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Ems-Stauwerk: Das Bauwerk versackt  

Millionen versacken langsam im Schlick, auf Sand gebaut

Das umstrittenen Ems-Stauwerk für die Meyer-Werft in Papenburg, auch als "Sperrwerk" ausgegeben, sackt langsam aber stetig ab, die ersten Risse sind erkennbar. Der Baugrund (Lauenburger Ton) ist offensicht doch nicht so tragfest, wie immer vorhergesagt wurde. Wie sagte doch Fontane: "Tand ist das Gebild von Menschenhand".

Ostfriesen-Zeitung 12.09.2003 (S. 10)

"Es gab eine Fehleinschätzung"

OZ-INTERVIEW - Projektleiter Wolf-Dietmar Starke zu den Absackungen am Sperrwerk

Für die teilweise beträchtlichen Absackungen am Betriebsgebäude des Emssperrwerks tragen die Baufirmen die Verantwortung. Diese Ansicht vertritt Wolf-Dietmar Starke, Leiter des Projektteams Emssperrwerk.

VON HEINER SCHRÖDER

OZ: Erst Rost auf einem Tor, dann Absackungen am Betriebsgebäude und am gesamten Emssperrwerk. Das klingt nach einer Pannengeschichte?

WOLF-DIETMAR STARKE: Nein. Es handelt sich dabei um normale Vorgänge. Rost an einem Tor - das stimmt schon mal nicht. Wir haben ein Tor gegen Korrosion besser geschützt. Aber nicht weil es schon verrostet, wie es mancherorts hieß, sondern weil wir Sorge hatten, dass wir längerfristig Schäden bekommen.

OZ: Aber der zuerst eingesetzte Rostschutz reichte doch offenbar nicht aus.

STARKE: Es war anders geplant. Wir hatten einen Korrosionsschutz, den wir passiv nennen. Im Betrieb haben wir festgestellt, dass es durch Beschädigungen des Anstrichs zu Lochfraß kommen kann, der schnell durch massive Platten gehen kann. Den Korrosionsschutz haben wir durch einen aufwändigeren Schutz ergänzt.

OZ: Von den teilweise beträchtlichen Absackungen am Betriebsgebäude des Emssperrwerks waren aber doch auch Sie überrascht.

STARKE: Wir haben, wie bei jedem größeren Bauvorhaben, Kontrollmessungen gemacht. Beim eigentlichen Sperrwerk bewegt sich das im Rahmen von bis zu zwei Zentimetern. Das ist normal. Jeder Eigenheimbesitzer weiß, dass es bei einem Neubau Setzungen geben kann.

OZ: Das mag sein. Aber bei Einfamilienhäusern beobachtet die Öffentlichkeit das Geschehen nicht so genau.

STARKE: Ja, wir standen von Anfang an unter der Beobachtung der Öffentlichkeit. Wenn am Sperrwerk etwas passiert, interessiert das einen großen Kreis. Vor allem diejenigen, die froh sind, wenn sie etwas finden, das sie gegen die Planer vorbringen können.

OZ: Zurück zum Betriebsgebäude: Wie kann es sein, dass die Baufirmen kürzere Gründungspfähle für das Betriebsgebäude genommen haben, als die Gutachter empfohlen haben?

STARKE: Wir hatten eine Konzeption ausgeschrieben, die durch einen Sondervorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Baufirmen ersetzt worden ist. Das hat den Vorteil für den Bauherrn, also für uns, dass das Risiko auf die Baufirmen übergeht. Nach unserem heutigen Kenntnisstand hat es beim Herunterbringen der Pfähle eine Fehleinschätzung gegeben. Die Pfähle wurden zwar in festen Bodenschichten gegründet, aber darunter scheinen noch weichere Schichten zu sein. Das ergeben zumindest die Bohrprotokolle. In der Meinung, die Pfähle tragen doch, hat man zu früh mit dem Bohren aufgehört. Darin vermuten wir den Grund für die Absackungen am Betriebsgebäude. Das wird aber noch von einem Gutachter überprüft.

OZ: Was kann man eigentlich tun, wenn ein Gebäude absackt?

STARKE: Es erscheint mir sehr schwierig, an den Pfählen etwas zu machen. Es ist technisch möglich, die Konsolidierung der weichen Schichten zum Stillstand zu bringen. Aber das ist noch nicht weiter vertieft.

OZ: Sie sehen die Verantwortung für die Absackungen also bei den Baufirmen?

STARKE: Ja. Wir haben das Betriebsgebäude hinsichtlich der Gründungsproblematik auch noch gar nicht abgenommen.

OZ: Das heißt: Das Land Niedersachen muss nicht zahlen, wenn dadurch neue Kosten für das Sperrwerk entstehen...

STARKE: ...das ist unsere Position.

OZ: Der Bundesrechnungshof hat schon Post von Sperrwerkskritikern bekommen, eine Anfrage im Landtag beschäftigt sich ebenfalls kritisch mit dem Sperrwerk. Kommt eine neue politische Diskussion über den Sinn des Sperrwerks auf uns zu?

STARKE: Das sehe ich nicht. Wenn eine Privatperson (gemeint ist Erich Bolinius, Emder FDP-Politiker und Kritiker des Sperrwerks - Anm. d. Red.) den Bundesrechnungshof angeschrieben hat, so ist das eine Sache. Ich kann dazu nur sagen, dass diese Maßnahme der ständigen Prüfung durch den Landesrechnungshof unterliegt. Und bislang haben der noch keinen Grund zur Beanstandung gehabt.

OZ: Ist das Sperrwerk vielleicht doch zu schnell und zu preiswert gebaut worden?

STARKE: Ihre Einschätzung "preiswert" kommt angesichts der Bausumme von 220 Millionen Euro für mich überraschend...

OZ: ...vor dem Bau des Sperrwerks waren erheblich höhere Summen im Gespräch...

STARKE: Wir haben den insgesamt recht günstigen Kostenrahmen auch dadurch gesichert, dass wir das Sperrwerk relativ schnell gebaut haben. Wir kennen aus Ostfriesland Beispiele, wo sich die Kosten durch zehnjährige Bauzeiten verdoppelt haben.

OZ: Wenn Sie das Sperrwerk noch einmal bauen müssten, würden sie es genauso machen?

STARKE: In gewissen Bereichen haben wir Neuland betreten. Gewisse Dinge haben wir zum ersten Mal mit Erfolg gemacht. Was Abmessung und die eigentliche Planung betrifft, so würden wir es größtenteils genauso machen. In einigen Bereichen haben wir Erfahrungen gemacht und würden einige Dinge anders an gehen.

OZ: Es gab Korrosionsprobleme, es gibt die Absackungen. Müssen wir noch mit anderen Anfangsproblemen rechnen? Die Sicherung der Emssohle war ja auch nicht ganz einfach.

STARKE: Wir haben beim Probetrieb im November vergangenen Jahres siebeneinhalb Meter pro Sekunde Strömungsgeschwindigkeit in den Toröffnungen gehabt.

OZ: Was heißt das?

STARKE: Das ist Wildwasser, das kann man vielleicht am Rhein unterhalb von Schaffhausen sehen, aber eigentlich nicht bei uns. Wir haben diese Geschwindigkeiten beherrschen können. Es gibt bei der Sohlsicherung keine Veränderungen. Es haben sich auch keine Kolke gebildet, wie manche befürchtet haben.

Ostfriesen-Zeitung 26.08.2003 (S. 7)
Sperrwerk sackt: Gutachter sucht Erklärung

SETZUNGEN - Sorgen macht vor allem das Betriebsgebäude / Probebohrungen sollen Aufschluss geben

Die Pfähle der Sperrwerkspfeiler reichen bis zu 40 Meter in den Emsboden. Beim Betriebsgebäude wurden 15 Meter Tiefe für ausreichend gehalten.

GANDERSUM / SR - Mit Probebohrungen suchen Gutachter nach einer Erklärung dafür, dass das Emssperrwerk absackt. Vor allem das Betriebsgebäude setzt sich seit einem Jahr sichtbar: Um bis zu sieben Zentimeter versank es an einer Seite im Boden, was zu Rissen führte. "Im Moment machen wir uns noch keine Sorgen°, sagt Reinhard Backer, Sprecher des Projektteams Emssperrwerk.

Das Betriebsgebäude ist in diesen Tagen das Hauptproblem der Ingenieure. Am Nordende sackte es seit Juli vergangenen Jahres um 67 Millimeter ab, am Südende in der Nähe des ersten Pfeilers um 20 Millimeter. Die Risse in den Wänden wurden mittlerweile wieder verfugt. "Wir rechnen damit, dass die Setzungen ausklingen", meint Backer. Im Unterschied zu einem Brief der Staatskanzlei zur Situation, in dem von "erwartungsgemäßen" Setzungen die Rede ist, stellt Backer klar: "Wir haben nicht mit solchen Setzungen gerechnet."

Erklärungen gibt es noch nicht. Daher hat der Hamburger Baugrund-Gutachter IGB Probebohrungen am Betriebsgebäude gemacht. Sie reichen bis in eine Tiefe von rund 15 Metern. Denn so weit gründen die Zementpfähle, auf denen das Fundament des Betriebsgebäudes ruht. Weil dieses Gebäude vertraglich noch nicht abgenommen ist, trägt die Kosten dafür die Arbeitsgemeinschaft der vier Sperrwerks-Baufirmen.

Für die Betriebsbereitschaft des Sperrwerks ist die Frage wichtiger, wie sich die Pfeiler und Drempel der Tore verhalten. Auch dort gibt es Absackungen. Sie liegen bei 15 bis 25 Millimetern und erfolgen gleichmäßig. "Daher ist der Nutzen nicht beeinträchtigt", meint Backen.

Der Projektteam-Sprecher schließt aus, dass die Baugrunduntersuchungen bei der Planung des Emssperrwerks unzureichend waren. Gerade wegen der Informationen über ungünstige Baugrundverhältnisse seien sehr viele Bohrungen gemacht worden. Die zahlreichen Stahlpfähle, die die Fundamente der Pfeiler tragen, wurden nach Aussagen Backers bis zu 40 Meter tief "in tragfähigen Sand- und Kiesboden" getrieben. "Das muss eigentlich reichen."

Man werde die Entwicklung aber genau beobachten, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

Ostfriesen-Zeitung 03.09.2003 (S. 11)

Sperrwerk: Pfähle nicht tief genug

ABSACKUNGEN - FDP-Politiker schreibt an Bundesrechnungshof

Die Baufirmen haben für das Betriebsgebäude kürzere Gründungspfähle gewählt, als Gutachter empfohlen hatten. Jetzt warten alle auf die Prognose, wie es mit den Absackungen weitergeht.

GANDERSUM / NENDORP / SR - Die Absackungen am Betriebsgebäude des Emssperrwerks können damit zusammenhängen, dass zu kurze Gründungspfähle benutzt worden sind. Wie Sperrwerks-Projektleiter Wolf-Dietmar Starke gestern mitteilte, hätten Gutachter längere Pfähle empfohlen. "Die Firmen dachten wohl, sie kommen damit hin", meinte Starke.

Das Betriebsgebäude ist an einer Seite um bis zu sieben Zentimeter abgesackt. Die unerwarteten Setzungen können auch auf den trockenen Sommer zurückgeführt werden, wodurch sich die Verhältnisse in tiefen Bodenschichten verändert haben könnten. Jetzt warten Starke und seine Mitarbeiter auf die Prognose des Gutachters. "Wir werden auf jeden Fall kritisch nachfragen", sagte Starke gestern.

Der Emder FDP-Fraktionsvorsitzende Erich Bolinius hat die Setzungen am Emssperrwerk dem Bundesrechnungshof gemeldet. Er forderte den Rechnungshof zu einer Prüfung der Vorfälle auf.

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