Watten-Rat

Ost-Friesland

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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 106 (November 2008)

BARD lud zur Werbefahrt

Zwei WKAs als "Schulungsanlagen" geplant

Die BARD Engineering GmbH, Emden, lud am 13. November zu einer Werbefahrt mit der "Wappen von Borkum" der AG Ems ein. In der Außenems in der Nähe der Gasplattform "Manslagt Z1" sollen zwei Windkraftanlagen zu "Schulungszwecken" errichtet werden. Man möchte dieses Vorhaben möglichst schnell realisieren, dazu wird ein sogenanntes "Zielabweichungsverfahren" benötigt, da das Land Niedersachsen die Windparks Nordergründe und Riffgat bereits als Offshore-Testanlagen ausgewiesen hat. Deshalb fand diese Fahrt mit vielen Behördenvertretern statt.

Professionell fixiertes BARD-Banner an Bord der "Wappen von Borkum"

Bisher werden die BARD-internen Sicherheitsschulungen für Mitarbeiter wie Bergung im Unglücksfall etc. in Emden vorgenommen. Nicht gerade realistisch im Hinblick auf den Offshore-Einsatz, da dort ganz andere Bedingungen vorherrschen. Da die geplanten Mühlen von BARD zuerst als Schulungsanlagen präsentiert werden...

Die BARD-Gruppe realisiert mit diesen Schulungsmöglichkeiten ein Gesamtkonzept zur Aus- und Weiterbildung, sowie die Voraussetzungen für ein umfangreiches Sicherheitskonzept.

Nur unter realen Bedingungen kann man zur Höchstform auflaufen, das gilt für Mensch und Maschine. Höchstform muß unser Standard sein.

...muß die Frage erlaubt sein, wie weit das BARD-Management noch von der Höchstform entfernt ist. Denn die Bedingungen in der Außenems unterscheiden sich gravierend von denen, wie man sie 100 km seewärts von Borkum antrifft. So erfuhr denn auch BARD-Marketingleiter Stephan Bormann während der Fahrt vom Kapitän der "Wappen von Borkum", daß am geplanten Standort der Anlagen keine Dünung herrscht. Die "realen Bedingungen" sind laut BARD aber für die Professionalität des Vorhabens "unverzichtbar".

So bleibt bei diesem Vorhaben doch das Gefühl, daß BARD sich mit dem sehr löblichen Ansinnen seine Mitarbeiter (und die anderer Firmen) sicherheitstechnisch auf Vordermann zu bringen, einen gesellschaftlich allseits akzeptierten Mantel umhängt um knallharte wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Und das, obwohl ein Blick auf diverse Kartenwerke den Standort als ein Gebiet ausweist, das man aus grundsätzlichen Erwägungen mit wirtschaftlichen Projekten in Ruhe lassen muß.

Stefanie Höper, Gunnar Passchier und Dr. Stephan Bormann, BARD Engineering

Der geplante Standort liegt direkt an der Grenze zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, innerhalb des FFH-Gebiets Ems und sehr dicht zwischen deutschen und niederländischen Vogelschutzgebieten. Zudem ist das Gebiet Teil des Kooperationsvertrages Ems-Dollart, somit ist eine Zustimmung von niederländischer Seite zwingend erforderlich. An diesem Standort gibt es keine Grundlage für ein Zielabweichungsverfahren.

Von einem Ziel der Raumordnung kann in einem besonderen Verfahren abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Es ist vorzusehen, daß antragsbefugt insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen nach § 5 Abs. 1 sowie die kommunalen Gebietskörperschaften sind, die das Ziel der Raumordnung zu beachten haben.

"Goh mi wech mit düsse Schiet!" mag man (zutreffenderweise) in Wilhelmshaven bei der Nationalparkverwaltung gedacht haben, es war trotz Einladung kein Vertreter dieser Behörde an Bord. Wir werden es sehen. Eine Anfrage des Wattenrates bei BARD bezüglich des genauen Standortes blieb bis heute unbeantwortet.

Die schleichende Industriealisierung des Wattenmeeres hat längst begonnen: Genehmigung eines Windparks in einem "faktischen Vogelschutzgebiet" im Watt der Außenweser (Nordergründe), "Test"anlagen im Watt der Außenjade vor Hooksiel und nun Pläne von Bard-Engineering im Watt der Außenems, ganz nebenbei Nationalpark und EU-Vogelschutzgebiet. Die Politik unterstützt dies in der Regel, für Testanlagen werden Forschungsgelder aus öffentlichen Mitteln gewährt. Und die Begründung der BARD-Projektleiterin Höper für die Anlagen in der Außenems ist ebenso einfach wie falsch: "Eine Gasanlage von Exxon, die Windparks an Land - das Landschaftsbild an der Knock sei ohnehin schon vorbelastet, zwei weitere Anlagen dürften da nicht sonderlich ins Gewicht fallen". Das "Gewicht" sind die Ramsar-Konvention zum Schutz der Feuchtgebiete, die EU-Vogelschutzrichtlinie, Landes- und Bundesnaturschutzgesetz und das Nationalparkgesetz.

Aber das muss nichts heißen: gegen den Wind"park" Wybelsumer Polder an der Ems in einem "faktischen Vogelschutzgebiet" der jetzt dort das "Landschaftsbild belastet" gab es anfangs erhebliche Bedenken der EU-Kommission mit einem geharnischten Brief an den damaligen Außenminister Josef Fischer, kurz vor dem Rechtsgang vor den Europäischen Gerichtshof knickte die EU-Kommission auf deutschen Druck mit eindeutig manipulativen Stellungnahmen ein und stellte das Beschwerdeverfahren nach sieben Jahren ein (siehe auf unseren Seiten: "Windpark Wybelsumer Polder bei Emden").

Beschwerdeführer war der Wattenrat, der auch an der aktuellen Informationsfahrt von Bard teilnahm. Aber alles wird ja wieder gut: Das Wattenmeer soll UNESCO-Weltnaturerbe werden, wie es aber wirklich unter diesem Tarnnamen aussieht, wissen nur wenige Fachleute.

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung, 14. Nov. 2008, S.17:

Überzeugungsarbeit auf der Außenems

ENERGIE Die Emder Firma Bard hat gestern auf einem Ausflugsschiff Werbung in eigener Sache gemacht

Das Unternehmen will Testanlagen vor Manslagt aufstellen. Außerdem plant es ein eigenes Schulungszentrum. VON JOCHEN BRANDT EMDEN - Bernhard Heidrich gehört zu denen, die der Emder Offshore-Firma Bard an diesem Vormittag besonders am Herzen liegen. Das Unternehmen möchte - wie berichtet - möglichst bald zwei gigantische Windkraftanlagen in der Außenems vor Manslagt aufstellen, um darauf Mitarbeiter zu trainieren. Der Haken ist nur: Noch fehlt die Genehmigung. Also hatte Bard gestern Vertreter von Behörden, Parteien und Naturschutzverbänden eingeladen. Überzeugungsarbeit auf einem Ausflugsschiff. Heidrich ist bei der Regierungsvertretung in Oldenburg für die Raumordnung zuständig und jetzt gerade einer von rund 50 Gästen an Bord der "Wappen von Borkum". Ein schlaksiger Mann, eher unauffällig. Selbst sperrige Behördenbegriffe wie Zielabweichungsverfahren bringt er mühelos über die Lippen. Der Behördenmitarbeiter schildert das Problem.

Das Land habe - nach langem Hin und Her - zwei Gebiete für Offshore-Testanlagen ausgewiesen: Nordergründe und Riffgat. Nur ein erfolgreiches Zielabweichungsverfahren zur Raumordnung könne jetzt noch dafür sorgen, dass die Anlagen in der Außenems zusätzlich genehmigt werden: "Dafür müssen ein halbes Dutzend Stellen ihr Einverständnis geben." Deshalb die Ausflugsfahrt, deshalb die Vorträge über die Ziele von Bard. "Ich bin mir sicher, wir können überzeu- gen", sagt Projektleiterin Stefanie Höper. Die Bard-Mitarbeiter setzen viel daran, den Gästen die Dringlichkeit ihres Anliegens zu vermitteln. Man kann es verstehen. Im kommenden Jahr schon will das Unternehmen damit beginnen, den Windpark Bard Offshore 1 rund 100 Kilometer nordwestlich von Borkum mit 80 Anlagen zu bestücken. [...] Derweil greift Projektleiterin Höper zum Mikrofon und beschallt das Sonnendeck. Eine Gasanlage von Exxon, die Windparks an Land - das Landschaftsbild an der Knock sei ohnehin schon vorbelastet, zwei weitere Anlagen dürften da nicht sonderlich ins Gewicht fallen, sagt sie.

Nur wenige Tage nach der BARD-Informationsfahrt in der Außenems verunglückten bereits Monteure, die an einer BARD-Anlage nur 500m vom Festland vor Hooksiel an einer Testanlage arbeiten wollten. Bleibt zu hoffen, dass auch zukünftige Unfälle auf hoher See mit wesentlich höherem Seegang so glimpflich ablaufen werden und immer ein Seenotrettungskreuzer in der Nähe ist.

Wir zitieren aus einer ddp-Meldung, gedruckt am 22. November 2008:

HOOKSIEL - Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hat am Donnerstag fünf in Seenot geratene Monteure der Bard-Nearshore-Windkraftanlage in der Außenjade vor Hooksiel gerettet.

Am Anleger der rund 500 Meter vom Festland entfernten Anlage war das fünf Meter lange, offene Arbeitsboot der Monteure am Donnerstagabend gekentert, wie die DGzRS am Freitag mitteilte. Ein Mann stürzte ins Wasser, konnte jedoch von seinen Kollegen sofort wieder geborgen werden. Er blieb unverletzt.

Alle fünf retteten sich auf den Anleger. Mit dem Seenotkreuzer "Vormann Steffens" wurden die Arbeiter von der Windkraftanlage abgeholt. Das gekenterte Boot wurde vom Tochterboot des Seenotkreuzers in den Hafen von Hooksiel geschleppt.

Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschte starker Nordwest-Wind mit einer Stärke von sieben bis acht. [...]

 
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