Autor: Klaus Hart, freier Journalsit, derzeit Sao Paulo, Brasilien
Trotz - oder besser - wegen ihres herausragenden Einsatzes für den
Natur- und Landschaftsschutz haben einflußreiche Kräfte der
Grünen dem Vernehmen nach effizient und absichtlich verhindert, daß
die bisherige Grünen-Fraktionssprecherin für Naturschutz und
Tourismus, Sylvia Voss, dieses Jahr in Brandenburg wieder auf den einzigen
aussichtsreichen Listenplatz 1 gesetzt wird, um im Bundestag ihre Arbeit
fortsetzen zu können. Soweit bekannt, ist nicht auszuschließen,
daß dabei die windkraftkritische Haltung von Sylvia Voss eine wichtige
Rolle spielte. Sylvia Voss ist wieder in ihrem Arztberuf tätig, an
ihren Platz im Bundestag rückte Cornelia Behm aus Klein-Machnow bei
Berlin. Sylvia Voss ist zu verdanken, daß windkraftkritische Stimmen
in den Umweltverbänden gestärkt wurden, bei vielen ein Umdenken
stattfand. In der Partei, in der Grünen-Fraktion wurde sie deshalb
kontinuierlich behindert, ausgegrenzt. Und trotz ihres mehrfachen, sogar
schriftlichen Einspruchs wurde bis zum Ende der Legislaturperiode ein
Info-Blatt der Grünen-Fraktion mit dem Titel "Windenergie und
Naturschutz sind vereinbar" als Mail oder in Papierform verteilt
- nichts weiter als eine nahezu unveränderte, platte Wiedergabe von
Werbetexten des Bundesverbandes Windenergie. Sylvia Voss reagierte vor
ihrem Ausscheiden in einer Erklärung noch einmal darauf - ein aufschlußreiches
Zeitdokument:
"Der Text dieses Fraktionsinfoblattes wurde weder im zuständigen
Arbeitskreis noch auf Fraktionsebene beraten oder beschlossen! Eine Einbeziehung
von mir als Sprecherin der Fraktion für Tourismus und Naturschutz
und meines Büros als Fachinstanz der Fraktion für diese Themen
hat es bezüglich dieses Infoblattes nicht gegeben.
Das ist nicht nur ein schlechter, undemokratischer Stil, sondern der
jetzige Inhalt ist meines Erachtens glaubhafter grüner Politik mit
Sicherheit in der Öffentlichkeit eher abträglich!
Im Zuge der Auseinandersetzung im Sommer 2001 (ich hatte damals auf meiner
Homepage zu einer sachlichen Diskussion dieses Themas aufgefordert) gab
es Gespräche und einen Minimalkonsens. Außerdem führte
die Fraktion zwei kleine Anhörungen zum Thema Windkraft und Naturschutz
und Kleine Wasserkraft und Naturschutz durch, deren Protokollvermerke
jedoch nicht nur aus meiner Sicht (sondern auch aus Sicht teilnehmender
Naturschutzverbände und Vertretern der BI´n) nicht die Veranstaltung
mit allen kritischen Fragen (oft ohne Antwort) und Anmerkungen wiedergeben,
sondern die einseitige Sicht der Protokollierenden. Die Ergebnisse waren
also pro Wind- , pro Wasserkraft und man konnte sich des Eindrucks nicht
erwehren, es sollte so sein.... (waren wir auf einer anderen Veranstaltung
?!). Ich habe das intern mehrfach mündlich kritisiert aber geändert
wurde und hat sich nichts ...
Sehr positiv ist in diesem Zusammenhang die große und umfassende
Anhörung des BMU zur Problematik ´Offshore- Windenergie´
zu nennen. Auf dieser wurde aber neben vielen Pro - Offshore -Argumenten
wieder einmal aus berufenen, wissenschaftlichen "Mündern"
sehr deutlich : Unser Wissen um alle physikalischen Auswirkungen (Emissionen)
von WKA (Windkraftanlagen) auf den Orientierungssinn (Sinnesorgane) von
diversen verschiedenen Vogelarten ist eigentlich gleich Null, ebenso auf
jenes (Sonar) der Säugetiere (im Meer Robben, Seehunde, Kleinwale,
an Land Fledermäuse) und auch auf das hoch empfindliche Seitenlinienorgan
der Fische (hier ist es die Problematik der Seekabel, die von den Offshore-
WKA den Strom an Land aufleiten). Selbst die Bundesmarine machte ähnliche
Bedenken geltend, was die Auswirkungen auf das Sonar der U- Boote und
auch auf den Seenotruf betrifft.
Da Zugvogelrouten einschließlich der Rast- und Nahrungsgebiete
für die Nordsee inzwischen gut erfasst sind, ist dies zwingend und
dringend für die Ostsee und die gesamte deutsche Landmasse nachzuholen!
In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die Bundesrepublik Deutschland
- völkerrechtlich verbindlich! - Abkommen unterzeichnet hat, die
ausdrücklich alle Einflüsse verbieten, welche sich negativ auf
den Bestand der betreffenden Arten auswirken (z.B. AEWA für Wasservögel,
ASCOBANS für Kleinwale); hinzu kommen die ebenso verbindlichen europäischen
Richtlinien (Vogelschutz; Flora- Fauna- Habitat) und bestimmte nationale
Schutzgebiets- und Artenschutzbestimmungen.
Es werden hier also ganz erheblich mehr und vor allem zügiger und
zeitnah Forschungsprojekte betrieben werden müssen, um die Wissenslücken
zu schließen und möglichen negativen Folgen vorzubeugen!!!,
sie auszuschließen bzw. zu verhindern. Die Regelungen im neuen BNatSchG
(Bundesnaturschutzgesetz), das Anfang dieses Monats in Kraft getreten
ist, sind Schritte in diese richtige Richtung. Wichtig ist, dass der Vollzug
und die Kontrolle geltenden nationalen und europäischen Rechts -
aber eben auch der internationalen Konventionen - endlich finanziell und
personell entsprechend abgesichert werden!
Bezüglich der Errichtungen von WKA - egal wo - gilt es also vieles
zu erforschen und zu bedenken, ehe vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Es rächt sich natürlich besonders in Wahljahren, wenn man Bedenken
und Beschwerden von Bürgern, aber auch Kritikern aus den eigenen
Reihen der Mitglieder oder Sympathisanten nicht ernst nimmt oder - weil's
nicht ins Konzept passt - einfach ignoriert und schlimmer noch, bisweilen
(wie leider seitens der Grünen in der Öffentlichkeit schon geschehen)
sogar einfach lächerlich macht... Es findet sich dann eben immer
eine andere Partei, die das aufgreift und im Wahlkampf benutzt (ob polemisch
nur für diesen oder als bewusste Problembewältigung sei dahingestellt)!
Da wirkt es fast peinlich, wenn geschätzte und sehr gebildete Politiker
gebetsmühlenartig ein scheinbar gewichtiges Argument benutzen, das
dann durch alle Medien geistert, dass nämlich sich an den vielen
Strommasten in Deutschland auch keiner störe. So nach dem Motto "Man
kann sich offensichtlich an alles gewöhnen".
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Nun ist es in diesem Zusammenhang aber nicht die Frage: Empfindet man
die in der Landschaft stehenden Strommasten oder WKA als schön? Das
allein ist wahrlich eine Frage des individuellen Geschmacks und Empfindens.
Die Fragen müssten lauten : Welches Störpotential oder gar
krankmachendes Potential haben WKA, das Strommasten auf diese Art offensichtlich
nicht haben?
Zum Störpotential bezüglich der WKA wäre (entsprechend
der vielen und weiter zunehmenden Proteste und Widerstände) zu antworten:
WKA (und hier besonders die neuen, noch höheren) haben ein deutliches
Störpotential, was sowohl Anwohner als auch - in zunehmendem Maße
- Touristen betrifft. Der Tourismus ist mittlerweile in Deutschland zweitstärkster
Wirtschaftsfaktor! Der Deutschland-Tourismus steht bei den Deutschen noch
immer an erster Stelle, in der Folge ist bei negativen Auswirkungen durch
WKA auf ganze Landschaften jedoch die regionale Wirtschaftskraft mancherorts
möglicherweise gefährdet, denn es wären dann nicht nur
die Tourismusunternehmen selbst betroffen, sondern auch das verbundene
Gewerbe von der Gastronomie über die Landwirte und das Handwerk...
aber und das sei hier ausdrücklich erwähnt, es betrifft auch
immer die heimische Natur und die ziehenden Vögel. Es gibt zum Beispiel
neueste, interessante Untersuchungsergebnisse aus Brandenburg zum Tod
von Fledermäusen an WKA.
Die zweite Frage (krankmachendes Potential) ist weitestgehend auf den
Menschen bezogen und bisher überhaupt noch nicht umfassend untersucht.
Es gibt zwar mittlerweile einige technische Neuerungen an WKA, die einige
Beschwerdegründe (Lärmfaktor und Schattenwurf) abmindern und
regional zur Akzeptanz beitragen können. Die vielen anderen Beschwerden
und Faktoren finden jedoch nach wie vor keine oder zu wenig Beachtung
bei den Entscheidungen zum Errichten und Betreiben von WKA.
Leider ist deshalb meine Position vom Sommer 2001 unverändert aktuell
- als Erwiderung auf das Grüne Infoblatt von Michaele Hustedt sowieso
- und ich stelle sie meinem jetzigen Schreiben hintan. Außerdem
ist noch ein Argument hinzugekommen: die Stromtrassen in unseren Landschaften.
Sie werden durch das Betreiben von WKA nicht weniger, sondern durch Offshore
mehr. Von diesen WKA im Meer wird der Strom per Seekabel an Land aufgeleitet.
Von diesen Aufleitungsstellen müssten zur Verteilung dieses WKA-
Stroms (so ein Experte der Industrie auf der BMU- Anhörung) ca. 16
neue, große Hochspannungsleitungen quer durch Deutschland in alle
großen Abnehmerregionen gebaut werden, da dieser Windstrom über
das heute bestehende Netz nicht mehr transportiert werden könne.
Aber und das ist wichtig : Die Stromtrassen mit ihren Masten und Leitungen
sind statische Elemente! Die findet man schön oder nicht, störend
oder nicht (je nach Nähe und individueller Konstitution), manche
leiden in deren Nähe tatsächlich an Erkrankungen, was bekannt
ist.
Diese Stromtrassen jedoch in ihren Wirkungen mit WKA völlig gleichzusetzen,
ist meines Erachtens ein fataler Irrtum. Die Wirkung von WKA auf die menschliche
(und tierische?) Psyche - und in Folge auf physiologische Funktionen des
Körpers - ist mit Sicherheit anders zu bewerten als jene statischer
Anlagen.
Das permanente Drehen der WKA zerschneidet die Bilder, die wir wahrnehmen
(und zwar durch die Höhe und Vielzahl der heutigen Anlagen bereits
in große Entfernungen hin!). Das ist etwas optisch fundamental anderes
als die Stromtrassen, die unbeweglich (ob schön oder nicht, ist dabei
völlig unerheblich...), also ruhig in der Landschaft stehen.
Die permanenten, über weite Entfernungen sichtbaren Drehbewegungen
sind (ähnlich dem Schattenwurf, dem nächtlichen Blinken) eine
optisch/psychische Belastung und können nervösen Dauerstress,
der krankmachend wirken kann, erzeugen. Unsere Sinnesorgane, besonders
Auge und Ohr, brauchen wie unsere Psyche Landschaften, wo sie vom Stress,
der Hektik, dem Lärm der Stadt, aber auch nur des gewöhnlichen
Arbeitsalltags Erholung und Ruhe finden können. Sieht man aber beispielsweise
wie in der wunderschönen Natur der Uckermark in bestimmten Regionen
nach fast allen Himmelsrichtungen nur noch drehende Windräder, so
erfährt man statt Ruhe und Erholung neuen Stress.
Auch was WKA angeht, 'macht die Dosis, das ein Ding ein Gift sei' (PARACELSUS).
Ein paar WKA hier und da sind nicht das Problem, es sind die Mengen nebst
Höhen, heller Färbung und permanentem Rotieren plus die Emissionen
Lärm, Infraschall, Schattenwurf, nächtlichem Blinken..."
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