Jochen Flasbarth, ehemaliger Präsident des Naturschutzbundes
Deutschland und seit zwei Jahren Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium
in Berlin, hielt eine Rede anlässlich der Fachtagung "Windenergie
und Naturschutz" am 26. Nov. 2004 im Leineschloss in Hannover
Er fordert tatsächlich "dass der Ausbau der Windenergie umwelt-
und naturverträglich erfolgt", jetzt, da nach 15 Jahren rigorosem
Zubau der Landschaft mit den Mühlenmonstern mehr als 700 Bürgerinitiativen
in Deutschland Front gegen den Windwahn machen. Er hat wahrgenommen, "dass
die neuesten Gutachten zu Verbreitungsschwerpunkten von Seevögeln
in der Nordsee Niedersachsens zum Ergebnis kommen, dass sich die wichtigsten
Vogellebensräume für seltene Arten wie Seetaucher, Brandseeschwalbe
und Zwergmöwe nicht mit den geplanten Offshore Windparks überschneiden".
Er verschweigt aber, dass die ehemals kritischen Gutachten auf Druck der
Landesregierung von den Autoren geändert und die Standorte nachträglich
"passend" gemacht wurden. Und er glaubt an das Märchen,
dass Windkraftanlagen einen nenneswerten Beitrag zum "Klimaschutz"
leisten können. Nun denn, "His Master´s Voice" hat
gesprochen.
"Naturschutz und Windenergie" - Rede von Joachen
Flashbarth anlässlich der Fachtagung "Windenergie und Naturschutz"
(Leineschloss, Hannover, 26.11.2004)
Meine Damen und Herren,
Die Einen stören Windräder in der Landschaft überhaupt
nicht. Für sie symbolisieren sie in gewisser Weise dynamische Zukunft.
Anderen wird es aufgrund der Veränderung des Landschaftsbildes sicher
anders gehen. Für bestimmte Tierarten können Windräder
sogar eine Bedrohung darstellen. Diese möglichst gering zu halten,
ist unter anderem auch meine Aufgabe als Leiter der Naturschutzabteilung
im Bundesumweltministerium. Ich würde meiner Verantwortung allerdings
nicht gerecht, wenn ich neben dem Naturschutz nicht auch die anderen ökologischen
Anliegen sehen würde. Es gibt vor allem zwei zentrale ökologische
Herausforderungen von existentieller Bedeutung:
Eine davon ist die Klima- und Energiekrise. Dass es schon jetzt eine
globale Klimaerwärmung gibt, ist heute nicht mehr anzuzweifeln. Dass
der Mensch insbesondere durch die Verbrennung von fossilen Energien und
deren verschwenderischem Verbrauch dafür zumindest mit-verantwortlich
ist, auch nicht. Die andere ökologische Herausforderung ist der dramatische
Verlust an biologischer Vielfalt weltweit. Die derzeitige Aussterberate
der Arten übertrifft nach Auffassung von Fachleuten die vermutete
natürliche Rate um das 100 bis 1000-fache und ist durch menschliches
Handeln bedingt. Das Aussterben einer Art und der damit verbundene Verlust
der genetischen Vielfalt ist irreversibel. Es kann nicht sein, dass eine
Krise auf Kosten der anderen gelöst wird. Wir müssen beide lösen.
Und wir können auch nur beide gleichzeitig lösen, da sie sehr
eng miteinander verknüpft sind. So würde weitere Naturzerstörung
die Klimakrise verschärfen: Der Raubbau an Wäldern, die Trockenlegung
von Sümpfen und Mooren sowie die Ausdehnung von Landwirtschaftsflächen
auf kohlestoffreiche Böden haben schwerwiegende Folgen für die
Freisetzung von Kohlendioxid und damit das Klima. Ökosysteme regulieren
aber auch über Wasserkreislauf, Strahlungshaushalt und die natürlichen
Emissionen und Senken weiterer Treibhausgase das Klima. Erste Untersuchungen
weisen zudem darauf hin, dass die Artenvielfalt selbst Einfluss auf diese
Prozesse hat. Damit wird der Schutz der biologischen Vielfalt auch zum
Klimaschutz. Umgekehrt ist der Klimawandel und die damit verbundene Erderwärmung
eine Ursache für den Verlust an biologischer Vielfalt.
So werden Lebensräume durch den Anstieg des Meeresspiegels und die
Verschiebung von Vegetationszonen verändert oder sogar zerstört.
Das Verbreitungsgebiet vieler Pflanzen- und Tierarten wird durch Klimaparameter
begrenzt. Aufgrund von Klimamodellen wird erwartet, dass sich ganze Vegetationsgürtel
nordwärts bzw. in höher gelegene Gebiete verschieben. Ob alle
Arten gleichermaßen mit diesen Veränderungen mithalten können,
ist fraglich. Ein Beispiel: Zugvögel reagieren auf Klimaerwärmung
mit frühzeitigem Brutverhalten und Rückzug. Was macht zum Beispiel
der Kuckuck, der auf die Klimaveränderung anders reagiert als seine
Wirtsvögel, und der seine Eier daher nicht mehr in ihre Nester legen
kann? Mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt und
der Klimarahmenkonvention wurden bereits 1992 auf der Riokonferenz die
beiden Herausforderungen in Angriff genommen. Es wurden zwei weltweite
Prozesse für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Verminderung
der Treibhausgase in Gang gesetzt. Deutschland hat in beiden Prozessen
eine führende Rolle übernommen. Durchgreifende Erfolge konnten
erst in den letzten Jahren erzielt werden - das gilt sowohl international
als auch national.
In Deutschland konnten durch die Schwerpunktsetzung der Bundesregierung
auf Schutz und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und die von
der jetzigen Bundesregierung eingeleitete Energiewende wichtige Fortschritte
gemacht werden. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist ein zentrales
Anliegen der Bundesregierung. Nicht nur in Schutzgebieten, sondern auf
der ganzen Fläche ist der Naturschutz in den letzten Jahren entscheidend
verbessert worden. Stichworte sind die Bewahrung des Nationalen Naturerbes
durch Sicherung von besonders wertvollen Naturschutzflächen in Ostdeutschland,
die Agrarwende, die Integration des Naturschutzes in die Forst- und Fischereiwirtschaft
und in die grüne Gentechnik, die naturverträgliche Ausrichtung
des Bundesverkehrswegeplans sowie die Verminderung der Flächeninanspruchnahme.
Die Bundesregierung begreift die Erhaltung der biologischen Vielfalt als
eine Querschnittsaufgabe. Deshalb werden wir bis zum Jahr 2006 eine Strategie
zur Erhaltung der biologischen Vielfalt entwickeln. Gemeinsam mit den
gesellschaftlichen Gruppen werden wir darin Leitbilder, Ziele und Maßnahmen
für Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung festlegen. Der Bundesregierung
ist es gleichzeitig für den Klimaschutz und für die Sicherung
einer nachhaltigen Energieversorgung gelungen, eine umfassende Energiewende
einzuleiten, die keinen Bereich ausgelassen hat - vom Ausstieg aus der
Atomenergie und der Förderung der erneuerbaren Energien über
die Verbesserung der Energieeffizienz bis hin zu mehr Energieeinsparung.
In der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie hat sich die Bundesregierung
auf konkrete Ziele für unsere künftige Energieversorgung verpflichtet.
Dazu gehört, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020
um 40% zu reduzieren,den Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch
von 2,1% im Jahr 2000 auf mindestens 4,2% im Jahr 2010 zu verdoppeln und
bis zum Jahr 2050 mindestens die Hälfte der gesamten Energieversorgung
aus erneuerbaren Energien zu bestreiten. Um dies zu erreichen soll der
Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromversorgung von rund
6% im Jahr 2000 auf mindestens 12,5% im Jahr 2010 verdoppelt und bis 2020
auf mindestens 20% gesteigert werden. Nach neuesten Schätzungen liegt
der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch im ersten Halbjahr
2004 bereits bei 10%. Die Windenergie nimmt dabei mit ca. 54% der erneuerbare
Energien den wichtigsten Stellenwert bei der Stromerzeugung durch erneuerbare
Energien ein. Wir wären heute nicht hier auf dieser Veranstaltung,
wäre uns trotz dieser beeindruckenden Zahlen nicht bewusst, dass
die Erreichung der Ausbauziele gerade bei der Windenergie mit Konflikten
verbunden ist.
Wir haben Konflikte um quantitative Ansprüche: erneuerbare Energien
nehmen erhebliche Flächen in Anspruch und stehen damit in Konkurrenz
z.B. zu Naturschutz- oder Erholungsflächen und umgekehrt. Ebenso
gibt es Konflikte um qualitative Ansprüche: Aufgrund ihrer Windhöffigkeit
ideale Standorte für Windenergieanlagen können gleichzeitig
Vogelzuggebiete sein. Sie werden mir als Abteilungsleiter Naturschutz
nachsehen, wenn ich auf diese Konflikte näher aus der Sicht des Naturschutzes
eingehe. Die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf die Fauna und Avifauna
werden derzeit intensiv diskutiert. Dabei geht es in erster Linie um die
Beeinträchtigung von Lebensräumen bis hin zum Verlust von Rast-,
Brut- und Nahrungshabitaten, um Störungen und Scheuchwirkungen und
schließlich auch um direkten Verlust, z.B. durch Vogelschlag. Das
Kollisionsrisiko von Vögeln ist ein Thema, das zur Zeit hitzige Debatten
auslöst. Pressemitteilungen, die von "700 toten - ja regelrecht
geschredderten - Tieren unter weniger als 200 Windrädern" sprechen,
heizen die Debatte zusätzlich an. Ich will diese Zahlen hier nicht
in Zweifel ziehen, meine aber, dass wir an diesem Punkt die Debatte versachlichen
sollten. Entscheidend sind hier Fragen wie: in welchem Zeitraum wurden
dies Totfunde gemacht? Können Aussagen gemacht werden z.B. zu Witterungsbedingungen
zum Zeitpunkt der Kollision? Wie können hier Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen
greifen? Welche Parameter wurden bei der Standortwahl dieser speziellen
Standorte nicht berücksichtigt?
Einen Beitrag zur Versachlichung dieser Diskussion werden sicher die
Ergebnisse eines Vorhabens liefern, das im Rahmen der Verbändeförderung
des BMU vom Michael-Otto-Institut im NABU durchgeführt wurde. Es
hat die Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die Biologische
Vielfalt am Beispiel der Vögel untersucht und in diesem Rahmen 127
Einzelstudien ausgewertet. Die Ergebnisse werden am 17. Dezember präsentiert
und im Anschluss veröffentlicht werden. Ich möchte auch gerne
noch auf ein weiteres Konfliktfeld eingehen: die Auswirkungen von Windkraftanlagen
auf das Landschaftsbild. Das ist ebenfalls ein oft im Zusammenhang mit
der Erholungsfunktion derzeit viel diskutiertes Thema. Zahlreiche Studien
und Untersuchungen zeigen, dass die Befragten deutlich zwischen landschaftsästhetischem
Anspruch und energiepolitischen Problembewusstsein abwägen.
Unter den mir bekannten Studien spricht eine Mehrzahl von einer neutralen
bis eher positiven Einstellung der Befragten zu Windenergieanlagen. Die
Ergebnisse hängen aber von verschiedenen Parametern ab, allen voran
natürlich von der individuellen Betroffenheit, also der räumlichen
Nähe des Wohnortes zu einem Windkraftstandort. Wesentlicher Faktor
für die Akzeptanzbewertung durch die Bevölkerung ist aber auch
die spezifische Standortwahl. Die Anlagenzahl je Standort, die Anpassung
der Aufstellordnung an die geomorphologischen Standortgegebenheiten, die
Fernwirkung und die Beziehung zu Sichtachsen scheinen dabei eine entscheidende
Rolle zu spielen. Auch hier sehe ich einen Ansatzpunkt zur Versachlichung
dieses Themas, ohne individuelle Betroffenheit in Abrede stellen zu wollen:
die uns zur Verfügung stehenden planerischen Instrumente der Raumordnung,
Bauleit- und Landschaftsplanung und Eingriffsregelung sollten verantwortungsbewusst,
kompetent und vorausschauend eingesetzt werden, um einem möglichen
Konflikt zwischen Windparks und Landschaftsbild vorzubeugen. Aktuelle
Forschungsergebnisse sollten außerdem genutzt werden, um die Kriterien
zur Festsetzung von Eignungs- oder Ausschlussgebieten für die Windkraftnutzung
regional zu definieren.
Meine Damen und Herren, Wir haben keine andere Wahl, als diese Konflikte
zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichen Interessen
im Ausgleich zu lösen. Es handelt sich hier um Auseinandersetzungen
um die Herangehensweise an die zwei gravierendsten globalen Umweltprobleme.
Somit haben wir einen regelrechten Zwang zu konstruktiven Lösungen.
Eine solche Lösung kann nicht lauten: "generell keine neuen
Anlagen mehr". Sie kann auch nicht lauten: "Windenergie um jeden
Preis". Eine wirklich konstruktive Lösung kann nur zwischen
diesen extremen Auffassungen liegen und muss vor allem im Einzelfall gefunden
werden. Für den konkreten Einzelfall hat der Deutsche Naturschutzring
einen Vorschlag für Leitlinien für die Standortsuche für
Windenergieanlagen erarbeitet, die gleich hier vorgestellt werden. Danach
sollen Qualitätsstandards gemeinsam mit Naturschutzverbänden
und der Windkraftindustrie entwickelt werden, um einen Ausgleich der Interessen
sicherzustellen. Und ich appelliere an die Vertreter der Verbände
beider Seiten, diesen Dialog mit Augenmaß und sachorientiert zu
führen.
Die Bundesregierung nimmt ihre Verantwortung, gestaltend und moderierend
in dieses Konfliktfeld einzugreifen und damit zur Lösung dieser innerökologischen
Konflikte beizutragen, aktiv wahr. Ich möchte dies an den Beispielen
Forschungsförderung, Anreizmaßnahmen durch das EEG und Windenergienutzung
auf See im einzelnen erläutern. Obwohl die Windenergie wie schon
erwähnt bereits über 50% bei der Energieerzeugung durch erneuerbare
Energien ausmacht, hat sie in den nächsten 10-20 Jahren das mit Abstand
größte Ausbaupotenzial unter den erneuerbaren Energien. Um
dieses Ausbaupotenzial voll zu nutzen und gleichzeitig den Ausbau natur-
und umweltverträglich zu gestalten, kommt der Forschung im Bereich
Windenergie eine zentrale Bedeutung zu. In den letzten Jahren förderte
das Bundesumweltministerium die Windenergie mit ca. einem Viertel der
Forschungsmittel aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien. Mit dem Ausbau
der Windenergie sind nicht nur technologische, sondern auch ökologische
Herausforderungen verbunden.
Vor diesem Hintergrund hat das BMU gemeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft
und Verbänden Schwerpunkte für die zukünftige Ausrichtung
der Windenergieforschung erarbeitet. Im Mittelpunkt stehen Forschungsaktivitäten
im Bereich der Offshore-Windenergienutzung und zur Integration der Windkraft
ins Stromnetz. Die Technikforschung ist vorwiegend anwendungsorientiert
und hat nicht nur zum Ziel, die Kosten der Windenergie zu senken, Ertrag
und Verfügbarkeit der Anlagen zu erhöhen, sondern auch die Belastung
von Natur, Umwelt und Mensch zu reduzieren. Dazu gehört neben der
Optimierung der Anlagentechnik sowie der Herstellung von Komponenten auch
die Entwicklung von Speicher-, Transport-, Logistik- und Wartungskonzepten
für Offshore-Anlagen.
Über die technologische Entwicklung hinaus ist von entscheidender
Bedeutung, dass der Ausbau der Windenergie umwelt- und naturverträglich
erfolgt. Daher wird der ökologischen Begleitforschung ein hoher Stellenwert
eingeräumt. Es wurden bereits eine Reihe von wichtigen Vorhaben durchgeführt.
Sie reichen von Handlungsempfehlungen für die Planung über die
Definition von naturschutzfachlichen Kriterien bis hin zur Entwicklung
von Strategien für die naturverträgliche Windenergienutzung
auf Land und auf See. Wir haben darüber hinaus weiteren erheblichen
Forschungsbedarf identifiziert: Für die Windenergie Onshore sind
vor dem Hintergrund der wachsenden Höhe der Anlagen weitere Untersuchungen
über die Auswirkungen auf Vögel und Fledermäuse, insbesondere
Meideverhalten und Kollisionshäufigkeiten zu untersuchen.
Es besteht weiterhin Bedarf, geeignete Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen,
z.B. die Beleuchtung der Anlagen, zu entwickeln, sowie akzeptanzbezogene
Fragestellungen im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung
des Landschaftsbildes aufzuarbeiten. Für Windenergie Offshore müssen
vor allem die naturschutzfachlichen Bewertungsgrundlagen und Prognosemodelle
weiterentwickelt werden. Schon jetzt werden die natürliche Ausstattung,
z.B. Verbreitung, Häufigkeit und Raumnutzung von Meeressäugetieren
sowie Vogelzuggeschehen, der für die Offshore Windenergie vorgesehenen
Meeresgebiete bereits vor dem Bau von Windparks erfasst. Dies muss fortgesetzt
werden. Für eine zentrale Aufgabe der ökologischen Begleitforschung
für Windenergie Offshore halte ich es, Untersuchungen zur Bewertung
der Auswirkungen von Offshore Windenergieanlagen - z.B. durch Lärm,
Leitungserwärmungen und Erschütterungen - auf die marinen Ökosysteme
durchzuführen und hierfür Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen
zu entwickeln. Insbesondere ist es notwendig, zeitnah das Kollisionsrisiko
für Vögel zu ermitteln und zu bewerten. Weiterhin müssen
kumulierende Wirkungen von Windenergieanlagen, Schiffsverkehr, Fischerei
und der Gewinnung von Bodenschätzen untersucht werden.
Insbesondere bei der ökologischen Begleitforschung spielt die plattformgestützte
Forschung in Nord- und Ostsee eine große Rolle. Die Schwerpunkte
zur Forschungsförderung im Bereich Windenergie sind ebenso wie die
genannten Schwerpunkte der ökologischen Begleitforschung für
die Windenergie in den Entwurf des Energieforschungsprogramms der Bundesregierung
eingeflossen. Dieser Entwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung.
Für den Bereich Forschung ist damit eine wichtige Voraussetzung geschaffen,
neue Lösungsansätze für den innerökologischen Konflikt
zu entwickeln. Für den Bereich Anreizmaßnahmen wurden wichtige
Voraussetzungen durch das neue Erneuerbare Energien Gesetzes geschaffen.
Das EEG gehört zu den wirkungsvollsten und effizientesten Klimaschutzinstrumenten
in Deutschland. Im Jahr 2003 wurden durch die Nutzung der erneuerbaren
Energien insgesamt rund 53 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart. Davon
waren 23 Millionen Tonnen auf das EEG zurückzuführen. Für
das Jahr 2010 ist damit zu rechnen, dass durch die erneuerbaren Energien
rund 90 Millionen Tonnen des Treibhausgases vermieden werden, alleine
durch das EEG mindestens 42 Millionen. Ziel des EEG ist es, den Anteil
der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugung auf mindestens
12,5% bis zum Jahre 2010 und auf mindestens 20% bis zum Jahre 2020 zu
steigern.
Mit dieser Zielvorgabe erhalten die Akteure einen klaren Rahmen und die
notwendige Investitionssicherheit zum Ausbau der erneuerbaren Energien.
Zweck des Gesetzes ist ausdrücklich auch, die Natur zu schützen.
Diese Zwecksetzung findet sich bei der Ausgestaltung der einzelnen Vergütungsregelungen
zu den verschiedenen Energieträgern wieder. Das gilt auch für
die Windenergie:Für Anlagen, die aufgrund eines im Voraus zu erstellenden
Gutachtens an dem geplanten Standort nicht mindestens 60% eines Referenzertrages
erzielen können, besteht kein Vergütungsanspruch mehr. Damit
entfallen die ökonomischen Anreize zur Installation von Anlagen an
windschwachen Standorten. Windenergieanlagen werden an ertragreiche Standorte
gelenkt und dadurch die Effizienz gesteigert.
Das Ausbauziel für die Windenergie kann somit mit weniger und konzentrierteren
Eingriffen für Natur und Landschaft erreicht werden, die vor Ort
durch die Bauleitplanung gesteuert werden können. Die deutliche Absenkung
des Basis-Vergütungssatzes wirkt sich vor allem an sehr guten Küstenstandorten
aus und soll eine potenzielle Überförderung dieser Anlagen vermeiden.
Insbesondere für die Küstenstandorte gibt es im neuen EEG Anreize
für das Repowering, also den Ersatz alter und kleiner durch moderne
und leistungsfähige Anlagen. Auch das steigert die Effizienz der
Stromerzeugung aus Windenergie. Eine für mich als Leiter der Naturschutz-Abteilung
im Bundesumweltministerium besonders wichtige Regelung betrifft die Vergütung
von Windenergie auf See. Wie Sie sicherlich wissen, wird Strom aus Offshore-Windenergieanlagen,
deren Errichtung nach dem 1. Januar 2005 in der AWZ oder dem Küstenmeer
genehmigt worden ist, nur bei einer Errichtung außerhalb der Natura
2000 Gebiete vergütet. Damit hat der Gesetzgeber eine klare Regelung
geschaffen, um mögliche Konflikte zwischen dem Ausbau der Windenergie
und dem Naturschutz zu vermeiden. Die Regelungen im EEG sind eingebettet
in die Strategie der Bundesregierung zur Windenergienutzung auf See.
Diese Strategie, nach der der Anteil der Offshore-Windenergie am Stromverbrauch
innerhalb der nächsten drei Jahrezehnte 15% abdecken könnte,
gibt den Rahmen für die Erschließung der erheblichen Potenziale..
Auf der Grundlage dieses Rahmens legt die Bundesregierung mit einer "Raumordnung
auf See" Naturschutzgebiete und Eignungsgebiete fest. Damit wird
Rechts- und Planungssicherheit sowohl für Investitionen in Windparks
als auch für den Meeresnaturschutz geschaffen. Rechtliche Grundlage
für die Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der Ausschließlichen
Wirtschaftszone ist das Bundesnaturschutzgesetz aus dem Jahre 2002. Danach
können diese Gebiete nach der Fauna-Flora-Habitat- sowie der Vogelschutz-Richtlinie
in das europäische Netz Natura 2000 integriert werden und einen Beitrag
zur Sicherung und Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes
von Arten und Lebensraumtypen leisten. Die Bundesregierung hat es geschafft,
innerhalb von nur 2 Jahren, 8 FFH-Gebiete und 2 Vogelschutzgebiete zu
identifizieren, festzulegen und an die Europäische Kommission zu
melden. Nun gilt es, diese Gebiete national unter Schutz zu stellen. Dies
steht für die Vogelschutzgebiete nunmehr unmittelbar bevor. Die FFH-Gebiete
müssen zunächst durch die Europäische Kommission als Teile
des Netzes Natura 2000 in die Gemeinschaftsliste, aufgenommen werden.
Sobald eine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung erfolgt ist, sollen
die Entwürfe für Schutzgebietsverordnungen für die Vogelschutzgebiete
im Sinne eines transparenten Verfahrens Behörden, Vereinigungen sowie
der betroffenen Öffentlichkeit vorgestellt und mit den Beteiligten
erörtert werden.
Wir rechnen damit, dass Ende 2006 die Erklärung der Vogelschutzgebiete
zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft abgeschlossen sein
wird. Auch das Verfahren zur Ausweisung von besonderen Eignungsgebieten
nach Seeanlagenverordnung wurde vom Bundesamt für Seeschifffahrt
eingeleitet. Darüber hinaus sind gemäß Europarechtsanpassungsgesetz
Bau (EAG Bau) bis zum Ende dieses Jahres festgelegte besondere Eignungsgebiete
als Ziele der Raumordnung zu übernehmen und ab 1.1. 2006 als Vorranggebiete
nach Raumordnungsgesetz festzulegen. Ich meine, mit der Vergütungsregelung
des EEG, der Festlegung von Meeresschutzgebieten und der Festlegung von
Eignungsgebieten liegt ein stimmiges Konzept für Windenergie Offshore
in der AWZ vor, das sowohl dem Ausbauziel der erneuerbaren Energien als
auch den Anliegen des Naturschutzes gerecht wird.
Für Sie hier in Niedersachsen ist nicht nur die AWZ, sondern natürlich
auch das Küstenmeer von besonderem Interesse. Wie bereits gesagt,
gilt für das Küstenmeer ebenso wie für die AWZ der Ausschluss
der Vergütung nach EEG für Windenergieanlagen in Natura 2000
Gebieten. Somit ist auch für das Küstenmeer eine klare Lenkungswirkung
gegeben. Dies gilt auch für die in Planung befindlichen Windparks
"Borkum Riffgat" und "Nordergründe". Der Presserklärung
des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 8.11. habe ich entnommen,
dass die neuesten Gutachten zu Verbreitungsschwerpunkten von Seevögeln
in der Nordsee Niedersachsens zum Ergebnis kommen, dass sich die wichtigsten
Vogellebensräume für seltene Arten wie Seetaucher, Brandseeschwalbe
und Zwergmöwe nicht mit den geplanten Offshore Windparks überschneiden.
In Niedersachsen ist der Ausbau des Stromnetzes ein Thema, das sehr emotional
diskutiert wird. Ich bin der Meinung, dass ein weiterer Ausbau von Kabeltrassen,
insbesondere von Hochspannungsmasten, für die Verteilung des Stroms
aus den geplanten Offshore-Windparks oder des Repowerings, so weit dies
möglich ist, vermieden werden sollte. Dies gilt insbesondere dann,
wenn alternative Möglichkeiten im technischen Bereich bestehen, z.B.
durch Speichertechnologien. In welchem Umfang tatsächlich Netzkapazitäten
benötigt werden, wird derzeit im Rahmen der dena-Netzstudie untersucht.
Erste Ergebnisse sollen Anfang nächsten Jahres vorliegen. Im Rahmen
des Umweltforschungsplans des BMU sollen aufbauend auf die dena-Studie
alternative Möglichkeiten der Trassenverlegung untersucht werden.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei u.a. die Möglichkeit der Erdkabelverlegung
sowie die Verlegung an bereits vorhandenen Trassen, wie z.B. Bahngleisen
und Tunneln. Dass Erdkabel auf der 110-kV-Ebene bei einer Betrachtung
aller Kostenfaktoren nicht teurer sind als Freilandleitungen, hat kürzlich
eine Studie ergeben, die der Bundesverband WindEnergie in Auftrag gegeben
hat. Diese Studie wurde allerdings bereits durch Gegengutachten - u.a.
durch Eon - kritisiert.
Sie sehen: In dem Thema steckt noch viel Untersuchungs- und Klärungsbedarf.
Das BMU wird hierzu seinen Beitrag liefern. Meine Damen und Herren, Niedersachsen
ist aufgrund seiner geografischen Lage ein besonders guter Standort für
Windenergie, sowohl an Land als auch auf See. Dies habe nicht nur ich,
sondern haben ganz offensichtlich auch zahlreiche Windkraftbetreiber erkannt.
Niedersachsen ist aber auch in anderer Hinsicht ein guter Standort: nämlich
durch seine engagiert und fachlich fundiert handelnden Naturschützerinnen
und Naturschützer. Mit anderen Worten, Niedersachsen hat alle Voraussetzungen
dafür, ein Musterland für Musterlösungen zwischen Naturschutzanliegen
und Windenergieausbau zu werden. Diese Lösungen können nur dann
beispielgebend für andere sein, wenn die Vertreterinnen und Vertreter
der verschiedenen Interessen konstruktiv zusammenarbeiten. In diesem Sinne
wünsche ich allen, die für den naturverträglichen Ausbau
der Windenergie in Niedersachsen Verantwortung tragen, viel Erfolg!
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