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Sicherere Netze für Schweinswale  

Abertausende von Delfinen ertrinken jährlich weltweit in Fischernetzen

Auch dem in der Nordsee heimischen Schweinswal ergeht es nicht anders. Es soll nun versucht werden, die Todesrate dieser Meeressäuger zu senken. Meerebiologen arbeiten an dem Problem.

Anzeiger für Harlingerland 06.01.2004 (S. 10)
Jeversches Wochenblatt 06.01.2004 (S. 10)

Neues Netz soll Schweinswalen helfen

ERFINDUNG - Besondere Technik könnte die großen Meeressäuger vor dem Tod in Fangnetzen schützen

Die Bariumsulfatnetze wären eine sanfte Alternative zu Akustik-Signalen. Noch prüfen die Forscher.

VON RIEKE HÜMPEL

KIEL - Trübe ist das Wasser der Nordsee, durch das als grauer Schatten ein Schweinswal huscht. Das grobmaschige Stellnetz aus Nylongarn, das am Grund steht, sieht der zwei Meter lange Meeressäuger nicht. Wenn er weiter schwimmt, bedeutet das für ihn den Tod - wie für Tausende seiner Artgenossen, die jährlich in der Nordsee als Beifang in Fischnetzen enden. Doch da sendet der Schweinswal plötzlich Ultraschalllaute aus, das Echo prallt zurück, der Wal stockt: Er hat das Netz "gehört", er dreht um.

Von solchen hörbaren Netzen träumen derzeit die Umweltschützer und auch der Kieler Meeresbiologe Sven Koschinski: "In dem Netz ist Bariumsulfat eingearbeitet, welches den Ultraschall stärker reflektiert als herkömmliche Netze", erläutert Koschinski. Gemeinsam mit dem Meereszoologen Boris Culik erstellt er derzeit eine Studie für den Umweltschutzverband World Wide Fund For Nature (WWF). In einem Feldversuch in Kanada haben die beiden Biologen Daten darüber gesammelt, wie die Wale auf die neuen Netze reagieren. "Mit Hydrophonen zeichneten wir an den Netzen die Klick-Laute der Wale auf", so Koschinski. Kombiniert mit Daten aus der Sichtbeobachtung soll die Auswertung nun Fragen beantworten wie diese: Orten die Schweinswale die neuen Netze häufiger oder früher als herkömmliche?

Anfang Februar geben die beiden Biologen ihre Studie ab. Beim WWF hofft man inständig auf positive Ergebnisse. Und darauf, eine echte Alternative zu Pingern - die akustische Abschrecksignale aussenden - gefunden zu haben. Pinger gelten unter Wissenschaftlern nämlich als durchaus problematisch. "In der EU wird jedoch diskutiert, Pinger per Gesetz vorzuschreiben", sagt Heike Vesper, Fischereiexpertin des WWF in Bremen. Die Fischer müssten dann die Pinger im Abstand von 250 Metern auf den Netzen befestigen. "Ein Ultraschall-Pinger ist für den Fischer aber nicht hörbar, ein defekter Pinger würde also nicht bemerkt", nennt Vesper ein Negativ-Beispiel. Wale könnten Netzstücke mit einem defekten Pinger als Lücke interpretieren und versuchen, dort die Wand zu durchbrechen.

Eine 100-Prozent-Sicherheit könnten allerdings auch Bariumsulfatnetze nicht bieten. "Wenn ein Wal zum Beispiel gerade das Echo einer Scholle empfängt, steht er senkrecht nach unten im Wasser", so Koschinski. Dann orte er in den Boden hinein, und könne mit dem Rücken in das Netz schwimmen. "Doch auch eine 50-prozentige Reduzierung des Wal-Beifangs wäre schon ein großartiger Erfolg", so Koschinski.

Und wenn die WWF-Studie einen solch positiven Trend erkennen ließe, wäre für Vesper der nächste Schritt klar: "Wir würden die Bariumsulfatnetze sofort in die politische Diskussion bringen."

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