Watten-Rat

Ost-Friesland

- unabhängiger Naturschutz für die Küste -

Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 68 (02.03.2005)

Der BUND in Bremen

Ein Brief an den BUND in Bremen

Eine Replik auf eine BUND-Veröffentlichung zur "Empfindlichkeit von Vögeln gegen Windkraftanlagen". Mehr als zehn Jahre nach dem Beginn des Zubaus der Küste mit Windkraftanlagen will der BUND nun Konsensgespräche über Windkraftstandorte führen.

Mitglieder des heutigen Wattenrates hatten bereits 1994 ein zweijähriges Moratorium anlässlich einer Arbeitsgruppensitzung bei der AG Nationalpark unter der Federführung des WWF in Bremen für den Ausbau der Küstenlandschaft mit WKA gefordert, um in Ruhe geeignete Standorte finden zu können. Dieser Vorschlag schreckte die damalige Umweltministerin Griefahn so auf, dass sie die Verbändespitzen zu einem Gespräch ins Ministerium nach Hannover einlud. Dort wurde aus dem Moratorium ein forcierter Ausbau mit Windkraftanlagen, mit manipulierten Fachkarten des inzwischen aufgelösten Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (NLÖ), Details siehe hier auf unseren Seiten.

Brief, März 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrer nachstehenden Pressemitteilung nehme ich Stellung.

Was Sie als anerkannter Naturschutzverband (!) bewegt, sich zum Sprachrohr von Windkraftswerks-Planern und -Betreibern zu machen, ist mir unverständlich. Sie machen genau das, was Sie umgekehrt engagierten Naturschützern vorwerfen: Sie lassen sich offensichtlich vor den Karren der Windenergie-Industrie spannen, der Deutsche Naturschutzring macht es ja mit seiner vom Hause Trittin finanzierten Akzeptanz-Kampagne vor, ohne dass Proteste aus den Mitgliedsverbänden kommen.

Zweifellos ist seit langem bekannt, dass sich bestimmte Singvogelarten kaum oder gar nicht durch WKA stören lassen, genau so bekannt ist aber, dass gerade in Zugvogellebensräumen Limikolen und Gänse weiträumig durch WKA von ihren Nahrungs- und Ruheplätzen vertrieben werden. An der ostfriesischen Küste stehen mindestens 14 Wind"parks" in sog. IBAs (Important Bird Areas), also wichtigen Vogellebensräumen. Widerstand seitens des BUND konnte hier nicht festgestellt werden.

Sie kommen etwas spät mit Ihrer Forderung, sich nun mit den Betreibern an einen Tisch zu setzen, um mögliche konfliktfreie Standorte zu diskutieren. Der größte Teil der Landstandorte ist bereits verbaut, das ist Ihnen offensichtlich in Ihrer Euphorie über diese auch landschaftszerstörende und höchst uneffektive Energieerzeugung entgangen. Dass auch das Landschaftsbild ein geschütztes Rechtsgut ist, wird in der Diskussion völlig ignoriert.

Wir warten immer noch darauf, dass sich der BUND deutlich zu den Offshore-Planungen im und außerhalb des Wattenmeeres kritisch öffentlich äußert und die vom nieders. Umweltministerium inszenierten Manipulationen an den zunächst sehr kritischen Fachgutachten zu den Standorten Norder Gründe bei Wangerooge und Riffgat bei Borkum thematisiert.

Nicht der Naturschutz, sondern eindeutig die Planer, Betreiber und auch Genehmigungsbehörden haben sich fast immer über die bestehende Daten- und Rechtslage bei der Genehmigung von WKA-Standorten hinweggesetzt, mit den nun weithin sichtbaren "Erfolgen" für die Betreiber. Nun ausgerechnet dem Naturschutz vorzuwerfen, man argumentiere "ohne sachliche Grundlage mit dem Vogelschutz gegen Windkraftanlagen" ist schon sehr perfide.

Ausgerechnet die Windkraft als Heilmittel gegen Klimaveränderungen (die gab es schon immer, ein statisches Klima ist auf Grund der unterschiedlichen Sonnenaktivität unmöglich) zu propagieren ist abenteuerlich. Die aktuell vorliegenden Zahlen für die Küste zeigen, dass die Windkraftwerke hier eine Auslastung von 16,03 Prozent gemessen an möglichen 8760 Jahresstunden haben, völlig unregelmäßig und weitgehend unberechenbar über das Jahr verteilt. Zur "Energieversorgung für x-Tausend Haushalte", wie immer wieder öffentlich gelogen wird, ist die Windenergie also gar nicht geeignet. D.h. Wärmekraftwerke müssen den Regelbetrieb für die Netzstabilität aufrechterhalten, ohne den Regelbetrieb ist der Betrieb von WKA technisch gar nicht möglich. Mit diesen ineffektiven Strompropellern wollen Sie das Wetter und damit in der Folge das nur statistisch erfassbare Klima ändern?

Auf unserer Web-Seite finden Sie Details zu den Machenschaften der Wind-Lobby und auch Aussagen zu einem ehemaligen Bundesgeschäftsführer des BUND.

Mit freundlichem Gruß

Manfred Knake
-im Wattenrat Ost-Friesland-

Veröffentlichung des BUND Bremen, den 24.02.2005

BUND: Empfindlichkeit von Vögeln gegenüber Windenergieanlagen sehr unterschiedlich und teilweise überschätzt

Heute hat der BUND seine neue Veröffentlichung Vögel und Fledermäuse im Konflikt mit der Windenergie vorgestellt. Darin sind die Ergebnisse zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen zu diesem Thema zusammengefasst und ausgewertet. "Unser Ziel ist eine versachlichte Konfliktbewältigung zwischen Windenergienutzung und Naturschutz", betont BUND-Geschäftsführer Martin Rode bei der Präsentation.

Die Nutzung der Windkraft gehört seit rund 10 Jahren zu den am heftigsten diskutierten Themen im Umweltbereich. Oftmals bestimmen mehr Emotionen als Sachkenntnis die Auseinandersetzungen. Angesichts weltweiter Klimaveränderungen, verursacht durch den CO2-Ausstoß, und der unberechenbaren Gefahren bei der Atomkraftnutzung ist die Wende in der Energiepolitik hin zur Nutzung regenerativer Energiequellen und zur Ausschöpfung der Energiesparpotenziale dringend erforderlich. Der BUND befürwortet daher ausdrücklich die Nutzung der Windkraft als vergleichsweise Ressourcen schonende Form der Energiegewinnung. Der BUND ist aber auch dem Vogelschutz verpflichtet.

Schon 1999 hat der BUND-Bremen einen ersten Themenband Vögel und Windkraft herausgegeben. Inzwischen sind die Erkenntnisse zu diesem Problemkreis durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen an onshore-Windparks weiter gewachsen. "Es zeigt sich, dass in vielen Fällen die Konflikte mit dem Vogelschutz gar nicht so groß sind, wie noch vor einigen Jahren befürchtet wurde", stellt Dipl.-Ing. Martin Sprötge, einer der Autoren des neuen Themenheftes fest. "Singvogelarten, auch seltenere wie Schilfrohrsänger, Blaukehlchen und Ortolan, werden offensichtlich durch Windkraftanlagen nicht beeinträchtigt. Für Gastvögel, insbesondere Limikolen und Gänse, stellen Windkraftanlagen dagegen Störquellen da, auf die sie mit einem mehr oder weniger deutlichen Ausweichverhalten reagieren." Für viele Arten können diese Reaktionen inzwischen recht genau eingeschätzt werden. So wird im neuen Themenheft erstmals die artspezifische Empfindlichkeit von Vögeln gegenüber Windkraftanlagen auf Basis einer Vielzahl langjähriger Untersuchungen abgeschätzt. Die Erfahrungen aus USA und den europäischen Nachbarn wurden berücksichtigt. Damit lässt sich die Planungsgrundlage für Windkraftanlagen wesentlich verbessern.

Die Empfindlichkeit von Fledermäusen ist dagegen erst in den letzten Jahren erkannt worden. Bislang sind kaum abgesicherte Aussagen möglich. Gleichwohl wird die Notwendigkeit immer deutlicher, zukünftig auch die Fledermäuse als potenziell stark von Windkraftanlagen betroffene Tiergruppe bei Planungsprozessen zu berücksichtigen. Im Themenheft findet sich dazu erstmals eine Auflistung geeigneter Untersuchungsansätze.

Auch das Thema Vogelschlag muss erneut diskutiert werden. Auf die Gesamtfläche bezogen spielt es wohl nur eine geringe Rolle. Gebietsweise stellt sich das möglicherweise anders da, z.B. an Konzentrationspunkten des Vogelzugs. Dem Fledermausschlag muss hingegen generell mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht werden.

Es hat sich gezeigt, dass vor Beginn einer Windparkplanung in jedem Fall eine gute Datengrundlage über Fledermäuse, Brut- und Gastvögel zu erarbeiten ist. Für eine Reihe von Brut- und Gastvogelarten, aber auch für ziehende Vögel und vor allem für Fledermäuse besteht weiterer Forschungsbedarf. Die im neuen Heft dazu präsentierten Ergebnisse liefern weitere Anhaltspunkte bezüglich möglicher Beeinträchtigungen durch Windkraftanlagen.

Bedauerlich ist, dass mancherorts ohne sachliche Grundlage mit dem Vogelschutz gegen Windkraftanlagen argumentiert wird. Oft stecken dann in Wirklichkeit andere, möglicherweise sehr berechtigte Interessen dahinter. Naturschützer sollten sich aber nicht mit falschen Vogelschutzargumenten vor den Karren anderer Interessengruppen spannen lassen.

Die Bremer Erfahrungen der vergangenen Jahre sprechen dafür, dass sich rechtzeitig vor Beginn von Windkraftplanungen Windkraftinteressenten und sachkundige Vogelkenner aus Verbänden und Behörden an einen Tisch setzen, gemeinsam mögliche Standorte diskutieren und ggf. Untersuchungsprogramme besprechen sollten. Der vogelkundliche Experte des BUND, Joachim Seitz bilanziert: "Durch rechtzeitige Konsenssuche konnten im kleinsten Bundesland bisher größere Konflikte vermieden werden."

Bezug: Themenheft "Vögel und Fledermäuse im Konflikt mit der Windenergie" über BUND-Bremen, Tel. 0421-790020 oder info@bund-bremen.net

 
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