Wattenrat

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Aufhebung der Schonzeiten für Ringeltauben vom EuGH untersagt

Pressemitteilung  23. Juni 2005  Nr. 09/2005

Jagd/EU-Recht

Ausweitung der Jagd auf die Ringeltaube verstößt gegen Urteil des Europäischen Gerichtshofes, Rechtssache C-135/04

Esens/LK Wittmund. In vielen Landkreisen und Städten wird regelmäßig die Aufhebung der Schonzeit und die Freigabe der Jagd auf die Ringeltaube (Columba palumbus, auch Holztaube genannt), per Verordnung nach dem Mehrheitsbeschluss der Ratsmitglieder praktiziert: In der Zugzeit und in der Brut- und Aufzuchtzeit! Die Brutzeit der Taube beginnt im März, die Aufzuchtzeit endet im September. Begründet wird dieser Abschuss immer mit der "zu hohen Population", die ohne wissenschaftliche Begleituntersuchung von Jägern einfach behauptet wird. Ignoriert wird von der Jägerschaft, dass die Ringeltaube ein Zugvogel ist und es dadurch zur Zugzeit zu großen Schwärmen kommen kann, die dann als "Überpopulation" betrachtet werden. Der Wattenrat Ost-Friesland weist in diesem Zusammenhang auf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Rechtssache C-135/04)) hin: In einem Verfahren gegen Spanien urteilte der EuGH am 09. Juni, dass die Jagd auf die Ringeltaube während der Brut- und Aufzuchtzeit und während der Zugzeit zu den Nistplätzen unzulässig ist.

Im Kern sagt das Urteil wörtlich:

"Sie [die Mitgliedsstaaten] sorgen insbesondere dafür, dass die Arten, auf die die Jagdvorschriften Anwendung finden, nicht während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit bejagt werden. Wenn es sich um Zugvögel handelt, sorgen sie insbesondere dafür, dass die Arten, für die die einzelstaatlichen Jagdvorschriften gelten, nicht während der Brut- und Aufzuchtzeit oder während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bejagt werden. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zweckdienlichen Angaben über die praktische Anwendung der Jagdgesetzgebung."

Da das Urteil für alle Mitgliedstaaten, also auch Deutschland, verbindlich ist, ist der Beschluss vieler Landkreise oder Städte über die Aufhebung der Schonzeiten rechtswidrig. Auf andere ziehende Arten ist das Urteil ebenfalls anwendbar. Die Bejagung während der Brut- und Aufzuchtzeit der Jungen ist ein barbarischer Akt, der einer Kulturnation unwürdig ist, so der Wattenrat Ost-Friesland. Diese Praxis ist endlich durch den Richterspruch des EuGH beendet worden.

Das Urteil kann in deutscher Sprache unter dieser Adresse abgerufen werden. Bitte dann die Nummer der Rechtssache oben links (C-135/04) anklicken.

Wir zitieren in diesem Zusammenhang aus dem Anzeiger für Harlingerland vom 14. Juni 2005:

Ringeltauben werden im Landkreis Wittmund langsam zur Plage, meint Kreisjägermeister Dieter Gravemann. Er empfiehlt eine Einschränkung der Schonzeiten ab dem kommenden Jahr. Der Kreistag folgte dieser Empfehlung und beschloss: Zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden in der Forst- und Landwirtschaft wird der Beginn der Schonzeit für Ringeltauben im Jahr 2006 vom 21. Februar auf den 1. April verlegt. Zudem wird die Schonzeit für junge Ringeltauben vom 1. Juli bis 31. Oktober aufgehoben. Die große Mehrheit im Kreistag stimmte zu, Martin Mammen (Grüne), Peter Assing (FWG) und Hartwig Conrads votierten dagegen. "Das wird sehr einseitig von den Jägern dargestellt", meinte Conrads. mh

 
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