Wattenrat

Ost-Friesland

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 284 (Mai 2008)

UN-Artenschutzkonferenz ohne heimische Tierarten

Facts and fiction: Offzielles und Reales zum Artenschutz im Wattenmeer

Rechtzeitig zur UN-Artenschutzkonferenz in Berlin lobhudelte der Staatssekretär im niedersächsischen Umweltministerium, Dr. Birkner, die Bemühungen, um den "Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten". Das Wattenmeer hob er besonders hervor. Aber dort wird durch den Massentourismus und die ständigen Störungen in den Brut- und Rastgebieten genau das Gegenteil von Artenschutz betrieben. Von "gemeinsamen" Anstrengungen zum Schutz des Artenreichtums der drei Anrainerstaaten, die der Staatssekträr bemüht, ist hier nichts bekannt.

Wohl gibt es das "Wattenmeerforum" (siehe auf unseren Seiten vom April 2005: "Wattenmeerforum - Naturschutz fiel ins eiskalte Wasser" und vom November 2004 "Wattenmeerforum") als gemeinsames Nutzerforum für Tourismus, Fischerei, Hafenwirtschaft, Energie und Landwirtschaft mit ein paar Verbandsnaturschützern als Feigenblatt-Statisten ohne Einfluss. Dieses Forum hat mit Naturschutz nichts zu tun.

Wir zitieren:

27. Mai 2008

Schutz des Wattenmeers

Birkner: Artenreichtum im Watt auch dank internationaler Zusammenarbeit geschützt

Pressemitteilung Nr. 31/2008

BONN. "Im Wattenmeer gelingt, was derzeit weltweit angestrebt wird", erklärte heute (Dienstag) Umweltstaatssekretär Dr. Stefan Birkner bei seinem Besuch der 9. UN-Vertragsstaatenkonferenz zur Biologischen Vielfalt.

"Nur gemeinsam ist es möglich, den Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten, nachhaltige Nutzung zuzulassen und die Menschen vor Ort für den Schutz ihrer Heimat zu gewinnen. Ich freue mich über diese erfolgreiche langjährige Zusammenarbeit der Niederlande, Dänemarks und Deutschlands zum Schutz des Artenreichtums in der Nordsee an dem die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg intensiv mitwirken", so Birkner weiter.

Die dänisch-niederländisch-deutsche Wattenmeer-Zusammenarbeit ist eine Erfolgsstory und kann ein Beispiel für das Management grenzüberschreitender Ökosysteme sein. Bereits seit 30 Jahren sorgt diese Zusammenarbeit dafür, dass die Naturlandschaft im Wattenmeer als ökologische Einheit geschützt und erhalten wird. Die Zusammenarbeit wird derzeit einem umfangreichen Modernisierungsprozess unterzogen, an dem die Beteiligten intensiv gemeinsam arbeiten. Insbesondere sollen die Organisationsstrukturen gestrafft werden.

Die Fakten sind ganz anders und wenig erfreulich für den Artenschutz: 47 Brutvogelarten sind in Niedersachsen und Bremen auf der "Roten Liste" der gefährdeten Arten verzeichnet, wobei nicht verschwiegen werden soll, dass es auch positive Bestandsentwicklungen gibt, wie z.B. beim Löffler oder Kranich. An der Wattenmeerküste Niedersachsens im Nationalpark Wattenmeer sind es besonders die kleinen und unscheinbaren Seeregenpfeifer, Sandregenpfeifer oder die Zwergseeschwalben, die am Limit leben, ständig gefährdet durch Touristenmassen mit oder ohne Hund, die in Scharen ihr Prospektvergnügen am Strand suchen und dabei so manche Vogelart von ihren Brutplätzen vertreiben.

Sandregenpfeifer

Sandregenpfeifer auf der Flucht

Eine Aufsicht findet kaum statt. Die Fremdenverkehrsindustrie nennt das "Sanfter Tourismus", Werbegesülze ohne Inhalt.

Die Artenschutzkonferenz in Berlin beschäftige sich denn auch viel mit den gefährdeten exotisch-tropischen Arten, weit weg von uns, die wir nur aus dem Zoo kennen. Die heimischen Arten fielen einfach unter den Konferenztisch und wurden nicht thematisiert. Das glossierte die "Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V." mit einer fiktiven Briefmarke, die wir mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde unseren Lesern nicht vorenthalten wollen:

Schutzbriefmarke

Wir zitieren:

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz:

Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel - 7. Fassung, Stand 2007

Auszug:

In der Roten Liste wird 212 in Niedersachsen und Bremen brütenden Vogelarten eine Gefährdungskategorie zugeordnet. 15 ehemals regelmäßig brütende Arten gelten inzwischen als ausgestorben, zur rezenten autochthonen Brutvogelfauna des Bearbeitungsgebiets gehören somit 197 Arten, das entspricht 83 % der deutschen Brutvögel. Weitere 20 Arten haben in Niedersachsen als Vermehrungsgäste gebrütet, waren also nicht länger als drei Jahre in Folge reproduktiv. Sie zählen damit ebenso wie die gebietsfremden, durch menschliche Einflüsse direkt oder indirekt nach Niedersachsen und Bremen gelangten und in Freiheit brütenden Vogelarten (Neozoen) nicht zur Brutvogelfauna des Bezugsraums.

Die Bestände von 30 der 212 in Niedersachsen und Bremen brütenden Arten sind vom Erlöschen bedroht (Rote Liste-Gefährdungskategorie 1), 17 Arten sind stark gefährdet (2), 32 Arten sind gefährdet (3) und sechs Arten sind als extrem selten (R) einzustufen. Dazu kommen - außerhalb der eigentlichen Roten Liste stehend - 18 Arten in der Vorwarnliste (V). Somit sind derzeit 47 % aller Brutvogelarten Niedersachsens und Bremens in der Roten Liste geführt, 9 % stehen in der Vorwarnliste, während 44 % (94 Arten) als ungefährdet beurteilt werden können.

[...]

Auch die Lebensraumtypen "Küste" (22 Arten) und "Binnengewässer" (28 Arten) weisen mit einem Anteil von jeweils etwa 46 % gefährdeter bzw. bereits ausgestorbener Arten auf zahlreiche negative Veränderungen der Landschaft hin.

 
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