Wattenrat

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 77 (27.08.2004)

Illegaler Golfplatz auf Langeoog mit Duldung des Landkreises

Golf auf Langeoog: illegal, scheißegal

Eindeutig Rechtsbeugung begeht der Landkreis Wittmund. Er duldet seit drei Jahren weiterhin, offensichtlich zuammen mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Dezernat der Bezirksregierung, den Bau und gewerblichen Spielbetrieb auf einer illegal dazu veränderten Fläche im Nationalpark. Wie hier mit Naturschutzrecht und europäischen Recht (das Gebiet ist FFH- und Vogelschutzgebiet!) umgegangen wird, macht sprachlos.

Nach dem Strafgesetzbuch kann für nachteilige Veränderungen in einem Nationalpark u.U. bis zu 5 Jahre Haft verhängt werden (§329 StGB, Gefährdung schutzwürdiger Gebiete). Bereits 2001 zahlte der Golf-Verein ein Bußgeld wegen der ilegalen Nutzung und spielte unbehelligt weiter. Behördlicher Naturschutz findet hier nicht mehr statt, Straftaten werden offen geduldet! Dem Vernehmen nach hat der BUND-Ostfriesland Strafanzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft Aurich ermittelt. [Ergänzung am 12-08-2006: Das "Vernehmen" stellte sich als Gerücht heraus, der BUND Ostfriesland hatte nur die Lippen spitz gemacht, aber nicht gepfiffen, die Strafanzeige wurde vom BUND entgegen eigener Ankündigung nicht erstattet. Das holte der Wattenrat Anfang August 2006 nach, siehe Wattenrat - Pressemitteilungen Nr. 55]

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung:

Ostfriesen-Zeitung 27.08.2004 (S. A 26)

Ärger um Golfplatz auf Langeoog

Der Club musste bereits 1.500 Euro Bußgeld zahlen. Die Gemeinde hat jetzt Pläne für einen neuen Platz vorgelegt.

VON TATJANA GETTKOWSKI

LANGEOOG - Früher flogen die Golfbälle auf dem Flugplatz der Insel Langeoog. Als das Gelände befestigt wurde, mussten die Sportler umziehen. Die Langeooger Golfer sind anspruchslos: Auf einer ehemaligen Pferdeweide steckten sie ein paar Fähnchen - fertig war ihr Übungsplatz. Doch um den gibt es Ärger. Denn durch einen Tausch lag das Gelände plötzlich im Nationalparkgebiet.

Zweieinhalb Jahre sind seitdem vergangen. Gespielt wird immer noch. Der Golfclub Langeoog musste bereits 1.500 Euro Bußgeld zahlen, doch der Landkreis duldet die Golfer in dem Schutzgebiet. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Hans-Joachim Janßen aus Varel hat jetzt die Landesregierung eingeschaltet. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Landkreis jahrelang bei dem rechtswidrigen Golfplatz beide Augen zudrücke.

Der Landkreis Wittmund hat gestern von der Gemeinde Langeoog die Unterlagen für den Bau eines neuen Golfplatzes gleich neben dem Langeooger Inselflugplatz bekommen. Das Gelände befindet sich außerhalb des Nationalparks. "Wir wollen jetzt im Gespräch mit der Nationalparkverwaltung klären, ob das Golfspielen für die Übergangszeit weiter geduldet werden kann", so Erster Kreisrat Wilhelm Frerichs.

Anselm Prester, Vorsitzender des Golfclubs Langeoog, versteht die ganze Aufregung nicht. Er kann sich nicht vorstehen, dass die Gummistiefel der Golfer mehr kaputt machen als Pferdehufe. Die Wiese sei naturbelassen, wie früher die Weide. "Auf unserem Übungsplatz brüten sogar Vögel. Wir sähen nichts an, wir düngen nicht", so Prester. Es werde lediglich mit einem Aufsitzmäher gemäht. Menschenmassen halten sich auf dem Sechs-Loch-Übungsplatz auch nicht auf. "Wenn wir mal ein Turnier haben, sind es vielleicht höchstens 24."

Der Club hat inzwischen 315 Mitglieder. Urlauber und Einheimische halten sich die Waage. 100 Euro kostet der Jahresbeitrag. Man will kein elitärer Club, sondern offen für jedermann sein. "Eine Aufnahmegebühr gibt es bei uns nicht. Sogar der Gepäckträger spielt bei uns Golf", sagt Anselm Prester.

Die Golfer hätten sich weiter mit der Pferdeweide zufrieden gegeben. Weil das Spielen dort nicht erlaubt ist, wurde auf einer Fläche von 30 Hektar ein neuer Neun-Loch-Platz geplant. Das Gelände gehört zum Teil der Gemeinde, der andere Teil ist im Besitz der Domäne. 500.000 Euro kostet das Projekt. "Gebaut wird nichts", stellt der Vorsitzende klar. Das Flugplatzcafe wird als Clubheim mitgenutzt.

Doch auch bei der neuen Planung stoßen Interessen von Sportlern und Natur aufeinander. In dem Gebiet gibt es viele Biotope. "Dafür müssen Ausgleichsflächen gefunden werden." Prester rechnet mit einer Größenordnung von zehn Hektar. "Die Gemeinde hat keine solche Fläche", bringt er das Problem auf den Punkt. 200.000 Euro würde der Zukauf von Ausgleichsflächen kosten. "Das könnte weder der Club noch die Gemeinde aufbringen. Ob was aus unserem Platz wird, ist fraglich."

Wir zitieren aus der taz:

tazNord vom 5.8.2004 Thomas Schumacher

Nationalpark rechtswidrig gelocht. Auf Langeoog wird seit zweieinhalb Jahren illegal im Nationalpark Golf gespielt - keinen stört das. Langeoog hat sich mit einem Bußgeldbescheid freigekauft

Langeoog taz "Der Golfplatz auf Langeoog ist illegal. Der muss weg", ist sich Claus Schulz von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer in Wilhelmshaven sicher. So kategorisch und klar wünscht sich der/die BürgerIn die Hüter des Wattenmeeres. Allein, ihr Donner hält keinen echten Golfer vom einputten ab. Denn, auf Langeoog wird munter weiter eingelocht. Und dies seit Juli 2001 - illegal versteht sich.

Seit der Umwandlung der Nationalparkverordnung in ein Gesetz, 2001 noch unter einer SPD - Landesregierung, befindet sich das Gelände des heutigen Golfplatzes im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. In keiner der drei Schutzzonen des Parks ist Golfen erlaubt. Zwar eliminierte die Landesregierung an anderer Stelle die Schutzwürdigkeit einer Fläche und stellte sie den Langeoogern für einen neuen Golfplatz zur Verfügung. Doch die nutzen ihren alten Golfplatz bis heute weiter.

"Wir haben der Gemeinde schon ein Bußgeldbescheid überstellt", versucht Wilhelm Frerichs, stellvertretender Landrat des Kreises Wittmund zu beschwichtigen. Der Kreis ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die Gemeinde Langeoog. Die schlappen anderthalb tausend Euro blätterten die Inselgolfer hin und schlugen weiter ihre Bälle. "Wir halten still, weil wir denken, dass vielleicht in einem Jahr auf Langeoog ein neuer, dann legaler Golfplatz, existiert. Die Gespräche laufen", entschuldigt sich Frerichs.

Weniger duldsam ist der BUND-Ostfriesland in Aurich. "Das Bußgeld ist peanuts für die Golfer. Wir haben den Landkreis aufgefordert, den Golfplatz zu schließen. Geschieht das nicht, wird Strafanzeige gestellt", stellt Lutz Mallach vom BUND klar. Und weiter: "Eine weitere Nutzung der geschützten Flächen bedeutet ihre Zerstörung." Gerade zur Brutzeit würden Vögel, soweit sie sich noch ins Gelände trauen, mit Golfbällen beschossen. Seltene Pflanzenarten, ein wesentlicher Grund für die Unterschutzstellung, würden von Golfern zertrampelt.

Ähnlich wie auf Langeoog wünschen sich fast alle Inseln einen Golfplatz. Damit lockt man zahlungskräftige Urlauber, weiß die Stadt Norderney. Bislang hat nur sie einen 9-Lochplatz. Der wurde aber schon 1927 gebaut. Jetzt pocht Norderney natürlich auf Bestandsicherung. Durch eine Bürgerbefragung wurde eben auf Borkum und Wangerooge zum Entsetzen der Golfvereine ein entsprechender Spielplatz abgelehnt. Baltrum und Spiekeroog sind zu klein; die Juister sind pfiffig. Sie golfen nach eigenen Regeln am Strand oder fahren zum Putten aufs Festland.

Anmerkung zum taz-Artikel:

So wie das beim Landkreis Wittmund geplant ist, den illegalen Golfplatz auf einer neuen Fläche am Flughafen zu genehmigen, kann es auch nicht gehen:

Die neue geplante Golf-Fläche wurde zwar 2001 aus dem Nationalpark herausgenommen, ist aber nach wie vor EU-Vogelschutz- und FFH-Gebiet (Natura-2000), darin änderte sich durch die tourismusfreundliche Neuzonierung des Nationalparks unter der SPD-Regierung vor drei Jahren nichts; Niedersachsen kann nicht im Handstreich die europäische Natura-2000-Grenzziehungen ändern.

 
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