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Interview mit RA Berghaus

Das Monatsmagazin Erneuerbare Energien veröffentlichte in Heft 2/2004 im Zusammenhang mit der Windkraftplanung in Dornum/LK Aurich ein Interview mit dem Fachanwalt Jann Berghaus, Aurich und der Mitarbeiterin des BUND, Dr. Marita Wudtke

Mit freundlicher Genehmigung von "Erneuerbare Energien" veröffentlichen wir das Interview im Wortlaut. Aus technischen Gründen wurden Bilder weggelassen.

Dazu zunächst ein Kommentar:

RA Berghaus (Aurich) Darstellung "Die Antragsteller wussten nichts von Nachbaranträgen" ist kaum glaubhaft; in Ostfriesland auf dem Lande wissen die Nachbarn alles übereinander.

Zur Rückbau bestehender WKA in "faktischen Vogelschutzgebieten" nach EU-Recht : Diese Anlagen hätten ohnehin an diesen Standorten nie genehmigt werden dürfen; die Genehmigungsbehörden Landkreis Aurich und Bez.Reg. Weser-Ems haben naturschutzrechtliche Belange offensichtlich missachtet. Auch die monierte fehlerhafte F-Planfläche Georgshof bei Dornum, auf der bereits 19 Enercon Anlagen stehen, ist "national bedeutsames" Vogelrastgebiet (gewesen).

Und: spricht RA Berghaus nur für seine Klienten oder auch für den Hersteller Enercon in Aurich? "Es wäre nur eine Konzentrationsfläche entstanden, ein bundesweites Vorzeigemodell für Repowering mit einer super Umweltbilanz, wie wir alle uns die wünschen". Es ist bekannt, dass RA B. notarielle Vorgänge für Enercon bearbeitet.

Es liegt also nahe, dass es ein Beziehungsgeflecht zwischen RA Berghaus, Antragstellern, Hersteller Enercon und dem Landkreis Aurich als Genehmigungsbehörde gibt. Das liesse der kommunalen Selbstverwaltung und unbeeinflussten demokratischen Abläufen keinen Spielraum mehr!

Nicht das vorgeblich "irrationale Handeln" von Kommunalpolitikern wäre zu tadeln, sondern deren Unvermögen, gerichtsfeste Flächennutzungpläne zu erarbeiten, die auch von Juristen der Bezirksregierung Weser-Ems geprüft wurden und dennoch angreifbar waren.

 

Erneuerbare Energien 02/2004, S.16

Ein Windpark durch die Hintertür oder Flop der Gemeinde? Eins und eins macht 38

Auf dem Gemeindegebiet des Nordseeheilbades Dornum an der ostfriesischen Küste sollen auf einer Fläche von ungefähr 500 Hektar 38 Windenergieanlagen des Herstellers Enercon errichtet werden. Die bereits erteilten Bauvorbescheide sehen Einzelanlagen des Typs E-66/18.70 mit einer installierten Leistung von 1,8 MW bzw. 2,0 MW vor. Die Bauanträge sind gestellt. ERNEUERBARE ENERGIEN sprach mit dem Rechtsanwalt Jann Berghaus, der 24 der 28 Betreiber vertritt, und der B.U.N.D.-Sprecherin Dr. Marita Wudtke über das Pro und Contra der Dornumer Vorgehensweise.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Warum wurden die 38 Windenergieanlagen in Dornum als Einzelanlagen und nicht als gemeinsamer Windpark beantragt?

Berghaus: Das hätte man sicherlich nicht getan, wenn alle gemeinsam gewirkt hätten. Die Antragsteller wussten nichts von Nachbaranträgen. Wir als Kanzlei waren gehindert, dem einen Antragsteller Kenntnis vom anderen zu verschaffen. Wir haben den jeweiligen planungsrechtlichen Bauvorbescheid gegen den Landkreis durchgesetzt. Wie jetzt die Ausnutzung der Bauvorbescheide vonstatten geht, müssen unsere Mandanten miteinander arrangieren.

EE: Wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder eine öffentliche Anhörung durchgeführt?

Berghaus: Die UVP ist nicht notwendig, da hier keine Windfarm entsteht. Im BImSchG müsste es eine Regelung geben, dass ab dem so und so vielten Einzelantrag auch Einzelantragsteller dieser Verpflichtung unterworfen wären. Es besteht juristisch Einigkeit, dass die deutsche Gesetzgebung dies nicht vorsieht.

EE: Die Gemeinde Dornum hat Widerspruch gegen die positiven Bauvorbescheide des Landkreises Aurich eingelegt. Halten Sie dies für gerechtfertigt?

Berghaus: Nein, die Widersprüche halte ich für unbegründet. Es standen keine öffentlichen Belange den Vorhaben entgegen, weder Naturschutz noch Landschaftsbild, Immissionsschutz oder eine wirksame Konzentrationsplanung der Gemeinde. Der Flächennutzungsplan war fehlerhaft. Es liegt an der Gemeinde, dass sie mehr als ein Jahr für eine wirksame Korrekturplanung gebraucht hat. In diesem Zeitraum sind die begründeten Bauansprüche erwachsen.

EE: Wird die Akzeptanz gegenüber der Windenergie im Allgemeinen nicht durch Projekte wie dieses verringert?

Berghaus: Die Akzeptanz wird durch einen ganz anderen Sachverhalt verringert: 80 Prozent der Betreiber von den 40 verstreuten Einzelanlagen, die heute in dem Bereich eines faktischen Vogelschutzgebietes stehen und Bestandsschutz genießen, wären bereit gewesen, diese Anlagen zurückzubauen. Der Verlust wäre durch das neue Windparkgebiet kompensiert worden. Es gab bereits klare Zusagen und erste Absichtserklärungen von allen Beteiligten. Die den Naturschutz und den Tourismus am meisten störenden Einzelanlagen im Küstenraum auf dem Gebiet der Gemeinde Dornum wären in kürzester Frist abgebaut worden. Es wäre nur eine Konzentrationsfläche entstanden, ein bundesweites Vorzeigemodell für Repowering mit einer super Umweltbilanz, wie wir alle uns die wünschen. Das ist nur durch irrationales Handeln dreier Kommunalpolitiker zerstört worden. Die Gemeinde hatte deshalb kein Interesse an der Repowering-Lösung, und dem Landkreis sind die Hände gebunden, wenn die Gemeinde auf diese rigorose Ablehnungshaltung besteht.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Sie werfen den Investoren der 38 Windenergieanlagen in der Gemeinde in Dornum vor, "einen Windpark durch die Hintertür" zu planen. Warum?

Wudtke: Die Nähe der Anlagen zueinander und ein gemeinsames Umspannwerk deuten darauf hin, dass es sich nicht um Einzelanlagen handelt, sondern vielmehr um einen Windpark mit 38 Anlagen. Dafür wären eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine öffentliche Anhörung nach Vorgaben des BImSchG notwendig. Dies wird hier umgangen. Das kann nicht im Sinne des Naturschutzes und der Akzeptanz der Windenergie in den mit Windkraftanlagen ohnehin schon stark belasteten Gebieten an der Nordseeküste sein.

EE: Die Bauvorbescheide der Betreiber wären hinfällig, wenn die Anlagen als Windpark neu beantragt würden. Ist diese Vorgehensweise da nicht verständlich?

Wudtke: Bei der Ausweisung von Windflächen ist es zu Mängeln im Dornumer Flächennutzungsplan gekommen. Diese dürfen aber kein Argument sein, um insbesondere bei einer Anlagenplanung in dieser Größenordnung ein derartiges Gemauschel zuzulassen.

EE: Würden Sie die Anlagen in Dornum begrüßen, wenn sie als Windpark ausgewiesen würden?

Wudtke: Das ist schwer zu sagen. Anfangs war von viel mehr Anträgen die Rede. Die 38 Anlagen sind jetzt der so genannte Minimalkompromiss, der mit der Gemeinde ausgehandelt wurde. Auf dem Gemeindegebiet stehen allerdings bereits zahlreiche Anlagen. Man muss das großräumiger betrachten.

EE: Ist Dornum ein Einzelfall?

Wudtke: Nein, leider nicht. Es gibt in den Landkreisen Lüneburg und Dannenberg ähnliche Vorgehensweisen. Hier wurden Einzelanlagen beantragt, wo es sich eigentlich um einen Windpark handelt. Dort ist nun laut Anweisung aus dem Umweltministerium ein Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen

EE: Wie ist die grundsätzliche Position des B.U.N.D. zur Windenergie?

Wudtke: Der B.U.N.D. ist auf jeden Fall für erneuerbare Energien, vor allem im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Atomenergie. Aber wenn, dann am richtigen Platz mit den entsprechenden vorhandenen Planungsinstrumentarien und der Anwendung der Gesetze. Es sollten keine Lücken gesucht werden. Nur so wird die Windenergie auch weiterhin die Akzeptanz in der Bevölkerung finden.

EE: Wie sollte man in Zukunft in solchen Fällen verfahren?

Wudtke: Das kann ein Appell an die Kommunen sein, ganz sorgfältig und unangreifbar ihre Flächennutzungspläne, auch hinsichtlich der Sondergebietsausweisung für Windenergie, zu gestalten, damit nicht diese Lücken entstehen, wie das in Dornum der Fall war. Wenn eine größere Fläche beplant wird, sollte nach dem BImSchG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt werden.

Die Interviews führte Tanja Schaffeld

ERNEUERBARE ENERGIEN 02/2004

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