Riesiges Schadenpotential - erste Versicherungsgesellschaften ziehen
sich zurück
Der Schadensaufwand an Windenergieanlagen steigt beständig: Die
Frage nach den Grenzen der Versicherbarkeit wird bereits gestellt. (Anmerkung:
Einige Versicherungsgesellschaften haben sich aus der Windenergieversicherung
bereits zurückgezogen, so z.B. die "Württembergische")
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV)
14.05.2003
Windenergieanlagen - an der Grenze der Versicherbarkeit?
Schadenbilanz 2002: Versicherer zahlen rund 40 Millionen Euro
Für Schäden an Windenergieanlagen haben die deutschen Versicherer
im vergangenen Jahr rund 40 Millionen Euro bezahlt. Seit einigen Jahren
steigt der Schadenaufwand kontinuierlich an. Einige Marktteilnehmer verzeichnen
Schadenquoten von bis zu 300 Prozent.
Bedingt durch langfristige Garantieverträge, die einen Großteil
der Schäden abdecken, lässt sich das gesamte Schadenpotential
zur Zeit noch nicht beziffern. Denn erst nach Ablauf der Garantien schlagen
die Kosten auf die Versicherer voll durch. Bereits jetzt ist klar, dass
die Regulierungskosten und Aufwendungen für die Maschinen- und Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungen
in den nächsten Jahren weiter ansteigen werden. Insgesamt gibt es
in Deutschland rund 13.800 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung
von ca. 12.000 MW. Zum Vergleich: In der EU sind über 17.300 Windenergieanlagen
mit einer Leistung von über 23.000 MW installiert. Der europäische
Markt ist in den letzten 5 Jahren jährlich um durchschnittlich 35
% gewachsen. Die Anlagen sind immer größer und leistungsfähiger
und damit aber auch schadenanfälliger geworden. Betrug 1992 die durchschnittlich
installierte Leistung einer Anlage weniger als 200 kW, waren es 2002 bereits
1.400 kW. Derzeit werden Anlagen mit bis zu 7 MW Leistung entwickelt,
was die Hersteller vor immer neue technische Anforderungen und Probleme
stellt.
Windenergieanlagen sind durch ihren Standort im Freien besonderen Gefahren
ausgesetzt. Durch Sturm, Blitzschlag, Feuer und Vereisung, aber auch durch
die besondere Beanspruchung des Materials (durch Verschleiß, Abnutzung,
Überhitzung oder Risse an einzelnen Bauteilen) kommt es immer wieder
zu großen Schäden. Um das Ausmaß der Schäden möglichst
gering zu halten, fordern die deutschen Versicherer mehr Zeit zur Entwicklung
und Erprobung von neuen Anlagen und höhere Qualitätsstandards
bei der Fertigung, Wartung und Reparatur der Anlagen.
Um das Schadenpotential zu minimieren und um auch künftig ausreichenden
Versicherungsschutz anbieten zu können, haben einige Versicherer
eine Wartungs- und Instandhaltungsklausel in ihre Verträge aufgenommen.
Diese sieht vor, dass in bestimmten Abständen die wesentlichen Anlagenkomponenten
wie Lager, Rotorblätter, Getriebe und Generatoren ausgetauscht bzw.
überholt werden. Dieser Zeitrahmen kann verlängert werden, wenn
der Betreiber ein sogenanntes Condition Monitoring System (CMS) installiert.
Damit kann der Zustand verschiedener Bauteile elektronisch überwacht
werden, und die Bauteile müssen erst kurz vor Eintritt eines ernsthaften
Schadens ausgewechselt werden.
Offshore - neue Herausforderungen
Das Ziel der Bundesregierung, bis 2010 rund 12,5 % des Stromverbrauches
aus erneuerbaren Energien zu decken, ist nur durch einen erheblichen Wachstum
von Offshore Windparks zu realisieren. Bis dahin müssten rund 3000
MW Offshore installiert sein. Bis 2050 sollen sogar 50 % des gesamten
Energieverbrauches aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Bedingt
durch die Wassertiefe, unberechenbare Wetterverhältnisse und schwere
Erreichbarkeit der Anlagen stellt der Bau von Offshore Windparks alle
Beteiligten und damit auch die deutschen Versicherer vor Probleme. Hinzu
kommen Transport und Montage der Bauteile, was nur mit Spezialschiffen
zu bewältigen ist. Aber auch der Betrieb und die Wartung stellen
neue Herausforderungen an die Betreiber. Schon bei geringem Seegang kann
es schwierig werden, die Anlage vom Schiff aus zu erreichen. Je nach Anlage
können auf Hersteller und Betreiber Investitionskosten von weit über
100 Millionen Euro zukommen.
Offshore Windkraft wird aber erst mit größeren Leistungen
attraktiv und wirtschaftlich. Das bedeutet, die Anlagen müssen wesentlich
größer sein als die heutigen Anlagen zu Lande. In der Entwicklung
ist z.Z. eine Anlage mit 5 MW. Der erste nennenswerte Windpark im Meer
ist HornsRev nordwestlich von Sylt mit 80 Anlagen a 2 MW. Zum Vergleich:
Die größte Maschine zu Lande erreichte 2002 die Leistung von
4,5 MW, der Rotordurchmesser beträgt bereits 112 m bei einer Turmhöhe
von 120 m.
In punkto Versicherungsschutz gibt es bei Offshore Windenergieanlagen
bislang kaum Erfahrungen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Kosten
für zu versichernde Schäden (beispielsweise durch Stürme
oder Schiffskollisionen) um ein Vielfaches höher liegen werden als
bei Anlagen an Land. Aus der Versicherung von Bohrinseln ist bekannt,
wie aufwändig und teuer die Behebung von Schäden ist. Entsprechend
müssen Versicherungsprodukte für Offshore Anlagen entwickelt
werden, die diesen speziellen Anforderungen gerecht werden.
Quelle: http://www.gdv.de/presseservice/21723.htm
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