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2 tote Pottwale bei Norderney  

Strandungen von Pottwalen in der Nordsee sind seit Jahrhunderten belegt. Auch in diesem Jahr fanden zwei Tiere den Tod

Toter Pottwal in Norddeich

Die beiden Pottwalbullen wurden bei Norderney geborgen und am 02. und 03. Dezember 2003 von einem Seenotrettungskreuzer nach Norddeich bei Norden geschleppt. Am 06. und 07. Dezember wurden sie im Norddeicher Osthafen von Mitarbeitern der Seehundaufzuchtstation Norden zerlegt, unter bestialischem Gestank.

Die Skelette sollen für Austellungen zur Verfügung gestellt werden. Einen ausführlichen Artikel von Manfred Knake zu den möglichen Ursachen der Pottwalstrandungen finden Sie weiter unten, ebenso Bilder der Szenerie im Osthafen von Norddeich.

Übrigens, wenn Sie demnächst irgendwo einen Greenpeace-Film sehen, in dem Schlauchboote um die Norderneyer Kadaver kreisen und den Eindruck erwecken, Greenpeace hätte etwas mit der Bergung zu tun: alles PR-Getue zur Mitgliederunterhaltung! Greenpeace-Mitarbeiter kamen, packten ihre Boote und Kameras aus, setzten sich in Szene, ließen ein paar Pressesprüche ab und fuhren wieder, die Arbeit leisteten ganz andere.

Anzeiger für Harlingerland 02.12.2003 (S. 1)

Gestrandete Wale werden untersucht

NORDERNEY / LNI - Vor Norderney sind wie berichtet zwei Wale verendet und auf einer Sandbank gestrandet. Die Behörden wollen die Kolosse zerlegen und in einer Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgen lassen. Die Kadaver behindern die Schifffahrt. Mit ihrer Bergung kann wegen der nötigen Vorbereitungen nach Angaben der Bezirksregierung Weser-Ems jedoch frühestens morgen begonnen werden. Die Besatzung einer Fähre hatte die rund zehn Meter langen Meeressäuger am Sonntag zuerst gesichtet. Biologen der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven vermuten, dass sich die Wale im flachen Wasser zwischen Norderney und Juist verirrt haben und nach der Strandung von ihrem eigenen Gewicht erdrückt wurden.

 

Tote Pottwale an der Nordseeküste

Von Manfred Knake

Immer wieder stranden Pottwale an den Küsten der Nordsee, und immer sind es männliche Tiere, Pottwalbullen. Woher kommen diese Tiere und warum stranden sie seit Jahrhunderten an unseren Küsten?

Langstreckenwanderer

Pottwale sind Langstreckenwanderer der Meere. Männliche und weibliche Tiere trennen sich im Sommerhalbjahr, die Walkühe verbringen mit ihren Jungtieren die Sommermonate in den wärmeren Breiten, die männlichen Pottwale ziehen in polare Gewässer. Vor den norwegischen Lofoten sind die Pottwal-Männer inzwischen zu einer Touristenattraktion, dem "whale-watching", geworden. Nach dem Sommer in den hohen Breiten zieht es die Bullen wieder südwärts. Der Wanderweg geht zunächst nach Südwesten, um die Färöer- oder Shetland-Inseln herum, westlich vorbei am Kontinentalschelf der britischen Inseln und dann weiter nach Süden in die wärmeren Gewässer des Atlantiks. Einige Wale verfehlen aber die richtige "Abzweigung" und schwimmen durch die tiefe norwegische Rinne zu früh nach Süden und gelangen so in die flache Nordsee, die zur Falle mit fatalen Folgen wird.

Auf Grund

In der Nordsee, die bekanntlich ein Flachmeer ist, bekommen die Wale vermutlich durch die gestörte waleigene Echopeilung Orientierungsprobleme, sie laufen irgendwann auf Grund, wenn sie nicht den "Ausgang" durch den Ärmelkanal finden. Ursache für das "Verschwimmen" können auch Änderung des Erd-Magnetfeldes sein, vermutet werden auch Unterwassergeräusche durch Schiffe oder Bohrinseln, obwohl es schon häufig Pottwalstrandungen aus der vorindustriellen Zeit ohne Lärm im Wasser gab.

Mittelalterlicher Stich einer Pottwalstrandung

Sitzt der Wal auf Grund, ist sein Schicksal besiegelt.

Oft wird berichtet, Pottwale werden vom eigenen Gewicht erdrückt. Bei gestrandeten Buckelwalen brechen in der Regel die Rippen unter dem queroval gebauten Walkörper durch das Eigengewicht weg; Pottwale haben aber einen hochovalen Körperquerschnitt, sie fallen bei Strandungen auf die Seite, entweder nach links oder nach rechts. Einen "gnädigen" Tod, wenn das Wort erlaubt ist, hat der Pottwal, wenn er auf die linke Körperseite fällt, vorne links sitzt oben am Kopf das Blas- oder Atemloch, und er ertrinkt. Fällt er auf die rechte Seite, dauert der Todeskampf viele Stunden, da der Wal noch atmen kann. Bereits im lebenden Tier setzt die Verwesung durch Verdauungsenzyme ein, die inneren Organe zersetzen sich bereits und der Wal bläht auf; ein grausamer Tod. Ein fünfzehn Meter langer Pottwalbulle bringt ungefähr 40 Tonnen auf die imaginäre Waage; ein Fuß Körperlänge entspricht nach einer Walfängerregel einem Gewicht von einer Tonne: "one foot-one ton". Das macht deutlich, welch hoher Bergungsaufwand betrieben werden muss, um einen Pottwal von einer Sandbank zum Zerlegen an Land zu schaffen, wenn Skelette zu Ausstellungszwecken gewünscht werden. Die Kosten der Bergung und Entsorgung, ohne die Präparation des Skeletts, sind enorm. Einfacher und kostengünstiger, aber eben nicht mit jedermanns Empfindung in einem Nationalpark zu vereinbaren, ist das Hochziehen des Kadavers hoch auf einen Inselstrand, weit weg von jeglicher Bebauung. Dort sandet der riesige Fleischberg schnell ein und verwest.

Häufige Strandungen sind seit Jahrhunderten belegt

Von Walstrandungen an der gesamten Nordseeküste von Belgien, den Niederlanden, Deutschland,England bis nach Dänemark wird schon im Mittelalter berichtet, ohne jedoch genau die einzelne Walarten zu unterscheiden. Gestrandete Pottwale wurden mit Sicherheit schon im 16. Jahrhundert dokumentiert. Auch in Ostfriesland sind über die Jahrhunderte zahlreiche Strandungen belegt. Bei Wangerooge strandeten beispielsweise im März 1751 zwei Pottwale, im Winter 1994/1995 strandeten insgesamt 22 Pottwale ind der Nordsee, zwei davon in Ostfriesland, vor Baltrum und bei Norderney. Die Kachelotplate vor der Vogelinsel Memmert trägt ihren Namen nach einem Pottwal, cachalote heißt der Pottwal im Französischen.

Der Bestand der Pottwale ist durch die Strandungen nicht gefährdet. Es gibt sogar Fachleute, die die häufigen Pottwalstrandungen als gutes Zeichen für den steigenden Bestand werten: mehr Jungtiere, mehr Strandungen. Ob es aber tatsächlich zu mehr Strandungen im Vergleich zu früheren Zeiten oder einfach zu einer genaueren Erfassung der Strandungen und deren Verbreitung durch die Massenmedien und der damit verbundenen höheren öffentlichen Wahrnehmung gekommen ist, wird ebenfalls diskutiert. Fakt ist, das im 19. Jahrhundert, auf dem Höhepunkt der Bejagung, kaum Pottwalstrandungen in der Nordsee registriert wurden.

Wissenschaftler schätzen den Weltbestand auf über eine Millionen Tiere, im Nordatlantik sollen es mehrere zehntausend Pottwale sein. Der einzige lebensbedrohliche Feind des Pottwals ist der Mensch, der ihn über Jahrhunderte gnadenlos jagte. Der berühmteste aller Pottwale ist der weiße Wal Moby Dick, erfunden vom US-amerikanischen Schriftsteller Herman Melville, der den anmaßenden und selbstgerechten Kapitän Ahab am weißen Pottwal scheitern lässt.

Die beiden Wale im Osthafen

Zum Schutz vor Souvenirjägern wurden den beiden Tieren die Unterkiefer mit den Elfenbeinzähnen abgesägt

Unter bestialischem Gestank wurden die toten Pottwale, die bei Norderney geborgen wurden, im Norddeicher Osthafen von Mitarbeitern der Seehundaufzuchtstation zerlegt

 

Ostfriesen-Zeitung 03.12.2003 (S. 13)

Pottwal wird heute in Norddeich zerlegt

NORDSEE - Bergung von der Sandbank bereitet beim größeren der beiden verendeten Tiere Schwierigkeiten

Die Kadaver von Pottwalen sind meistens hoch mit Umweltgiften belastet, teilt Greenpeace mit. Deshalb müssen sie als Sondermüll entsorgt werden.

NORDERNEY / LÜP / LNI - Der erste der toten Wale ist gestern am frühen Abend in Norddeich angekommen. Der Seenotrettungskreuzer " Bernhard Gruben" hat das Tier, das in der Hafeneinfahrt von Norderney lag, im Schlepptau in den Norddeicher Osthafen gebracht. Dort soll es nach Angaben von Herma Heyken, Sprecherin der Bezirksregierung in Oldenburg, heute zerlegt und entsorgt werden.

Der zweite Pottwal, der südlich von Norderney auf einer Sandbank liegt, wird dagegen frühestens heute abgeschleppt. Wie Hans Michel, Wasserschutzpolizist in Norddeich, sagte, gibt es Schwierigkeiten bei der Bergung des Wales, weil das Hochwasser derzeit zu niedrig auflaufe.

Wie berichtet, waren die jungen Pottwale am Sonntagvormittag vor Norderney auf einer Sandbank angetrieben. In der Nacht schwemmte die Flut den größeren Kadaver auf die Sandbank, den kleineren in die Hafeneinfahrt.

"Beide männlichen Tiere sind äußerlich unverletzt und schon länger tot", sagte die Greenpeace-Meeresexpertin Iris Menn nach einer ersten Untersuchung auf Norderney. Der Verwesungsprozess habe bereits eingesetzt. Pottwal-Kadaver seien meistens so hoch mit Umweltgiften belastet, dass sie als Sondermüll entsorgt werden müssten.

Menn ging davon aus, dass möglicherweise das Echolotsystem der Pottwale gestört wurde. Daraufhin könnten sie sich in den flachen Gewässern verirrt haben. Nach der Strandung seien sie von ihrem eigenen Gewicht erdrückt worden. Für genaue Aufschlüsse zur Todesursache und zum Gesundheitszustand seien Gewebeproben notwendig.

Nach weiteren Angaben von Greenpeace stranden an der Nordseeküste regelmäßig Pottwale. Die Tiere wählten im Atlantik auf dem Weg nach Süden fälschlicherweise die Route östlich von Schottland und Irland, statt westlich daran vorbeizuschwimmen.

Ursache für die Kursänderungen könnten ungewohnte Geräusche zum Beispiel von Bohrinseln sein. Greenpeace forderte für mit Lärm verbundene Aktivitäten im Meer Umweltverträglichkeitsprüfungen. Zudem müsse die Einleitung von langlebigen Umweltgiften verboten werden.

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