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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 87 (09.10.2004)

Millionen für neuen Eingriff auf Juist

Insel Juist: Millionenbeträge für neue Eingriffe ins Watt, neue Seebrücke mit 220 Bootsliegplätzen wird gebaut

2,55 Millionen Euro will das finanziell klamme Bundesland Niedersachsen für eine neue Seebrücke auf Juist hinblättern, u.a. für noch mehr Bootsliegplätze. Auch EU-Mittel sollen für dieses Tourismusbauwerk am und im Nationalpark Wattenmeer locker gemacht werden. Reiner Schopf, ehemaliger Vogelwart auf der Nachbarinsel Memmert, nimmt weiter unten in einem Leserbrief Stellung zum geplanten Molen- und Yachthafenbau auf der Insel Juist im Nationalpark Wattenmeer.

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung:

Ostfriesen-Zeitung 09.10.2004

Riesenfreude auf Juist über Millionen aus Hannover

HAFENUMBAU -- Die Finanzierung der Seebrücke ist gesichert

Die Inselgemeinde hat die Voraussetzungen für das Genehmigungsverfahren erfüllt. Der Bürgermeister rechnet mit einer Baubeginn im kommenden Jahr.

JUIST / HEI - Der erste Gratulant warf Karl-Josef Wederhake gestern schon am frühen Morgen aus dem Bett. Aber der Juister Bürgermeister verübelte ihm den Telefonanruf nicht. Schließlich gibt es auch Grund zur Freude. Das Land Niedersachsen hat der Insel 2,55 Millionen Euro für den geplanten Bau einer Ostmole bewilligt. "Ich bin richtig glücklich", sagte Wederhake im OZ-Gespräch.

Wie bereits berichtet, will die Gemeinde eine Mole mit Promenade und Aussichtsplattform in den Hafen setzen. Das soll nicht nur Urlauber anlocken, sondern auch die ständige Verschlickung aufhalten. Im Schutz der Mole will der Segelklub eine Steganlage für Sportboote errichten, die im Endausbau 220 Liegeplätze haben soll.

Vier Jahre hat es gedauert vom ersten Entwurf bis zur Planreife. Mit der Zusage aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium ist die Finanzierung des 4,7 Millionen teuren Hafenumbaus gesichert. "Sobald der Bewilligungsbescheid da ist, können wir ins Planfeststellungsverfahren einsteigen", so Wederhake. Er kalkuliert für das Genehmigungsverfahren ein drei viertel Jahr ein. Voraussichtlich im Herbst 2005 kann mit dem Bau der Mole begonnen werden. Mit großen Schwierigkeiten im Verfahren rechnet der Bürgermeister nicht. "Wir haben im Vorfeld schon viel abgeklopft."

Die Freude über die Zusage sei groß, so Wederhake. Alle, Verwaltung, Rat, Fraktionen und der Segelklub, hätten an einem Strang gezogen und letztlich die Politiker im Landtag überzeugen können. "Alle wußten, worum es ging."

Mit der Förderung des Projektes wolle das Land den Tourismus auf Juist stärken und die wirtschaftliche Basis der Region verbessern, begründete Wirtschaftsminister Walter Hirche in einer Pressemitteilung die Entscheidung. Durch den geplanten Sportboothafen gewinne die Insel insgesamt an Anziehungskraft. Das stärke das ostfriesische Wassersportrevier im Wettbewerb.

An der Finanzierung des Vorhabens beteiligen sich neben Wirtschaftsministerium und EU auch das niedersächsische Umweltministerium. Ende August gab es die Zusage über 250.000 Euro für Baggerkosten. Bevor mit dem Molenbau begonnen werden kann, müssen rund 150.000 Kubikmeter Schlick aus dem Hafen entfernt werden. Auch der Landkreis Aurich sowie der Segel-Klub und die Gemeinde greifen für das ehrgeizige Projekt in die Tasche. Wederhake: "Wir finanzieren selbst immerhin eine Million Euro."

Die geplante Ostmole soll den Juister Hafen nicht nur vor dem Verschlicken bewahren, sondern sie wird touristisch genutzt.

   

Ostfriesen-Zeitung 18.10.2004 (S. 11)   ===== Leserbrief =====

Für Eingriffe in die Natur sind Millionen da

Zum Artikel: "Riesenfreude auf Juist", OZ vom 9. Oktober, schreibt REINER SCHOPF aus Dreschvitz.

Die Landesregierung muss sparen. Irgendwelche Sparschweine machen es aber offenbar möglich, zwischen Sparprogrammen und fragwürdigen Projekten beliebig zu wechseln. Für Ausgleichsmaßnahmen bei Eingriffen in die Natur oder für eine Fachbehörde für Ökologie fehlt angeblich das Geld, vom Geldmangel im sozialen Bereich mal ganz zu schweigen. Für Eingriffe in die Natur werden aber Millionen locker gemacht und keiner fragt, wie das zum Geldmangel und zum "sanften Umgang" mit der Natur passt.

2,5 Millionen Euro zahlt die Landesregierung für eine neue Ostmole auf Juist, der Rest kommt von der EU. Bei der FFH- und Vogelschutzrichtlinie ist Brüssel der Watschenmann, der für Zuschüsse wieder gut ist. Motto: Nehmen ist seliger als geben. Da der "sanfte Tourismus" eine Herzensangelegenheit von Umweltminister Sander ist, liegt ihm ein Betonbauwerk samt 220 Sportbootliegeplätzen im Nationalpark am Herzen. Wofür wird die Landesregierung das nächste Sparschwein schlachten? Für Golfplätze? Freizeitparks? Windhundrennen im Watt? Für sowas lohnt sich doch das Sparen im sozialen und ökologischen Bereich.

Protest ist nicht zu erwarten, denn die "Naturanwälte" des Nabu sind mit der Heuernte für Goldhamster ausgelastet und die Grünen mit dem Hamstern von Wählerstimmen. Ein Umweltminister der einen Nationalpark mit einem Freizeitpark verwechselt ist sicher nicht bereit ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Die Riesenfreude der Juister "Naturfreunde" passt dazu. Her mit Ost-, West-, Nord- und Südmolen auf den Inseln und mit asphaltierten Wegen durch alle Vogelschutzgebiete. Da kann man nur hoffen, dass der Landesregierung das Geld für fragwürdige Vorhaben fehlt und die Juister begreifen, dass sie scheibchenweise unersetzliches Kapital verschleudern: Die Natur!

 
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