Watten-Rat

Ost-Friesland

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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 113 (November 2009)

Windkraft Offshore: Zugvogelmassaker auf See

Untersuchungen zu Anflugopfern, FINOBIRD-Abschlussbericht

Die Deutsche Energieagentur (DENA) weiß es ganz genau:

Über mögliche negative Auswirkungen von Windenergie auf die Avifauna (Vogelwelt) wird seit langer Zeit diskutiert, in den vergangenen Jahren zunehmend auch im Zusammenhang mit der Offshore-Windenergie. An Land wurde teilweise ein signifikanter oder gar massiver Vogelschlag befürchtet, dies konnte bisher eindeutig widerlegt werden. Bei manchen Vogelarten treten aber Verhaltensänderungen auf, die eine gewisse Scheuchwirkung der Anlagen zeigen. Nach dem Bau eines Windparks halten Vögel beim Brüten oder bei der Nahrungssuche teilweise eine größere Distanz zu den Anlagen. Mit der Zeit tritt aber ein Gewöhnungseffekt ein, der auch bei anderen Wildtieren sichtbar ist, so dass dann kaum noch Veränderungen zu beobachten sind.

Zugvögel fliegen teilweise um oder über die Anlagen, so dass auch bei diesen Arten kein nennenswerter Vogelschlag auftritt. Umfassende Forschungsergebnisse über die Einflüsse von Windkraftanlagen auf hoher See liegen zu diesem Thema jedoch noch nicht vor. Erste Ergebnisse bei den ausländischen Projekten deuten in eine ähnliche Richtung wie an Land: Rastvögel halten vorübergehend Distanz, Zugvögel umfliegen die Anlagen.

Auch die Windenergiewirtschaft wird nicht müde, die Auswirkungen auf Vögel zu verharmlosen, alle Aussagen dazu sind irreführend und teilweise unrichtig. In der Tat brüten bestimmte Vogelarten inmitten von "Windparks", bekannt ist der Propaganda-Turmfalke geworden, der an einem Nistkasten an einer Windkraftanlage brütete. Wat- und Wasservögel, also z.B. Große Brachvögel, Goldregenpfeifer, Nonnengänse oder Blässgänse halten als Rastvögel große Distanzen sogar zu einzelnen Windkraftanlagen ein, z.T. mehr als 500m; einen Gewöhnungseffekt gibt es bei den durchziehenden Arten kaum. Dadurch werden große, eigentlich für die Rastvögel nutzbaren Bereiche entwertet, das wurde bereits 2001 auf einer Fachtagung an der TU in Berlin gründlich erörtert: Windenergie und Vögel, Ausmaß und Bewältigung eines Konflikts (pdf-Datei, ca. 21.8 MB). Dieser gesamte Tagungsband ist bemerkenswerter Weise im Internet nicht mehr abrufbar, nur noch die Teile der Teilnehmer aus den Planungsbüros, die sich für die Windkraftplaner engagieren lassen.

Über den "Vogelschlag" an Land, also die meist tödlich ablaufenden Kollision mit den Rotoren, die sich mit mehr als 200km/h an den Spitzen drehen, gibt es nur wenige systematische Untersuchungen, aber es gibt sie:

Flächendeckende systematische Untersuchungen von Anflugopfern in den Wind"parks" gibt es aber nicht und wären auch nur sehr schwer zu organisieren. Allein in Utgast bei Esens in Ostfriesland gibt es im dortigen Wind"park" ca. zehn Kilometer befestigte Schwerlastwege zur Wartung der Anlagen auf einer Fläche von 2qkm. Wer soll diese Wege regelmäßig früh morgens, bevor der Fuchs die Anflugopfer findet und fortträgt, absuchen?

Dramatische Folgen für alle Zugvögel, gerade bei schlechtem Wetter, werden die zahlreichen genehmigten Offshore-Wind"parks" mit hunderten gigantischer Anlagen in der "ausschließlichen Wirtschaftszone" (AWZ) im deutschen Teil des "Entenschnabels" der Nordsee haben.

Das Projekt "Finobird" legte dazu seinen Abschlussbericht vor: "Auswirkungen auf den Vogelzug - Begleitforschung im Offshore-Bereich auf Forschungsplattformen in der Nordsee" (pdf-Datei, ca. 41.4 MB), daraus ein paar unzusammenhängende Zitate:

Zu allen Jahreszeiten wurde die stärkste Zugintensität in den untersten 100 m gemessen, d. h. ein sehr großer Anteil des Zuges über See verläuft in einer Höhe, in welcher die Vögel sich im Einflussbereich von WEA befinden.

In höheren Bereichen war Vogelzug nur mit dem Vertikalradar gut zu beobachten, Audiosystem und Wärmebildkamera beschränkten sich dagegen auf die untersten Bereiche. Gerade in diesen Bereichen hatte die beleuchtete Plattform allerdings eine hohe Anziehungskraft auf nachts ziehende Vögel, die dann desorientiert um sie kreisten bzw. auf ihr landeten. Die von Audiosystem und Wärmebildkamera erfassten Daten können deshalb als Maß für das Vorkommen desorientierter Vögel gelten und reflektieren dadurch das Gefährdungspotenzial für Kollisionen mit Offshore-WEA.

Die mit den Daten des Audiosystems exemplarisch ausgewerteten Arten Rotschenkel und Amsel zeigten eine besonders hohe Rufaktivität, wenn im Aufbruchsgebiet (Heimzug: Westfriesland; Wegzug: Südnorwegen und Sylt) gute Wetterbedingungen herrschten, die sich unterwegs verschlechterten. Angesichts der Attraktionswirkung der beleuchteten Plattform ergibt sich damit auch für WEA ein hohes Gefährdungspotenzial, wenn bei starker Zugintensität unterwegs schlechtere Bedingungen angetroffen werden und der Zug in geringer Höhe fortgesetzt wird.

Vogelschlag auf FINO 1

Besuche der unbemannten Plattform durch Projektmitarbeiter oder anderes Personal wurden dazu genutzt, nach verunglückten Vögeln zu suchen. Bei 36 von 159 Besuchen wurden insgesamt 770 tote Vögel (35 Arten) gefunden. Am häufigsten waren Drosseln und Stare mit zusammen 85 % vertreten. Da nur wenige Individuen abgemagert waren und zudem zwei Drittel der Vögel äußerlich erkennbare Verletzungen aufwiesen, dürfte es sich nahezu ausschließlich um Kollisionsopfer gehandelt haben. Angesichts der wenigen Kontrollen, des Aufbaus der Plattform (80 m hoher Gittermast über kleinem Deck) sowie der hohen Wahrscheinlichkeit, ins Wasser zu fallen oder von rastenden Möwen gefressen zu werden, ist offensichtlich, dass es sich bei den gefundenen Opfern nur um einen Bruchteil der tatsächlich mit der Plattform kollidierten Vögel gehandelt hat.

Ein erfolgreiches Frühwarnsystem würde in Kombination mit einem vernünftigen Beleuchtungs- und Abschaltkonzept sowohl die Anzahl der Kollisionsopfer als auch die Ausfallzeiten der WEA minimieren.

In Abhängigkeit vom Wetter schwanken Intensität und Höhenverteilung unter Umständen kurzfristig sehr stark. Entsprechend konzentriert sich das Zuggeschehen in "gefährlichen Höhen" auf wenige Tage oder gar nur Stunden im Jahr. Dann sind aber gegebenenfalls sehr viele Individuen betroffen. Dies wird durch viele Funde kollidierter Vögel auf der Plattform FINO 1 bestätigt.

Die Industriealisierung eines ausschließlich horizontal gegliederten Lebensraumes wie der Nordsee mit hoch aufragenden, rotierenden Hindernissen hat nichts mit "Umweltschutz" zu tun, es geht ausschließlich um das Abschöpfen der üppigen Einspeisevergütung aus dem ErneuerbarenEnergien Gesetz für die Betreiber, der Zwangsabgabe für alle Stromkunden, die diesen gigantischen Eingriff in die Natur bezahlen dürfen. Die Opfer sind wieder einmal Tiere, hier Zugvögel der verschiedensten Arten, die hier völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit ihren stillen Tod sterben werden.

 
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