Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 112 (August 2009)
Windkraft-Offshore: BorWin1-Kabelverlegung ist am Riffgat angelangt
Die erste Hälfte der Strecke zwischen Hilgenriedersiel und Norderney wurde verlegt
Vom Endpunkt vor Hilgenriedersiel bis zur Sandbank am Riffgat (südlich von Norderney) wurden die Kabel mit dem Vibrationspflug von Bohlen & Doyen bis gestern verlegt. Zur Zeit wird der Einsatz des Spülschlittens vorbereitet, der im Bereich des Riffgats die Kabel durch den Priel verlegen wird. Dort kann der Vibrationspflug durch die örtlichen Gegebenheiten (Wassertiefe, Strömung) nicht zur Verlegung benutzt werden. Diese Zeit will BoDo im Übrigen nutzen, um am Pflug Modifikationen vorzunehmen, die im bisherigen Einsatz gewonnen wurden. transpower sowie Bohlen & Doyen sind sichtbar bestrebt, einen guten Job zu machen, Standarts zu beachten und bei auftretenden Hindernissen bzw. Problemen sind kurze und kreative Reaktionslinien erkennbar. Die Arbeiten beschränken sich auf eine Breite von 30 Metern, wenn man von den Auskolkungen der "BD3" absieht. Es ist zwar nicht die ureigenste Aufgabe des Wattenrats, bauausführende Firmen zu loben, hier gehört das aber als Notwendigkeit der Sparte "Das mußte mal gesagt werden!" dazu. Das Mischwatt ist ein Mischwatt, hier bleiben auch bei optimaler Ausführung deutliche Spuren, die längere Zeit sichtbar bleiben werden. Wenn man diese Trasse will, führt kein Weg daran vorbei.
Nachfolgend der Bericht über die Tätigkeiten im Watt der letzten Tage.
Am Donnerstag, den 13. August 2009, erreichte eine Delegation von Pressevertretern den Ort des Geschehens im Watt auf Einladung von EON und Transpower. Ob des ungewohnten Terrains waren manche Teilnehmer mehr oder minder von den Eigenarten des Mischwatts gezeichnet. Das Presseecho der Lokalredaktionen am folgenden Tag können Sie weiter unten lesen; dabei bekommt man fast den Eindruck, als könne man nichts Besseres für die Umwelt tun als ein Kabel im Nationalpark zu verlegen, so wunderbar scheint alles zu sein. Differenzierte und gut recherchierte Berichterstattung sieht anders aus, von faktischen Fehlern mal abgesehen. Anmerkungen zum Presseecho (Artikel siehe ganz unten):
- OZ: "die Kabelverlegung [...] soll am Wochenende abgeschlossen sein" - An welchem in diesem Jahr? Dieses Wochenende wurde das Riffgat erreicht, man ist also knapp vor der Hälfte. Ende August schließt das Zeitfenster.
- OZ: "Die Firma Transpower [...] setzt dabei auf eine besondere Technik: Ein 'Vibrationspflug'" - Den Vibrationspflug gibt es bereits seit vielen Jahren, so besonders ist er mittlerweile nicht mehr.
- OZ: "Mit dem umweltschonenden Verfahren reagiere man auf Proteste von Naturschützern, die im vergangenen Jahr Kritik an den Kabelverlegungsarbeiten geübt hatten." - Lediglich der Wattenrat hat im vergangenen Jahr öffentlich Kritik geübt, andere Verbände hielten sich zurück oder stimmten der Baumaßnahme gar zu, wie der WWF, NABU und BUND!
- OZ: "Sogar die Druckbelastung des Bodens durch Baufahrzeuge sei bei den Wattarbeiten geringer als der Druck, den ein Wattwanderer auf den Wattboden ausübe." - Das mag für ein reines Sandwatt gelten. Ob es ebenfalls für das Mischwatt zutrifft, mag jeder Leser nach Ansicht der Bilder weiter unten selbst entscheiden.
- OK: "hinterlässt das jetzt angewandte Verlegeverfahren kaum sichtbare Spuren im Wattboden" - Das ist schlicht falsch, siehe untenstehende Bilder.
- OK: "Bei Flut werden die drei Kabel von der größten Plattform (sie hat einen Antrieb) auf den Wattboden lose verlegt" - Die größte Plattform ist der antriebslose Ponton "Stemat 81". Positionsänderungen werden durch die "BD3", die mit der Stemat im Doppelpack liegt, vorgenommen.
- OK: "Gestern vor Ort waren auch zwei Gutachter, die im Auftrag der Genehmigungsbehörden die Arbeit des Vibrationspfluges und die Auswirkungen auf den Wattboden inspizierten." - Geht es vielleicht etwas konkreter? So rätselt der Bürger, welches Gutachterbüro nun in wessen Auftrag tätig war. Vom Wattenrat wurden an diesem Tag 2 Leute der "Planungsgruppe Grün" ausgemacht, diese sind allerdings von transpower beauftragt. Hat der Autor da etwas verwechselt?
- OK-Kommentar: "Da fragt man sich, warum ist der Pflug nicht im vergangenen Jahr eingesetzt worden" - Diese Frage sollte Herr Fransen nicht sich selbst, sondern der für die Auftragsvergabe zuständigen Firma stellen, die Oceanteam den Zuschlag erteilte.
Pressevertreter erreichen die Pflugpositon
Schweres Gelände hat Spuren hinterlassen
Pressevertreter am Vibrationspflug
Schweißarbeiten am Gestänge
Das bei Hochwasser ausgelegte Kabel wird für die Aufnahme durch den Pflug vorbereitet
Vibrationspflug Seitenansicht
Trassenverlauf, sichtbar keine seitlichen Beeinträchtigungen
Trassenverlauf im Mischwatt, hier deutliche Ausprägung der Fahrspuren
Fahrspur des Vibrationspfluges, rechts daneben Baggerspur
Baggerspur im Mischwatt nach mehrfacher Nutzung
"Rochen" am Riffgat wartend mit Spülschlitten, davor eine Delegation von NLWKN und NLPV am 14-08
Ebenfalls am Freitag trifft mit Dienstlimousine und Chauffeur Landrat W. Theuerkauf am Deich ein und muß trotz ständigen Termindrucks ein ganz kleines bißchen auf den Leiter der Nationalparkverwaltung, Peter Südbeck warten. Man will sich informieren, was löblich ist. Eineinhalb Stunden nach Niedrigwasser kann das allerdings nicht mehr umfassend gelingen, denn die Flut kennt keinen Termindruck und geht ihren eigenen Gang.
Landrat Theuerkauf trifft am Deich ein
Beginn der Verlegung am Sonnabend, den 15-08
Optimierte Kabelzuführung, durch die von BoDo-Mitarbeitern über Nacht hergestellten Zwillingsrollen werden Baggerfahrten mimimiert
Trassenansicht, deutlich am Nordrand des kleinen Priels sichtbarer Bereich mit weichem Untergrund
Krabben flüchten vor dem Pflugschwert
"As up´n Kohpans!" - Wenn es weich wird, wird es schwer für Maschine...
...und Mensch
Mischwatt ist Mischwatt - diese Spur ist in diesem Bereich ein normales Ergebnis - weniger geht nicht
Im Sandwatt...
...ist der Pflug "obenauf"
Das Riffgat ist erreicht
Das Pflugschwert wird freigegraben...
...um den Vibrationspflug auszuspannen
Auskolkungen auf der Sandbank am Riffgat durch den Antrieb der "BD3"
Text und Bilder: Onno K. Gent
Wir zitieren aus den Zeitungen:
Ostfriesen Zeitung, 14. Aug. 2009, S.13:
"Vibrationspflug" verlegt Kabel im Wattenmeer
TECHNIK Netzanbindung für Offshore-Windparks / Abschnitt von Hilgenriedersiel nach Norderney ist fünf Kilometer lang
Die Firma Transpower spricht von einem besonders umweltschonenden Verfahren. Außer zwei Stromleitern wird auch ein Lichtwellenleiter zur Datenübertragung eingebracht. "Vibrationspflug" verlegt Kabel im Wattenmeer VON GABRIELE BOSCHBACH
NORDERNEY/HILGENRIEDERSIEL - Die Fertigstellung der ersten Offshore-Netzanbindung in Gleichstromtechnik rückt wieder ein gutes Stück näher. Gestern begann die Kabelverlegung im Wattenmeer auf der rund fünf Kilometer langen Strecke zwischen der Küste (Hilgenriedersiel) und der Insel Norderney. Sie soll am Wochenende abgeschlossen sein. Die Firma Transpower, die für die Netzanbindung der Offshore- Windparks in der Nordsee an das Stromnetz verantwortlich ist, setzt dabei auf eine besondere Technik: Ein "Vibrationspflug" bringt die Kabel nach Aussage von Transpower umweltschonend ins Watt. Bei diesem Verfahren wird der Wattboden mit dem Pflug geöffnet, so dass die Kabel in den Boden gleiten können. "Wir bringen die Kabel auf einer Barge, einer Art Arbeitsplattform, bei Hochwasser aus und legen sie auf Grund. Bei Niedrigwasser werden sie eingebettet", erläutert Joëlle Bouillon, Pressesprecherin von Transpower, das Verfahren. Die Technik sei bereits im April dieses Jahres mit dem jetzt zu verlegenden Kabel von der beauftragten Baufirma Bohlen & Doyen aus Wiesmoor erfolgreich getestet worden. Zwei Gleichstromkabel mit einem Durchmesser von jeweils elf Zentimeter und rund 38 Kilogramm pro Meter werden zusammen mit einem Lichtwellenleiter-Kabel zur Datenübertragung mit dem Vibrationspflug in den Wattboden "gerüttelt".
Mit dem umweltschonenden Verfahren reagiere man auf Proteste von Naturschützern, die im vergangenen Jahr Kritik an den Kabelverlegungsarbeiten geübt hatten.
Die jetzt angewandte Technik schone die Umwelt, weil keine Bodenmassen bewegt werden müssen. Sogar die Druckbelastung des Bodens durch Baufahrzeuge sei bei den Wattarbeiten geringer als der Druck, den ein Wattwanderer auf den Wattboden ausübe. Das Kabel wird wattseitig auf Norderney an den bereits geschaffenen Endpunkten angeschlossen. Auf dem Festland wird der von den Offshore-Windparks erzeugte Strom später durch Erdkabel bis zum Umspannwerk Diele geleitet.
Ostfriesischer Kurier, Norden, S.21, 14. Aug. 2009:
Arbeiten im Takt der Gezeiten
Energie Eine Spezialmaschine verlegt drei Kabel im Watt zwischen Hilgenriedersiel und Norderney
Der Vibrationspflug schafft pro Stunde etwa 200 Meter. HILGENRIEDERSIEL/FR - Zwischen Hilgenriedersiel und Norderney ist gestern offiziell mit der Verlegung der Strdm-kabel für den zweiten deutschen Nordsee-Windpark "Bard Offshore 1" begonnen worden. Im Auftrag der E.on-Tochter transpower setzt das Wiesmoorer Unternehmen Bohlen & Doyen dabei erstmals ein Spezialverlegegerät ein- den Vibrationspflug. Anders als bei der Verlegung des ersten Stromkabels für den Windpark alpha ventus in 2008, hinterlässt das jetzt angewandte Verlegeverfahren kaum sichtbare Spuren im Wattboden. Baggerschaufeln kommen bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr zum Einsatz.
"Das Verfahren schont die Umwelt, da keine Bodenmassen bewegt werden. Sogar die Druckbelastung des Bodens durch Baufahrzeuge ist geringer als der Druck, den ein Wattwanderer auf den Wattboden ausübt", erklärte transpower-Pressesprecherin Joëlle Bouillon gestern bei einem Ortstermin mit Pressevertretern vor Ort.
Das Gerät schafft nach Angaben von Projektleiter Matthias Mensing rund 200 Meter pro Stunde. Gearbeitet werden kann maximal drei Stunden vor und nach Niedrigwasser. Die Verlegung muss bis spätestens Ende August abgeschlossen sein - so will es die Nationalparkbehörde. "Bis dahin werden wir es schaffen", zeigte sich Mensing optimistisch. Auf der etwa fünf Kilometer langen Strecke werden gleich drei Kabel in einem Rutsch verlegt. Zwei Stromkabel - wegen der erstmals eingesetzten Gleichstromtechnik (Hin- und Rückkanal) - und ein kleinerer Lichtwellenleiter zur Signalübertragung zwecks Überwachung der Netzanlagen am Windparkstandort in der Nord- see oder zur Übertragung von Telefongesprächen. Die Übertragungskapazität der Stromkabel beträgt etwa 400 Megawatt - etwa so viel, wie "Bard Offshore 1" im Endausbau liefern soll. Die Fachleute von Bohlen & Doyen setzen im Watt drei schwimmende Arbeitsplattformen ein. Bei Flut werden die drei Kabel von der größten Plattform (sie hat einen Antrieb) auf den Wattboden lose verlegt - auf einer Strecke, die bei der nächste Ebbe vom Vibrationspflug bewältigt werden kann - gestern waren es 750 Meter, die sich der Pflug Richtung Norderney voranarbeiten musste. Dort angekommen, wird das Kabeltrio an die bereits durch Leerrohre unter der Insel verlegten Leitungen durch Muffen angeschlossen, ebenso in Hilgenriedersiel.
Insgesamt sind es bis zum Offshore-Windparkrund 200 Kilometer. Somit ist die derzeit gebaute Netzanbindung nach Angaben von transpower weltweit die längste überhaupt. Gestern vor Ort waren auch zwei Gutachter, die im Auftrag der Genehmigungsbehörden die Arbeit des Vibrationspfluges und die Auswirkungen auf den Wattboden inspizierten. Die Experten zeigten sich durchaus beeindruckt von dem Ergebnis. Bei den Verlegearbeiten für kommende Offshore-Windparks dürfte diese Technik ihrer ersten Meinung nach wieder eingesetzt werden.
KOMMENTAR
Lernfähig
VON RICHARD FRANSEN
Die Bilder des vergangenen Jahres, als die Verlegung des Stromkabels für den Windpark alpha ventus für viele Monate tiefe Furchen im Wattenmeer zwischen Hilgenriedersiel und Norderney hinterließ und zu Recht zu heftigen Protesten in der Öffentlichkeit führten, haben die Verantwortlichen sowohl bei den Unternehmen als auch in den Behörden zum Handeln gezwungen. Das Ergebnis - es geht auch anders, sprich umweltverträglicher. Da fragt man sich, warum ist der Pflug nicht im vergangenen Jahr eingesetzt worden, handelt es sich dabei doch um eine bekannte Technik, wenngleich sie noch kaum in diesen Dimensionen eingesetzt wurde. Sei’s drum - was gestern im Wattenmeer zu sehen war, ist okay. Der Eingriff ins Ökosystem Wattenmeer wird durch den Einsatz des Vibrationspfluges minimiert. Diese Technik dürfte - so war es gestern auch von unabhängigen Experten zu hören - auch bei den kommenden Offshore-Windparks zum Einsatz kommen. Und - ohne Leitungen gibt es nun mal keine regenerative Energieerzeugung in der Nordsee.