Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 77 (15.06.2005)
Windenergie - ein fataler Irrweg deutscher Energiepolitik
Energiebilanzen und tatsächliche Kosten der Windkraft
Zahlen, Daten und Fakten, bereitgestellt vom ehemaligen Direktor Dr.-Ing. Michael J. Meixner der United Nations Industrial Development Organization (UNIDO).
Dies allen kritischen Köpfen und auch beruflichen Schönschreibern zur Kenntnis, zum Aufbewahren und gelegentlichen Nachschlagen empfohlen!
Windenergie - ein fataler Irrweg deutscher Energiepolitik
1. Energiebilanzen
Ende 2003 betrug die installierte Leistung aller Windenergieanlagen (WEA) in der BR Deutschland 14.609 MW. Gegenüber 2002 nahm die installierte Nennleistung um 21,73 % zu. Im darauf folgenden Jahr 2004 stieg die installierte Nennleistung auf 16.629 MW an, ein Zuwachs von 13,83 % gegenüber 2003. Diese Daten wurden der Webseite des BWE e.V. (Bundesverband für Windenergie) entnommen.
Die folgenden Überlegungen sind auf das Referenzjahr 2003 beschränkt, weil für dieses Jahr umfassendes Datenmaterial vorliegt. Den Statistiken des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) zufolge betrug die Produktion der WEA 2003 18,86 TWh (Terawattstunden). Bei einer installierten Nennleistung von 12.001 MW Ende 2002 zuzüglich dem halben Leistungszuwachs 2003 hätten die WEA bei 100 %iger Auslastung, also bei einer angenommenen Nennleistung von 13.305 MW zur Jahresmitte, im Referenzjahr 114,96 TWh erzeugen müssen.
Aus den veröffentlichten Leistungsdaten ergibt sich ein Auslastungsgrad der WEA von gerade einmal 16,18 % der installierten Nennleistung. Neben dem niedrigen Auslastungsgrad der WEA ist vor allem die erratische Stromdarbietung der WEA ein gravierender Nachteil des Windstroms. Strom wird erzeugt in Abhängigkeit vom Windangebot, das von völliger Flaute bis zur Orkanstärke reichen kann. Bei hohen Windgeschwindigkeiten müssen die Anlagen aus Sicherheitsgründen sogar abgestellt werden.
Auch bei Windflauten und Orkan muss elektrischer Strom von den Netzbetreibern zur Verfügung gestellt werden. Wenn nur 16,18 % des Strombedarfes zu praktisch willkürlichen Zeiten von der Windenergie gedeckt wird, müssten die übrigen 83,82 % des Strombedarfes aus anderen Quellen kommen. Der Ausgleich der Windschwankungen kann nur durch den so genannten Reservestrom bzw. Spitzenstrom erfolgen. 2003 mussten nach dieser Rechnung 5,18 Kilowattstunden (kWh) Reserveenergie pro Kilowattstunde Windstrom bereit gestellt werden, um windenergiebedingte Versorgungsdefizite aufzufüllen.
Da die Einspeisung der zeitlich extrem fluktuierenden Windenergie vom Gesetzgeber erzwungen wird, müssen die Stromversorger mit dem stark schwankenden Energieangebot der Windmüller irgendwie fertig werden, wenn die Stromversorgung bundesweit gewährleistet bleiben soll. In begrenztem Umfang ist ein Ausgleich durch das Herunter- bzw. Hochfahren konventioneller Kraftwerke möglich. Soweit die Bedarfsregelung der Kraftwerksleistung nicht ausreicht, wird der windflautenbedingte Energiebedarf durch Zukauf von Reserveenergie abgedeckt. Reserveenergie wird täglich auf Auktionen angeboten. Die Preise für Reservestrom können entsprechend der Bedarfssituation in weiten Grenzen schwanken.
Prof. Dr. Haubrich vom Institut für Energiewirtschaft an der TH Aachen nimmt an, dass 30 % des Windflautendefizits durch Regelung existierender Kraftwerkskapazitäten aufgefangen werden kann und 70 % als Reserveenergie eingekauft werden muss (interne Studie der E-on AG). Bezogen auf 2003 wären demnach 3,63 kWh Reservestrom auf eine Kilowattstunde Windstrom bereit zu stellen gewesen. Der Faktor 0,7 ist ein Schätzfaktor, der von anderen Experten höher angesetzt wird, der aber auch mit wachsender Windenergieproduktion zunehmen wird.
Eine exakte Ermittlung dieses Faktors würde außerdem voraussetzen, dass zwischen dem täglichen Bedarfsverlauf einerseits sowie den Windspitzen und -flauten andererseits differenziert werden könnte. Die Zahlen über die Beschaffung von Reserveenergie helfen da auch nicht weiter, da sich die Aufteilung der Reserveenergie auf die täglichen Bedarfsspitzen und auf den von Windflauten verursachten Reserveenergiebedarf so ohne weiteres nicht ermitteln lässt.
Für die weiteren Überlegungen soll der Haubrichtsche Faktor von 0,7 zugrunde gelegt werden. Demnach wären 2003 aufgrund der oben dargelegten Zahlen bereits 68,46 Terawattstunden Reservestrom (18,86 tWh x 3,63 kWh Reservestrom/1 kWh Windstrom) in die deutschen Netze geflossen, um die von Windflauten verursachten Stromdefizite auszugleichen. Soweit dieser Reservestrom von Pumpspeicherwerken (PSW) bereitgestellt wird, um das fluktuierende Windenergieangebot auszugleichen, muss sich der Windstrom die hierdurch bedingten Zusatzkosten für Reservestrom zurechnen lassen. Darüber hinaus muss der Windstrom für die technisch bedingten Wirkungsgradverluste der PSW in Haftung genommen werden, zumindest in dem Umfang wie windstrominduzierte Bedarfsspitzen abzudecken sind.
Die Wirkungsgradverluste der PSW sind erheblich. Für jede Kilowattstunde Reserveenergie müssen die PSW zu deren Erzeugung etwa 1,5 Kilowattstunden aufwenden. Die Differenz von 0,5 Kilowattstunden zwischen Stromzukauf und -verkauf geht durch die aufsummierten Wirkungsgradverluste in Pumpen, Rohrleitungen, Turbinen, Generatoren und Stromleitungen verloren.
Die PSW beziehen überschüssige Energie zu den Tageszeiten geringen Stromverbrauches, um Wasser in höher gelegene Speicher zu pumpen. Bei hohem Strombedarf wird das herab stürzende Wasser in tiefer gelegenen Turbinen wieder in Strom umgewandelt. Vorzugsweise wird preiswerter Atomstrom in den PSW eingesetzt. Französischer Atomstrom ist in verbrauchsschwachen Zeiten meist sogar umsonst zu haben. In dem hier aufgeführten Beispiel müssen demnach 5,45 kWh Primärstrom beschafft werden, um 3,63 kWh Reservestrom pro Kilowattstunde Windstrom ins Netz bringen zu können.
Die Windstromindustrie und die verantwortlichen Politiker nehmen mit anderen Worten die Vernichtung von 1,82 kWh Strom in Kauf, um gerade mal eine einzige Kilowattstunde Windstrom im Netz unterbringen zu können. Es sei nochmals klar gestellt, dass es bei dieser Rechnung ausschließlich um Reservestrom aus PSW geht, der direkt der fluktuierenden Einspeisung von Windstrom zuzurechnen ist. Warum die Politik die sinnlose Vernichtung von Energie in dieser Größenordnung zulässt, ist schlechterdings unerfindlich.
Andere Kategorien von Reserveenergien sind auch nicht umsonst zu haben. Nach den Vorstellungen des Berliner Umweltministeriums sollen in Zukunft hauptsächlich Gasturbinen die Reservenergieversorgung übernehmen. Die Nachteile dieser Energievariante liegen auf der Hand. Auch die Stromerzeugung mit Gasturbinen geht nicht ohne Wirkungsgradverluste. Überdies ist Gas ein extrem teurer Brennstoff mit stark steigender Preistendenz und unsicherer Versorgungssicherheit.
Der fluktuierende auf die Erzeugung von Reservestrom ausgerichtete Gasturbinenbetrieb hat geringere Wirkungsgrade und abnehmende Lebenserwartungen der Gasturbinen zur Folge. Auch die Koppelung von Gasturbinen mit Dampferzeugern ist bei stark schwankenden Anforderungsprofilen nicht zweckmäßig, da er mit erheblicher Versorgungsunsicherheit bei der Wärmekopplung verbunden ist. Eine nachhaltige Wärme-Kraftkoppelung ist bei Gasturbinen, die zur Erzeugung von Reserveenergie eingesetzt werden, nicht gegeben.
2. Die wirklichen Kosten des Windstroms
Interessierte Kreise, die Windmüller und nicht zuletzt die Politik, machen dem Verbraucher bei der Berechnung der Windstromkosten etwas vor. In den Lobhymnen für die Windenergie werden die windbedingten Kostenbelastungen durch den Reservestrom nicht erwähnt oder vielfach schlicht geleugnet. Diese Kosten sind jedoch reale Kosten und müssen dem Windstrom sachlich zugerechnet werden. Alle anderen Rechenmethoden sind unredlich und entsprechen nicht den tatsächlichen Verhältnissen in der deutschen Stromwirtschaft.
Zunächst einmal erhält der Windmüller aufgrund des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) einen deutlich höheren Preis als die Netzbetreiber den Erzeugern konventioneller Energien bezahlen. Dem Windmüller werden bundeseinheitlich 9,14 cent/kWh für EEG-Strom pflichtvergütet. Demgegenüber belaufen sich die Erzeugungskosten für konventionellen Strom auf durchschnittlich etwa 2,5 cent/kWh (Kernenergie 2 cent/kWh, deutsche Steinkohle 4,5 cent/ kWh, Braunkohle 2 cent/kWh). Der Stromverbraucher subventioniert den Windmüller demnach mit 9,14 - 2,5 = 6,64 cent/kWh. Bezogen auf das Referenzjahr 2003 beträgt allein diese Subventionierungskomponente 1,252 Mrd. EURO.
Damit ist es jedoch nicht getan. Über die oben genannte Pflichtvergütung hinaus müssen die windbedingten Reserveenergien bezahlt werden. Die Preise für Reserveenergie liegen deutlich über den Preisen für konventionellen Kohle- bzw. Atomstrom. Die RWE bezifferte den Jahresdurchschnittspreis 2003 auf ca. 9,1 cent/kWh. Im Versorgungsbereich der E-on AG lag dieser Preis in einer ähnlichen Größenordnung. Rund 9 cent/kWh sind ein vernünftiger Rechenwert für die regelenergiebedingten Zusatzkosten im zugrunde gelegten Referenzjahr. Im übrigen werden die Preise für Regelenergie mit wachsendem Windenergieangebot in den kommenden Jahren drastisch zunehmen.
Für die 18,86 TWh Windenergie mussten 2003 demnach (5,18 kWh/1 kWh Windenergie x 0,7) = 68,39 TWh Reservestrom ins deutsche Stromnetz eingespeist werden, um die Versorgungslöcher der WEA aufzufüllen und um somit einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten.
Für diesen Reservestrom müssen rund 9 cent/kWh (mittlerer Preis für Reservestrom in 2003) abzüglich 2,5 cent/kWh (mittlerer Preis für konventionellen Strom) = 6,5 cent/kWh zusätzlich aufgewandt werden. Die windinduzierten Kosten für den zuordnungsbaren Mehrverbrauch an Regelenergie belaufen sich somit bundesweit auf 4,45 Mrd. EURO. In Summe bezahlten die Deutschen 2003 ca. 5,7 Mrd. EURO für den Windstromluxus ohne hierfür einen Gegenwert zu erhalten. Dieser Betrag wird mit jeder neuen WEA weiter steigen. Außerdem dürften in Zukunft die Preise für die Kilowattstunde Reservestrom drastisch zunehmen, da die vorhandenen Reserveleistungskapazitäten begrenzt sind und Neuanlagen für den wachsenden Reservestrombedarf gebaut werden müssen.
Jeder Einwohner der BR Deutschland wurde 2003 bereits mit etwa 70 EURO belastet, nur um die Kosten aufzubringen, die durch die Windstromeinspeisung in die bundesdeutschen Stromnetze verursacht werden. Für einen durchschnittlichen Vierpersonenhaushalt betrugen die zusätzlichen Belastungen 280 EURO pro Jahr. In diesem Betrag sind die durchschnittlichen Stromkosten von 2,5 cent/kWh natürlich nicht enthalten. Es handelt sich um reine Zusatzkosten ohne Gegenwert. Dieses Geld wird ohne jeden Gegenwert schlichtweg vernichtet.
Zu den windinduzierten Zusatzkosten kommen noch die steuerlich privilegierten Sonderabschreibungen auf die Kapitalkosten und die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über Steuergelder finanzierten Bauzinsverbilligungen der WEA. Hier handelt es sich um eindeutige Subventionstatbestände, die unverständlicherweise vom jetzigen Umweltminister J. Trittin immer wieder vehement bestritten werden. Nach Trittin gibt es keine stattlichen Subventionen für die Windmüllerei.
Erst letzthin hat Herr Trittin in der WamS (Welt am Sonntag) die durch die Windenergie induzierten auf 1,18 pro Person und Jahr veranschlagt. Diese Zahl ist einfach nicht wahr. Ein Minister müsste es besser wissen.
Windinduzierte Kapitalkosten für den notwendigen Ausbau der Hochspannungsstromnetze von den Küstenregionen zu den großen Verbraucherzentren sind der Windenergie ebenfalls anzulasten. Die Megainvestitionen in neue Regelleistungskraftwerke müssen ebenfalls der Windenergie zugerechnet werden. Sie werden von den WEA unmittelbar verursacht, aber von den Windmüllern nicht bezahlt.
Dr.-Ing. Michael J. Meixner
Ehemals UNIDO (United Nations Industrial Development Organization)
Director