Wattenrat

Ost-Friesland

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Wunschzettel zum 20-jährigen Nationalparkjubiläum

Pressemitteilung  20. Juni 2006  Nr. 06/2006

20 Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Ein Wunschzettel zum Geburtstag vom Wattenrat Ost-Friesland

Am 08. und 09. Juli soll der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer anlässlich seines 20-jährigen Geburtstages in Neßmersiel gefeiert werden. Der Wattenrat Ostfriesland erwartet aber nicht, dass sich durch die angekündigte Feier die bisher völlig unzureichenden Schutzinhalte verbesssern werden. Auch mit 20 Jahren hat dieser Nationalpark nicht annähernd die Reife, die man von einem "erwachsenen" Großschutzgebiet erwarten müsste. Die vielen unkontrollierten Nutzungen, die in einem echten und anerkannten Nationalpark nichts zu suchen haben, bestärken den Wattenrat nach einem eigenen Geburtstags-Wunschzettel an die niedersächsische Landesregierung.

Reich bedacht wurde bisher die Tourismusindustrie durch die Herausnahme von Schutzflächen für die Nutzung nach der Änderung des Nationalparkgesetzes. Beschenkt wurden auch die Wassersportler durch die Lockerungen der Befahrensregelung im Wattenmeer. Auch die Miesmuschelfischer haben neue Gebiete im Nationalpark für ihre Saatmuschelgewinnung vom Landesfischereiamt bekommen und zerstören damit intakte Muschelbänke. Wasserstrahl getriebene Hochgeschwindigkeits-Katamarane der Reedereien AG-Ems und Frisia fahren nach wie vor die Inseln im Nationalpark an. Die Windkraftindustrie plant mit Unterstützung der Landesregierung direkt am Nationalpark riesige Anlagen, die Kabeltrassen sollen den Nationalpark queren. Deichbauer und Landwirte fordern die großflächige Bodenentnahme aus den Resten der geschützten Salzwiesen des Nationalparkes und werden dabei vom Umweltminister Sander unterstützt.

Der Wattenrat fragt daher: "Welche echten Geschenke zur deutlichen Verbesserung des Naturschutzes im Nationalpark sind zum Jubiläum zu erwarten?" Ganz oben auf der Geburtstagswunschliste steht ein Rangersystem nach internationalem Standard. Bei gut 30 Millionen touristischen Übernachtungen ist dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Bisher gibt es keine qualifizierte Aufsicht und Betreuung in der Fläche des Nationalparks: Derzeit sind nur fünf hauptamtliche "Ranger" auf fast 280.000 ha Fläche, ohne Boote, ohne Fahrzeuge und vor allem ohne Kompetenzen tätig!

Verstöße gegen die Schutzbestimmungen sind an der Tagesordnung, sie werden nicht dokumentiert und nicht geahndet. Das gravierendste Beispiel war in diesem Jahr die Plünderung von Möwenkolonien auf verschiedenen Ostfriesischen Inseln. Ein weiteres echtes Geschenk wäre die völlige Einstellung der Miesmuschelfischerei sowie die Schaffung von fischereifreien Zonen im Wattenmeer. Windkraftanlagen haben im und am Nationalpark nichts zu suchen. Der ungestörte Vogelzug hat hier grundsätzlich Vorrang. Die völlige Einstellung der Jagd im Nationalpark ist seit Jahren überfällig.

Erst nach Einstellung zahlreicher Nutzungen und erheblicher Eingriffe zum Schaden der Tier- und Pflanzenwelt im Lebensraum Küste könnte die internationale Naturschutzorganisation "International Union for Conservation of Nature" (IUCN) diesen Nationalpark als echtes Großschutzgebiet anerkennen, das ist bisher wegen der vielen Nutzungen nicht der Fall. Damit würde der Hauptwunsch für den Naturschutz in Erfüllung gehen können. Bisher, so der Wattenrat, handelt es sich bei diesem Nationalpark nur um einen Freizeitpark mit grünem Anstrich, der auch durch eine große Feier mit allen Nutzern kein echtes Schutzgebiet wird. Damit ist der Wattenrat beim letzten Geburtstagswunsch: Einen neuen Umweltminister für Niedersachsen, der keinen Sprechblasennaturschutz betreibt, sondern nationales und europäisches Naturschutzrecht ernst nimmt.

 
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