvögeln in der niedersächsischen 12-Seemeilen-Zone der Nordsee", März 2004, auf unseren Seiten hier zu finden.)

Auf politischen Druck hin tagten das NLÖ, das Planungsbüro IBL und die Windkraftbetreiber im Oktober 2004, um die Genehmigung der umstrittenen Standorte im Wattenmeer dennoch genehmigungsfähig zu machen.

Bereits im Juli 2004, nach Bekanntwerden der damals noch kritischen Gutachten zu den Near-Shore-Standorten äußerte sich die Pressesprecherin des MU in der Ostfriesen-Zeitung (22.07.04): "Vor dem Gespräch soll noch einmal das Gutachten des NLÖ auf Plausibilität durchgelesen werden", sagte Sanders Pressesprecherin Jutta Kremer-Heye gestern auf Anfrage. Ziel des Gespräches am Montag solle sein, die Projekte Borkum-Riffgat und ein weiteres vor Wangerooge noch "hinzukriegen".

Diese Aussage ist an Eindeutigkeit und Dreistigkeit nicht zu übertreffen gewesen, die Ausführung ist jetzt gelungen.

Die Beteiligten einigten sich dem Vernehmen nach so, dass die bisherige Grenzziehung der "faktischen Vogelschutzgebiete", Vorschlagsziel "Besonderes Schutzgebiet" nach EU-Vogelschutzrichtlinie, deutlich zu Gunsten der Windkraftplanungen verschoben wurde und nun zumindest optisch die Genehmigung ohne Kollision mit dem europäischen Umweltrecht vereinbar wirkt. Für dieses Ergebnis soll die Vogelschutzwarte vom Umweltminister Sander gelobt worden sein. Gleichzeitig wurde Minister Sander aus der politischen Schusslinie genommen, da ihm vorgeworfen wurde, er habe Kenntnis von den ursprünglichen Gutachten gehabt, die möglicherweise die Windkraftplanungen im Wattenmeer vereitelt hätten.

Im künftigen Landesbetrieb NLWKN, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz, in der das NLÖ ab Januar 2005 eingehen soll, sind noch wichtige Führungspositionen zu besetzen. Es ist zu erwarten, dass dieses "Entgegenkommen" der Vogelschutzwarte bei der Realisierung des Offshore-Millionenprojektes sich in neuen Führungsgpositionen für Vogelschutzwarten-Mitarbeiter auszahlen wird, die dann weit über den Tätigkeitsbereich der Vogelschutzwarte hinausgehen werden.

Man darf gespannt sein (oder auch nicht), welcher Mitarbeitername der bisherigen Vogelschutzwarte dann in diesem Führungsgremium erscheinen wird.

Die neuen alten Gutachten liegen dem Wattenrat vor.

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung:

Ostfriesen-Zeitung 09.11.2004 (S. 7)

Windpark Riffgat darf gebaut werden

NORDSEE-PROJEKT -- Gutachter einig: Windenergieanlagen bei Borkum stören seltene Vögel doch nicht

Die ostfriesischen Firmen Enercon (Aurich) und Enova (Bunderhee) wurden gestern informiert. Sie zeigten sich nach einer monatelangen Hängepartie erleichtert.

VON HEINER SCHRÖDER

BORKUM / HANNOVER - Nach einer monatelangen Hängepartien steht dem Bau des Offshore Windparks Borkum-Riffgat seit gestern nichts mehr im Wege. Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) erklärte, dass Vogelschutz und Windpark nicht kollidieren. "Die Investoren haben jetzt Planungssicherheit", meinte Sander.

Die Planungsfirma Enova (Bunderhee) und der Anlagenhersteller Enercon (Aurich) wurden gestern informiert. Sie reagierten erleichtert auf die Nachricht aus dem Umweltministerium. Enova hatte bereits einen zweistelligen Millionenbetrag in das Windpark-Projekt Riffgat investiert.

Die Firma aus Bunderhee hatte Hamburger Biologen mit einem Gutachten über die Vogelwelt im Planungsgebiet beauftragt. Sie kamen zum Ergebnis, dass dem Projekt keine schützenswerten Vögel im Wege sind. Darum arbeitete Enova weiter an dem Windpark mit 44 Anlagen des neuen Typs Enercon E-112, von dem drei, wie berichtet, schon in Emden stehen.

Im Juli sorgte ein Gutachten der Universität Kiel, das schon 2001 vom Landesamt für Ökologie in Auftrag gegeben worden war, für Aufregung. Es kam zum Ergebnis, dass seltene Vogelarten wie Seetaucher, Zwergmöwe und Brandseeschwalbe im Gebiet Borkum Riffgat rund zehn Kilometer vor Borkum vorkommen. Dieses Gutachten macht Riffgat zu einem europäischen Vogelschutzgebiet, indem Windenergieanlagen nicht mehr gefördert werden. Sander verkündete öffentlich: Der Windpark Riffgat - ebenso wie der Windpark Nordergründe bei Wangerooge - ist nicht mehr wirtschaftlich.

Damit lagen zwei unterschiedliche wissenschaftlichen Meinungen vor. Die Biologen aus Hamburg und Kiel setzten sich daher zusammen, werteten noch einmal alle Daten aus und kamen jetzt zu einem verblüffenden Ergebnis:

In den Gebieten "Roter Sand", "Borkum Riff" und "Küstenmeer vor den ostfriesischen Inseln", in denen auch die Windparks geplant werden, leben tatsächlich schützenswerte Rast- und Zugvögel. Aber sie kommen genau dort, wo die Windparks liegen werden, nicht vor.

"Die Wissenschaftler waren sich einig", sagte gestern Ministeriumssprecherin Jutta Kremer-Heye. Zur Frage, warum sich die Vögel an einigen Stellen konzentrieren und ausgerechnet an den Windpark-Standorten nur in geringer Dichte vorkommen, gebe es nur Vermutungen, hieß es gestern in Hannover."

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