Noch ein Brief an den Ministerpräsidenten Wullf, noch mal wegen
des Wind"Parks" Wybelsum
Es geht um seine Teilnahme an einer Podiumsdiskussion und einen Workshop
der Niedersächsischen Energieagentur. Auch die will das Land auflösen.
Ein Antwort lag bis zur Aktualisierung nicht vor.
An den Herrn
Niedersächsischen Ministerpräsidenten
Christian Wulff
Niedersächsische Staatskanzlei
Fax -2- Seiten 07. April 2003
Hannover
Windenergie hier: Workshop und Podiumsdiskussion in Emden am 07. Mai 2003
Sehr geehrter Herr Wulff,
bereits am 25. Februar wandte ich mich per eMail an Sie, u.a.
wegen des
von der EU-Kommission monierten Windkraftwerkstandortes Wybelsum bei Emden.
Wie Ihnen bekannt ist, bereitet die EU-Kommission eine Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof gegen Deutschland auf Grund unserer und der Beschwerde des
Naturschutzbundes Deutschland wegen der Verletzung der EU-Vogelschutz-
und FFH-Richtlinie in diesem faktischen Vogelschutzgebiet vor. Bis heute
habe ich dazu keine Rückäußerung von Ihnen erhalten, aber
aus der Presse entnommen, dass Sie sich dieserhalb direkt an die Kommission
wenden wollen, um Einfluss auf das Verfahren zu nehmen und die Beschwerde
zu entkräften.
Heute wende ich mich erneut an Sie im Zusammenhang mit dem
geplanten Workshop und der Podiumsdiskussion der Niedersächsischen
Energieagentur "Windenergie - Eine Erfolgsstory mit Zukunft"
am 07. Mai d.J. in Emden, wo Sie als Referent zusammen mit u.a. Aloys
Wobben der Herstellerfirma Enercon und Dr. Peter Ahmels vom Bundesverband
Windenergie (BWE) ausweislich der Programmanmeldung aufgeführt sind.
Obwohl sie Mitglied im BWE sind, darf die Öffentlichkeit
von Ihnen erwarten, dass sie als Ministerpräsident des Landes ALLE
Belange der Windenergienutzung, also auch die Auswirkungen der Windturbinen
auf Natur- und Landschaft und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen
nicht aus den Augen verlieren und entsprechend zu würdigen wissen.
Seite 2 von 2: Wattenrat-Fax an Herrn Nieders. Ministerpräsidenten
Wulff, Windenergie hier: Workshop und Podiumsdiskussion in Emden am 07.
Mai 2003
Das haben Ihre Vorgänger, die Herren Schröder und
Gabriel, versäumt, in dem dieser Standort entgegen allen Warnungen
und Bedenken politisch in der Durchsetzung unterstützt und sogar
mediengerecht inszeniert eröffnet wurde, mit der bereits absehbaren
Konsequenz der Androhung eines Verfahrens der EU-Kommission vor dem EuGH.
Es wäre m.E. bedauerlich, wenn die neue Landesregierung die vorliegenden
Planungsfehler bemänteln und sich ebenfalls über geltendes EU-Recht
hinwegsetzen würde. Ihre Fachbehörde, das Niedersächsische
Landsamt für Ökologie, das bedauerlicherweise aufgelöst
werden soll, wird Ihnen sicherlich die Störempfindlichkeit bestimmter
Vogelarten gegenüber Windkonvertern bestätigen und auch darlegen
können, dass die avifaunistische Wertigkeit des Gebietes seit langem
bekannt ist.
Schon öfter haben Gerichte die völlig unzureichenden
Abwägungen bei der Genehmigung von Windturbinenfeldern moniert, gerade
wird diese Liste von einem aktuellen Beschluss des OVG Lüneburg vom
23. März 2003 (Az: 1 LB 3571/01, bisher unveröffentlicht) wieder
verlängert. Das OVG stellt in seinem Beschluss aufgrund einer Klage
von Betreibern, die in Borssum ein kleines Turbinenfeld errichten wollten,
Abwägungsmängel bei der Ausweisung von Flächennutzungsplänen
in Wybelsum und dem angrenzenden Borssum fest. Wybelsum wurde entgegen
anderer Standortalternativen unnötigerweise als der angeblich bessere
Standort ausgewählt, obwohl Borssum und Flächen am VW-Werksgelände
besser geeignet gewesen wären. Der schwere Verstoß gegen europäisches
Naturschutzrecht hätte bei der sorgfältigen Abwägung also
vermieden werden können. Der vom OVG hinzugezogene Gutachter stellte
zudem fest, dass beispielsweise Gänse in der Regel einen erheblichen
Abstand zu Windkraftanlagen einhalten und diese Anlagen zu einer erheblichen
Beeinträchtigung des faktischen Vogelschutzgebietes führen,
das von Niedersachsen aus durchsichtigen Gründen nicht nach Brüssel
als EU-Vogelschutzgebiet gemeldet wurde. Genau das moniert die EU-Kommission;
alle wissenschaftlich erhobenen Daten belegen die Wertigkeit dieses Gebietes
im Hinblick auf die Europäische Vogelschutzrichtlinie.
Diese Tatsache wird auch nicht dadurch entkräftet, dass
gerade bei strenger Witterung mit Nahrungsmangel auch Flächen im
Windpark von Gänsen aufgesucht werden. Auch bei Gänsen kommt
offenbar, frei nach Brecht, das Fressen vor der Angst vor Windturbinen.
Diese Ausnahmesituation wird jedoch von der Betreiberseite propagandistisch
als Indiz für die angebliche "Unbedenklichkeit" des Windturbinenfeldes
in der Presse verbreitet.
Als gelerntem Juristen dürfte Ihnen die EU-Vogelschutzrichtlinie
in Verbindung mit dem Ihnen bekannten Mahnschreiben der EU- Umweltkommissarin
Wallström an den Bundesaußenminister Fischer als Vertreter
des EU-Vertragspartners zum Standort Wybelsum sowie der aktuelle OVG-Beschluss
in der Sache nicht gleichgültig sein. Ich rege an, dass Sie diese
Sachverhalte zur Erhellung der Hintergründe der Genehmigungsmängel
des Standortes Wybelsum ebenfalls auf dem Podium bei der Diskussion mit
der gebotenen Sachlichkeit vortragen.
Mit freundlichem Gruß
Manfred Knake
- Koordinator des Wattenrates - Kopie: EU-Kommission, DG Umwelt,
ENV.D2
|