Pressegespräch des Watterates mit Redakteuren der Regionalpresse am 19. Febr. 2004 in Dornumersiel, Nordseehaus zu Offshore in 12-Seemeilenzone und Überlandleitungen
Thema: Öffnung der 12-Seemeilenzone für Windkraftanlagen und Anbindung an Hochspannungstrassen. Anlass: Entwurf der Änderung des nieders. Landesraumordnungsprogramms, Änderung für den 12-Seemeilen-Bereich des Küstenmeeres und Trassenführung einer 380 kV-Hochspannungsleitung durch Ostfriesland, Anhörung am 22.02. in Oldenburg
Entgegen der Darstellung der CDU/FDP Landesregierung bei Amtsantritt, die 12-Seemeilenzone nicht für die Windenergie zu öffnen, wird nun der Windkraft-Betreiberseite entsprochen und das Landesraumordnungsprogramm geändert.
Die Standorte Borkum-Riffgat und Nordergründe liegen zwar außerhalb des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, grenzen aber direkt an diesen und befinden sich ebenfalls im Watt, das sich nicht vom Watt des Nationalparks unterscheidet. Die Grenzen des Nationalparks wurden 1986 auch so gezogen, dass der Schiffverkehr nicht beeinträchtigt wird. Nordergründe und Riffgat werden jetzt genau an der mit dem Lineal gezogenen jeweiligen westlichen Grenzen am Nationalpark geplant, auf einer Fläche, die vorher für den Schiffverkehr nicht mit in den Nationalpark aufgenommen wurde. Die Havariegefahr für den Schiffsverkehr wird in diesen Gebieten damit erhöht.
Nordergründe und Borkum-Riffgat liegen im Hauptzugweg von Wat- und Wasservögeln. Das gesamte Wattenmeer, auch ohne den Nationalpark, unterliegt den Schutzbestimmungen des internationalen Feuchtgebietsabkommen von Ramsar (1972). Die Landesregierung will Windkraft im Wattenmeer und gleichzeitig die Anerkennung des Nationalparks als "Unesco-Weltnaturerbe", beides zusammen lässt sich nicht vereinbaren.
Zudem ist der Nationalpark gemeldetes EU-Vogelschutzgebiet und damit (eigentlich) streng geschützt. Durch die enorme Höhe der WKA von fast 180m und der Errichtung direkt an der Nationalparkgrenze sind erhebliche Beeinträchtigungen der Zugvögel zu befürchten, eine Beschwerde bei der EU-Kommission wird deshalb erwogen.
Die Darstellung der Landesregierung, die Öffnung der 12-Seemeilenzone für Windkraft, so die Landesregierung, sei "räumlich und zeitlich" eingeschränkt und diene der "Erprobung der Offshore-Windkraft durch Pilotvorhaben" und diene der "weiteren Imagebildung der Küstenregion" ist nicht nachvollziehbar. Das "Image" der Küste als Tourismusgebiet wird dadurch nachhaltig geschädigt, Pilotprojekte hätten auch in vorhandene Industriegebieten in Wilhelmshaven erprobt werden können, hierzu bedarf es keiner Wind"parks" im Wattenmeer. Hier wird offensichtlich den kostenminimierenden kürzeren Netzanbindungskosten der Betreibererwartungen entsprochen.
Die Argumentation erinnert fatal an die Argumentation japanischer Walfänger, die offiziell auch nur zu wissenschaftlichen Zwecken Wale jagen, diese in Wirklichkeit aber aus ausschließlich kommerziellen Gründen verfolgen.
Das zweite Problem aus Sicht des Landschaftsschutzes (ein geschütztes Rechtsgut!) wird der notwendige Bau von Seekabeln durch den Nationalpark und zusätzliche Hochspannungsfreileitungen am Festland von 380 kV und bis zu 63m Höhe sein.
Der Nationalpark Nieders. Wattenmeer ist Natura-2000 Gebiet. Der Leitungskorridor mit dem erforderlichen Kabelbau ist ein erhebliche Eingriff in das Natura-2000 Gebiete und erfordert deshalb eine Verträglichkeitsprüfung mit Prüfungen von Alternativen der Verlegung außerhalb des Nationalparks und Natura-2000 Gebietes. Der Leitungskorridor der Offshore-Anbindung endet laut Entwurf von See kommend in Hilgenriedersiel/LK Aurich.
Von dort erstreckt sich eine Variante eines Leitungskorridors durch das IBA-Gebiet Norden-Esens (Important Bird Area nach EU-Vogelschutzrichtlinie) über Westerholt weiter südlich von Esens vorbei am Schafhauser Wald und dem Naturschutzgebiet Ochsenweide durch eine bisher völlig unverbaute Fläche, die zum großen Teil als Vorranggebiet für Natur- und Landschaft ausgewiesen ist. Diese Fläche würde beim Bau dieser Variante ebenfalls tangiert und erheblich beeinträchtigt werden.
Eine zweite Leitungsvariante führt über eine vorhandene Trasse über Wilhelmshaven Richtung Süden.
Die Kabeltrasse sollte so weit wie möglich unterirdisch ins Binnenland verlegt werden, wie es beim Offshore-Windpark Butendiek in Schleswig-Holstein vom Betreiber angeboten wurde.
Der Trassenverlauf durch den Nationalpark, die IBA-Flächen und die unverbauten Vorrangflächen für den Naturschutz ist aus Gründen des Natur- und Landschaftschutzes abzulehnen.
Der Wattenrat befürchtet, dass durch die erhöhten Leitungskapazitäten an Land noch mehr landgestützte Windparks installiert werden können.
Bei Kenntnis des gegenwärtigen geringen Stellenwertes des Naturschutzes ist daher das Schlimmste für die Landschaft der ostfriesischen Halbinsel und der angrenzenden Bereiche zu befürchten. |