Wattenrat

Ost-Friesland

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 92 (28.12.04)

Nationalparkleiterin Irmgard Remmers von Umweltminister Sander abgelöst

Sie erfuhr es "aus der Zeitung"

Wie zu vernehmen ist, soll die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer direkt in das Niedersächsische Umweltministerium eingebunden werden. Das ist zweifellos rein verwaltungstechnisch ein Fortschritt, sagt allerdings noch nichts über die Qualität der neuen Struktur aus.

Ein weiteres "Opfer" hat die rigorose Neuordnung des Naturschutzes im Lande mit der Zerschlagung bestehender Strukturen und der Auflösung des Landesamtes für Ökologie gefordert: Irmgard Remmers wurde von der Leitung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer abgelöst und wird in den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK) wechseln und dort im neuen Anhängsel "N" für Naturschutz (NLWKN) mitarbeiten, zusammen mit Helmut Dieckschäfer aus der aufgelösten Bezirksregierung Weser-Ems in Oldenburg.

Sie erfuhr ihren Wechsel aus der Tagespresse. Das ist kennzeichnend für den neuen "Stil" des Umweltministers Sander (FDP), der sogar in sonst zurückhaltenden Tageszeitungen als "krasse Fehlbesetzung" bezeichnet wurde.

Als Nationalparkleiterin war Frau Remmers bisher lediglich Teil eines Dezernats der Bezirksregierung, also nicht mehr als ein Wurmfortsatz dieser Behörde. Ein eigenständiges Naturschutzprofil hat sie im Nationalpark nie entwickeln können. Dominiert wird der sogenannte "Nationalpark", der nur auf dem Papier so heißt und international als solcher wegen der vielen Nutzungen nicht anerkannt ist, von der Tourismuswirtschaft, der Fischerei und den Nutzungen und Eingriffen des NLWK in Norden.

Ob Frau Remmers in ihrem neuen Aufgabenbereich in der Küstenschutzbehörde fachlichen Naturschutz betreiben kann, ist fraglich. Die bisherigen schweren Eingriffe des NLWK in Dünenlandschaften und Salzwiesen des Nationalparks ohne Kompensation und ohne Beteiligung von Naturschutzverbänden lassen auf eine Herde von Böcken statt Gärtner in der Behörde schließen. Dennoch wünschen wir Frau Remmers viel Erfolg in ihrem neuen Tätigkeitsbereich. Ihr Kollege Dieckschäfer ist im Naturschutz auch kein unbeschriebens Blatt: Er gilt als der Weichspüler von Forderungen der Nachmeldungen von Vogelschutzgebieten in sog. "Important Bird Areas"; will sagen, er hat die berechtigten Forderungen der EU-Nachmeldungen im Regierungsbezirk stets im Sinne seines Dienstherrn zu unterlaufen gewußt und damit die Kommunen unterstützt, die weiterhin in den IBAs planen und bauen, als ob es EU-Naturschutzrecht nicht gäbe.

MK

Wir zitieren aus den hiesigen Zeitungen:

Ostfriesen-Zeitung 28.12.2004 (S. 1)

Nationalpark ohne Führung

WILHELMSHAVEN / SR - Wenige Tage vor der Eigenständigkeit ist die Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer in Wilhelmshaven ohne Führung. Nationalpark-Chefin Irmgard Remmers wurde nach neunjähriger Tätigkeit kurzfristig abgelöst. Sie selbst erfuhr am 23. Dezember aus der Zeitung davon. Ihr Vertreter, Reinhard Zander, soll jetzt vorübergehend die Leitung des Nationalparks übernehmen.
Seite 9

Ostfriesen-Zeitung 28.12.2004 (S. 9)

Nationalpark geht ohne Führung in die Zukunft
NATURSCHUTZ - Chefin Remmers erfuhr Abordnung aus Zeitung
Es stellt sich die Frage, welchen Stellenwert die Wattenmeer-Behörde noch hat. Das Ministerium wies den Vorwurf der "Strafversetzung" zurück.
VON HEINER SCHRÖDER

WILHELMSHAVEN / OSTFRIESLAND - In der Verwaltung des Nationalparks Wattenmeer in Wilhelmshaven herrscht Verunsicherung. Die 28 Mitarbeiter wissen nicht, wie es weitergeht, nachdem ihre Chefin Irmgard Remmers kurzfristig abgeordnet worden ist. Nach OZ-Informationen gibt es Befürchtungen, dass der Stellenwert des Nationalparks Wattenmeer bei Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) nicht hoch angesiedelt ist.

Die Befürchtungen werden durch eine Personalpolitik genährt, die selbst im Ministerium als "misslich" bezeichnet wird. Irmgard Remmers, seit neun Jahren Verwaltungschefin des vom Dollart bis zur Elbe reichenden Nationalparks, war bis Mitte Dezember überzeugt davon, dass sie auch im neuen Jahr ihren Posten behält, den sie "mehr als Berufung denn als Beruf" auffasst.

Am 1. Januar beginnt für den Nationalpark eine neue Ära: Die Verwaltung ist dann nicht mehr ein Dezernat der dann aufgelösten Bezirksregierung, sondern wird eine eigenständige Landesbehörde, die direkt dem Umweltministerium unterstellt ist.

Darin sehen die Nationalpark-Mitarbeiter aber seit ein paar Tagen keine Aufwertung mehr. Nach OZ-Informationen erhielt Remmers am 14. Dezember einen Anruf aus dem Umweltministerium mit der Bitte um einen Termin mit dem Staatssekretär. Das klappte nicht. Zwei Tage später deutete ein Anruf aus dem Personalreferat an, dass die Abordnung von Remmers beabsichtigt ist. Am 23. Dezember - es hatte immer noch kein Gespräch im Ministerium gegeben - las Remmers in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, dass sie Leiterin des Geschäftsbereichs Naturschutz der Betriebsstelle Oldenburg des neuen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) werden soll. Und zwar mit Wirkung zum 1. Januar 2005. Heute hat sie ihren letzten Tag in Wilhelmshaven. "Die Nationalpark-Verwaltung geht führungslos in die Selbstständigkeit", sagte Remmers gestern.

Das Umweltministerium sieht das anders. Es gebe schließlich mit Reinhard Zander einen Vertreter, der die Aufgaben von Remmers übernehme. Außerdem sei noch offen, was passiere, wenn Remmers den Naturschutz-Geschäftsbereich in Oldenburg aufgebaut habe. Ministeriumssprecher Magnus Buhlert schloss nicht aus, dass sie sogar wieder zum Nationalpark zurückkehrt: "Das ist alles noch nicht geklärt." Remmers sei wegen ihrer Fähigkeiten für die Aufgabe in Oldenburg ausgesucht worden: "Das ist keine Strafversetzung."

Remmers wird die neue Abteilung mit Helmut Dieckschäfer leiten. Er war bislang Dezernatsleiter Naturschutz bei der Bezirksregierung.

Anzeiger für Harlingerland 28.12.2004 (S. 10)
Jeversches Wochenblatt 28.12.2004 (S. 10)

NATIONALPARKVERWALTUNG - Leiterin Irmgard Remmers ist von ihrer Versetzung völlig überrascht

Die Chefin der mit insgesamt 28 Mitarbeitern besetzten Verwaltung in Wilhelmshaven kann sich die Gründe für ihre Ablösung "nicht erklären".

VON RAINER RHEUDE

FRAGE: Frau Remmers, Sie sind am Jahresende exakt neun Jahre Leiterin der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer in Wilhelmshaven. Für viele Beobachter kam Ihre Ablösung vom Amt überraschend wie überraschend kam es für Sie?

REMMERS: Das hat mich sehr und auch überraschend getroffen. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet.

FRAGE: Gab es keine für Sie erkennbaren Anzeichen, dass Sie abgelöst werden sollten?

REMMERS: Ich habe am 14. Dezember einen Anruf aus dem Vorzimmer des Staatssekretärs bekommen, dass mich dieser sprechen möchte. Man hat mir aber nicht gesagt, in welcher Angelegenheit…

FRAGE: …aus Ihrer Umgebung heißt es, Sie hätten von der Versetzung letztlich aus der Zeitung erfahren.

REMMERS: Das ist richtig.

FRAGE: Kennen Sie wenigstens die Begründung, warum Sie abgelöst werden?

REMMERS: Man hat mir gesagt, der Staatssekretär wollte sie mir noch geben. Am späten Nachmittag des 22. Dezember, als ich außer Haus war, hatte man mir aus Hannover eine E-Mail geschickt, in der es hieß, die Ablösung habe dienstliche Gründe. Welche, wurde aber nicht gesagt…

FRAGE: …in der Regel spürt man es, wenn sich Differenzen mit den Vorgesetzten aufbauen…

REMMERS: …ich bin der Meinung, dass meine Mitarbeiter und ich wirklich gute Arbeit geleistet haben, für die Nationalparkverwaltung und damit für das Land Niedersachsen. Ich kann mir keine Gründe erklären.

FRAGE: Könnte es sein, dass Sie und Minister Sander unterschiedliche Auffassungen über Umwelt- und Naturschutz haben?

REMMERS: Das kann ich mir nicht vorstellen, denn wir haben immer auf der Basis des Nationalparkgesetzes gearbeitet, also das Gesetz umgesetzt.

FRAGE: Wie erklären Sie es sich, dass beide Schutzgebietsleiterinnen, Sie und Elvyra Kehbein vom Biosphärenreservat Elbtalaue, abgelöst werden?

REMMERS: Es tut mir leid, diese Frage müssen Sie dem Minister stellen. Ich kann sie Ihnen nicht beantworten.

FRAGE: Sie werden am 1. Januar beim Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz in Oldenburg anfangen. Wissen Sie, was Sie dort erwartet?

REMMERS: Nein, weil ich bisher immer davon ausgegangen bin, Leiterin der Nationalparkverwaltung zu bleiben.

FRAGE: Empfinden Sie Ihre Versetzung ab Abstieg?

REMMERS: Ja.

FRAGE: Wie gut gerüstet ist die Nationalparkverwaltung, wenn sie jetzt nach der Auflösung der Bezirksregierung eine eigenständige Behörde wird?

REMMERS: Die Nationalparkverwaltung war bisher ein Sonderdezernat der Bezirksregierung. Mit deren Auflösung gibt es sämtliche Strukturen nicht mehr, das gilt auch für Anordnungen und Regelungen. Wenn man in einem solchen Augenblick eine Verwaltung in die Selbstständigkeit entlässt - und dazu auch noch ohne Leiterin oder Leiter - , dann schafft das reichlich viel Verunsicherung bei den Mitarbeitern. Das ist kein guter Start in die Eigenständigkeit. Außerdem: Ich werde mit meiner Stelle abgeordnet. Das heißt, am 1. Januar wird es bei der Nationalparkverwaltung keine freie Stelle geben, die mit einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin besetzt werden könnte.

FRAGE: Umweltminister Sander hat als sein Motto ausgegeben: "Naturschutz mit den Menschen für die Menschen". Empfinden sie dieses Motto jetzt als zynisch?

REMMERS. Mir fällt es schwer, darauf zu antworten. Ich überlasse das besser dem Urteil Ihrer Leser, ob die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Naturschutzverwaltung auch unter dieses Motto fallen.

 
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