Was haben japanischer Walfang und die "Forschung" für
Windkraft im küstennahen Bereich gemeinsam? Die niedersächsische
Landesregierung will Windkraft im küstennahen Bereich zulassen
Die niedersächsische Landesregierung beabsichtigt, das Landesraumordnungsprogramm
(LROP) für den 12-Seemeilen-Bereich des Küstenmeeres zu ändern
und um die Festlegung für Windenergienutzung zu
erweitern. Ziel sei es, innerhalb der 12-Seemeilen-Zone die Möglichkeiten
der Windenergienutzung der entgegenstehenden Belange zu koordinieren, geeignete
Gebiete für Windenergienutzung zu ermitteln und als Eignungsgebiete festzulegen.
Träger öffentlicher Belange können bis zum 30. April 2004 Anregungen
und Bedenken vortragen.
Noch zu Anfang der neuen Regierungszeit der schwarz-gelben Koalition war
man davon ausgegangen, die 12-Seemeilenzone von Windkraft freizuhalten. In
dieser Zone befinden sich auch Wattenareale, die auch schon überplant
sind, so z.B. 25 Windkonverter von 172m Höhe nördlich der Vogelschutzinsel
Mellum im Wattengebiet "Norder Gründe"; das Raumordnungsverfahren
wurde für den Antragsteller positiv abgeschlossen. Weitere Planungen laufen
westlich und nördlich von Borkum. Begründet wird die Änderung
des LROP u.a. mit der "Chance für die niedersächsische Wirtschaft", "Sicherung
von Arbeitsplätzen", "Stärkung der Innovationskraft", "Imagebildung
der Küstenregion als Forschungs- und Produktionsstandort", "Schutz
der Umwelt"[!] und "Verringerung der Klimabelastung". Bekannt
ist, dass Windkraftwerke selbst bei der Herstellung umweltbelastend sind und
kaum Auswirkungen auf den globalen " Klimaschutz" (wenn der denn überhaupt
möglich ist) haben können. Thermische Kraftwerke können wegen
des erforderlichen Regelbetriebes beim Ausgleich von Windschwankungen nicht
abgeschaltet werden, laufen also ständig nutzlos im stand-bye weiter.
Der "Verband Deutscher Ingenieure" beziffert den Auslastungsgrad
der Windkraftwerke selbst am Festland der Küste nur mit ca. 20 % jährlich,
gemessen an möglichen 8760 Jahresstunden.
Aus Naturschutzsicht sind Windkraftwerke auf dem Meer, und gerade auf dem
küstennahen Meer, sehr bedenklich, weil hier Zugrouten von verschiedenen
Vogelarten wie Gänsen, Watvögeln oder Seetaucher liegen; die Auswirkungen
auf Wale oder Delfine sind nicht bekannt. Auf der 6. trilateralen Regierungskonferenz
zum Schutze des Wattenmeeres der Länder Dänemark, Deutschland und
Niederlande wurde am 13. November 1991 beschlossen, den Bau von Windkraftanlagen
im Wattenmeer auf der dem Meer zugewandten Seite der Deiche und Küste
zu "verbieten". Die niedersächsische Landesregierung schafft
jetzt die Voraussetzungen, dass diese Vereinbarung unterlaufen wird. Die Landesregierung
schadet damit den begründeten und derzeit gröblich vernachlässigten
Belangen des Naturschutzes auch auf dem Meer. Sie schadet damit weiter den
Belangen des Fremdenverkehrs, ein unverbauter Blick auf den Horizont wird einer
Techno-Landschaft auf dem Meer weichen. Die Windlobby hat sich also wieder
gegen alle anderen belange durchgesetzt.
Es drängen sich Vergleiche mit dem Walfang in Japan auf: Auch der wird
angeblich nur zu "Forschungszwecken" betrieben; zu "Erprobungszwecken" und
als "Forschungsstandort" soll das Landesraumordnungsprogramm für
den Industriezweig Windenergie geändert werden! Anbei der Auszug aus der
Anlage zum Anschreiben des Niedersächsichen Ministeriums für den
ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Az 303.1-20 302/21-2 an die Träger öffentlicher Belange vom 12. Jan.
2004:
- 4 - Begründung
A. Allgemeiner Teil
Die Landesregierung geht nach Abwägung aller Belange davon aus, dass
innerhalb der 12-Seemeilen-Zone ein schwerpunktmäßiger Ausbau der
Windenergienutzung nicht verträglich und zur Erreichung der energie- und
umweltpolitischen Ziele nicht notwendig ist. Allerdings unterstützt die
Landesregierung die Forderungen der Wirtschaft, die anlagen-, bau- und betriebstechnische
Erprobung der Windenergienutzung auf See innerhalb der 12-Seemeilen-Zone zu
ermöglichen, wobei Anzahl und Dimensionierung der Anlagenstandorte vorrangig
an den Erfordernissen der Erprobung zu bemessen sind. Der Zeitrahmen für
die Errichtung von Anlagen in der Erprobungsphase ist begrenzt, da langfristig
von einem Ausbau der Offshore-Windenergienutzung in der AWZ [ausschließliche
Wirtschaftszone]auszugehen ist.
Für die Dauer der Erprobungsphase in der 12-Seemeilen-Zone schafft die
vorliegende Änderung und Ergänzung des Landes-Raumordnungsprogramms
Planungssicherheit für alle betroffenen Stellen; sie dient darüberhinaus
auch der Koordinierung der erforderlichen Erschließungsmaßnahmen
für Anlagen zur Windenergienutzung in der AWZ.
Mit der Nutzung der Windenergie im Offshore-Bereich kann ein erheblicher Beitrag
zur nachhaltigen Energieversorgung und damit zum Schutz der Umwelt, zur Verringerung
der Klimabelastungen, zur Ressourcenschonung und zum technischen Fortschritt
geleistet werden. Die Zielsetzungen des Landes, des Bundes und der EU, den
Anteil der Nutzung erneuerbarer Energieträger an der Energieversorgung
zu erhöhen, können mit einer schwerpunktmäßigen Windenergienutzung
im Offshore-Bereich verwirklicht werden.
Die Landesregierung bewertet die mit der Windenergienutzung im Offshore-Bereich
verbundenen Entwicklungsmöglichkeiten gleichzeitig als Chance für
die niedersächsische Wirtschaft sowohl in der unmittelbaren Anlagenproduktion,
bei Zulieferfirmen als auch für Werften und Häfen. Insbesondere für
die Küstenregionen können damit Arbeitsplätze gesichert und
entwickelt werden. Der weitere Ausbau der mit der Windenergienutzung im Offshore-Bereich
verbundenen Techniken und Innovations-/Anwendungs-bereiche, wie z.B. die Meerwasserentsalzung
oder die Wasserstofftechnologie, kann die Zahl hoch qualifizierter Arbeitsplätze
langfristig noch erhöhen. Dies ist ein Beitrag zur Stärkung der Innovationskraft
und zur weiteren Imagebildung der Küstenregion als Forschungs- und Produktionsstandort
von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie.
Beim Ausbau der Windenergienutzung auf See sind Beeinträchtigungen der
verschiedenen Nutzungen und Funktionen im Küstenmeer und in der Küstenzone
möglichst zu vermeiden, dies gilt insbesondere für den Naturhaushalt,
den Tourismus, die Fischerei, die Rohstoffgewinnung und die Berufsschifffahrt.
Zu einer Minimierung der Beeinträchtigungen kann ein ausreichender Abstand
zwischen den Standorten dieser besonderen Funktionen und den Anlagen zur Windenergienutzung
beitragen. |