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Kommunen wehren sich gegen Druck auf F-Pläne

Kommunen wehren sich gegen Druck auf Flächennutzungspläne für noch mehr Windkraftanlagen

Nicht ganz unbeteiligt am Windenergie-Aufruhr in Ostfriesland war der Wattenrat, der die Lawine öffentlich losgetreten hatte:

Wildwest-Windparkplanungen in Dornum/LK Aurich, wo viele trickreich beantragte "Einzelanlagen" zur Vermeidung von Planungsauflagen angeblich keinen Wind"park" machen, ein rühriger Rechtsanwalt aus Aurich, der die Planungslücken erkannte, und horrende Schadensersatzforderungen an die genehmigungsunwilligen Kommunen. Das alles garniert mit einem Seminar in Hamburg, das gezielt "Schlupflöcher" bei der Genehmigung suchen sollte und die "Salamitaktik" anbot: Der Städte- und Gemeindebund hatte genug von bösen Spiel und traf sich dazu in Wittmund, wo man mit ähnlichen Problemen kämpft.

Anzeiger für Harlingerland 25.02.2004 (S. 1) Jeversches Wochenblatt 25.02.2004 (S. 1)

Kommunen wehren sich

Schulterschluss in Sachen Windenergie / Petition an den Deutschen Bundestag

"Die Windenergie muss für die Gemeinden steuerbar sein.. Diese Überschrift steht über einer Petition, die gestern von mehr als 130 Kommunalvertretern unterzeichnet wurde.

WITTMUND / OST-FRIESLAND / HPH - Wittmunds Bürgermeister Karl-Heinz Krüger war überrascht: Die Stadt Wittmund hatte gemeinsam mit dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund gestern zu einem Erfahrungsaustausch zur "Aktuellen Entwicklung im Bereich Windkraft" eingeladen - die Resonanz war so groß, dass die Veranstaltung, die ursprünglich im Rathaus der Harlestadt stattfinden sollte, kurzerhand in die Stadthalle verlegt werden musste. Weit mehr als 130 Vertreter von Städten und Gemeinden aus dem gesamten nordwestdeutschen Raum kamen nach Wittmund.

Anhand der Entwicklung in Wittmund schilderte Krüger in seiner Eröffnungsrede die Probleme, die die Kommunen derzeit in ganz Niedersachsen beschäftigen: Die Windindustrie droht mit erheblichen Schadensersatzforderungen und greift bestehende Flächennutzungspläne an, um neue Anlagen durchzusetzen.

"Es geht nicht darum, die Nutzung der Windenergie zu verhindern", betonte der Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Dr. Wulf Haak. Es gehe darum, dass sich die Räte der Kommunen mehr und mehr entrechtet fühlen würden, wenn es um die Entscheidung gehe, wo welche Windkraftanlagen aufgestellt werden sollten. "Wir stellen fest, dass die fast kalkulierbare Anfälligkeit von gemeindlichen Planungen zu einem Poker für die Kommunen wird."

Im Verlauf des gestrigen Vormittags verabschiedeten die Kommunalvertreter eine Petition an den Deutschen Bundestag. Die Kommunen fordern, im Rahmen der derzeitigen Novellierung des Baugesetzbuches den Gemeinden bei der Flächennutzungsplanung eine sogenannte Veränderungssperre einzuräumen, damit die Städte und Gemeinden genügend Zeit haben, ihre Planungen zu verändern oder aufzustellen. "Es geht nicht um eine Ver- oder Behinderung der Windenergie, sondern um die verträgliche Steuerung der Anlagen auf gemeindlicher Ebene", heißt es in der Petition.

Anzeiger für Harlingerland 25.02.2004 (S. 4) Jeversches Wochenblatt 25.02.2004 (S. 4)

Gemeinden wollen wieder das Sagen haben

Erstmals ein kommunaler Erfahrungsaustausch in Sachen Windkraft / 850 Millionen Euro Schadensersatz

Die Städte und Gemeinden in Niedersachsen möchten sich nicht länger von den Windkraftkraftbetreibern unter Druck setzen lassen. Sie wenden sich an die Bundesregierung.

VON HANS-PETER HEIKENS

WITTMUND / OST-FRIESLAND - Grundsätzlich haben die Städte und Gemeinden, wenn es um "ihre" Gebiete geht, eine Planungshoheit. Wo was gebaut wird, entscheiden die gewählten Volksvertreter - die Räte. Im sogenannten Flächennutzungsplan legen sie diese Dinge fest.

Das "grundsätzlich" gilt in einer Sache aber seit Monaten nicht mehr. Nämlich dann, wenn es um die Windkraft geht. Immer öfter werden die Kommunen von Windkraftbetreibern unter Druck gesetzt. Die suchen in den Flächennutzungsplänen nach einem "Haar in der Suppe" und ziehen vor Gericht. Oder sie drohen mit immensen Schadensersatzforderungen, sollten die Räte nicht weitere Windkraftanlagen zulassen. Beispiele gibt es entlang der Küste genug, ob nun in Friesland, in Wittmund, in Aurich oder dem Emsland. Überall beschäftigen sich die Räte mit den "Drohungen" potentieller Windanlagen-Bauer.

Doch nicht nur in Ost-Friesland wird viel Wind um die Windkraft gemacht. Landesweit kämpfen die Kommunen gegen die Gesetzeslücke, die die Windindustrie für sich entdeckt hat, wie der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Wulf Haack, gestern Mittag nach einem großen kommunalen Treffen in der Wittmunder Stadthalle verdeutlichte. Auf Einladung des Städte- und Gemeindebundes und der Stadt Wittmund waren mehr als 130 Kommunalvertreter in die Harlestadt zu einem Erfahrungsaustausch zum Thema "Aktuelle Entwicklungen im Bereich Windkraft" zusammengekommen (siehe auch Seite 1).

Während eines Pressegespräches wies Dr. Haack darauf hin, dass landesweit Schadensersatzforderungen von Windanlagen-Betreibern in Höhe von 850 Millionen Euro im Raum stünden. "Dadurch bauen die Betreiber ein regelrechtes Druckszenario auf ", so der Landesgeschäftsführer. "Entgegen den Planungen der frei gewählten Räte in den Städten und Gemeinden sollen so potentielle Standorte für Windkraftanlagen, 'freigeschossen' werden, die den planerischen Vorstellungen der Gemeinden nicht entsprechen", ergänzte Wittmunds Bürgermeister Karl-Heinz Krüger. Und Katharina Augath, Referentin für Verfassungs-, Verwaltungs- und Prozessrecht, zeichnete dieses Szenario noch weiter: "Das, was dort derzeit in Sachen Windkraft läuft, ist auch auf andere Bereiche übertragbar, beispielsweise auf Massentierhaltungsanlagen."

"Die Frage ist nur, wie lukrativ die Angelegenheit ist." Und da mit der Windkraft momentan noch viel Geld zu verdienen sei, konzentriere sich die Verfahrensweise auf diesen Bereich.

Um der Lage wieder Herr zu werden und den Räten wieder das Sagen zu geben, fordert der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund vom Gesetzgeber die schnelle Einführung einer Veränderungssperre. Mit diesem Mittel hätten die Kommunen die Möglichkeit, ihren Flächennutzungsplan nachzubessern, sobald dieser juristisch "unter Beschuss" genommen würde - und zwar über einen Zeitraum von drei Jahren. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, haben viele Städte und Gemeinden eine Petition unterzeichnet, die in den nächsten Tagen den niedersächsischen Bundestagsabgeordneten überreicht werden soll. Und auch mit Ministerpräsident Christian Wulff stehen die Kommunen im Gespräch.

Der Städte- und Gemeindebund hofft, dass die Veränderungssperre bis zum Sommer im Bundesbaugesetzbuch eingearbeitet wird. "Durch diese Nachbesserung wird für die Zukunft die Hoheit der Gemeinden wieder hergestellt, wobei wir Wert darauf legen, dass die neuen Vorschriften natürlich rückwirkend auch für alle laufenden Fälle gelten sollen", hob Dr. Wulf Haack hervor, der zugleich darauf verwies, dass man nicht die Windkraft verhindern wolle und dass die Anlagen-Bauer, die derzeit die Flächennutzungspläne "auseinander nehmen" würden, im Rahmen bestehender Gesetze handeln.

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