Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 309 (Januar 2009)
Wingas und EWE - Salzsole in die Ems: "Totalverlust für die Natur"
Angeblich nur auf einem Hektar, "Informationsveranstaltung" in Pewsum, IBL rechnet vor - Umweltminister Sander (FDP): "Realistische Option unter der Berücksichtigung der ökologischen Auswirkungen"
Die Kavernenausspülung im Rheiderland sorgt nur für mäßiges Interesse in der Bevölkerung, die Auswirkungen werden für die Ems bei der geplanten Menge von 1269 Tonnen Salz pro Stunde (!) erheblich sein.
Man rechne also aus, wie viele Tonnen Salz wöchentlich, monatlich, jährlich (für 30 Jahre) in die Ems und den angrenzenden Nationalpark Wattenmeer gelangen. Kein Problem für das Planungsbüro IBL aus Oldenburg, bekannt für seine für die Betreiber "brauchbaren" Gutachten. IBL sieht keine großen Beeinträchtigungen des ohnehin schon geschundenen Flusses.
Auch das Ems-Stauwerk für die Meyer-Werft, als Sturmflut-Sperrwerk EU-konform deklariert, wurde schon von IBL "passend" gemacht. In den Niederlanden wird das Salz aus Kavernen als Rohstoff betrachtet und industriell verwendet.
Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung, Teil Krummhörn, 14. Januar 2009:
Jede Stunde bringt der Ems 1260 Tonnen Salz
Die Gemeinde Krummhörn lehnt das Projekt ab. Sie fürchtet Schäden für Fischer und Tourismus.
Krummhörn - Das Projekt ist gigantisch, das Interesse eher mäßig: Weniger als 40 Leute haben sich am Montagabend in Pewsum über die vorgesehene Einleitung von Sole in die Ems informiert. EWE und Wingas stellten das Projekt vor. Die Unternehmen wollen Salzwasser, das beim Ausspülen unterirdischer Kavernen in Jemgum anfällt, bei Rysum ablassen. Pro Stunde geht es um maximal 4200 Kubikmeter Sole, in fast konzentrierter Form. "Das sind 1260 Tonnen Salz", rechnete Johann Saathoff, Bürgermeister der Gemeinde Krummhörn, um.
30 Jahre lang soll die Sole in die Ems fließen. Laut der Gutachten, die von den Unternehmen für die wasserrechtliche Erlaubnis in Auftrag gegeben wurden, hat das, kurz gesagt, fast keine Auswirkungen. Zusammengefasst liest sich das so: Das Emder Trinkwasser ist nicht gefährdet, der Salzgehalt der Ems bleibt nahezu gleich, für den Tourismus, die Fische und damit für die Fischerei hat die Sole keine bösen Folgen.
Ein Übel gestehen Wingas und EWE allerdings ein: An der Stelle, an der das Salzwasser eingeleitet wird, ist die Konzentration auf einer Fläche von einem Hektar so hoch, dass kein Tier überleben kann. König spricht von einem "Totalverlust für die Natur", der finanziell ausgeglichen werden soll.
Die Gemeinde Krummhörn ist von den Sole-Plänen bei Rysum nicht begeistert. Man ahnt, dass EWE und Wingas die Erlaubnis erhalten, "ein schwarzes Loch in die Ems zu treiben", so der Bürgermeister. Die Menschen aber dürften den Deich kaum noch betreten. "Umweltschutz ist so lange gut, wie er die Wirtschaft nicht stört", kommentierte ein Besucher der Veranstaltung.
Kritisiert wurde auch, dass die gesamten Eingriffe, die der Fluss bewältigen müsse, bei neuen Projekten nicht berücksichtigt werden. "An keinen anderem Fluss wird so ein Raubbau betrieben. Wir müssen Gas haben und auch die Meyer-Werft, aber nicht um jeden Preis. Man muss auch an die Natur denken."
Die Gemeinde Krummhörn sorgt sich um die Fischer. Ihnen stehe das Wasser bis zum Hals, durch die Einleitung verschlechterten sich ihre Lebensbedingungen weiter, so Saathoff. "Der Platz wird knapp, uns geht wieder Fanggebiet verloren", bestätigten anwesende Fischer. Weil der Tourismus in der Krummhörn eng mit der Fischerei verbunden ist, sieht der Bürgermeister auch ihn gefährdet. Sein Vorschlag, die Sole stärker zu verdünnen, bringt laut König nichts: "Der Hektar bleibt verloren." In der Krummhörn ist man davon überzeugt, dass es Alternativen zur Sole-Einleitung gibt. Selbst wirtschaftliche. Etwa die Verklappung in der Nordsee. Saathoff: "Dafür braucht man alle fünf Stunden einen Frachter. Das ist soviel nicht."
Umweltminister Hans-Heinrich Sander teilte am 20. Februar 2009 im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Bündnisgrünen im niedersächsischen Landtag zur Soleeinleitung in die Ems bei Rysum mit:
"Die Firmen EWE und WINGAS wollen in den nächsten Jahren insgesamt 33 Kavernen im Salzstock Jemgum errichten. EWE plant, 15 Kavernen mit einem Volumen von jeweils bis zu 700 000 m³ zu bauen. WINGAS will mindestens 18 Kavernen mit einem geometrischen Volumen von bis zu 750 000 m³ realisieren. Dafür sollen stündlich 1 260 t Salz über die Ems entsorgt werden. Diese Einleitung soll mindestens 30 Jahre dauern. Über die Erteilung der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung der Sole in die Ems ist nach § 31 NWG von dem für die Rahmenbetriebsplanzulassung nach Bundesberggesetz zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) nach Anhörung der Beteiligten zu entscheiden.
Zunächst sollte die Sole bei Ditzum in die Ems eingeleitet werden. Hierzu gab es von mehreren Verfahrensbeteiligten Stellungnahmen, daß eine Einleitung in Bereiche, die bereits aufgrund natürlicher Bedingungen höhere Salzgehalte aufweisen, zu bevorzugen sei. Nun soll über eine 13 km lange Pipeline bis Rysum das Salz in die Emsmündung eingeleitet werden. Infolge der chemischen Zusammensetzung des aus marinen Ablagerungen (Meersalz) entstandenen Salzstocks ist eine Einleitung in die Nordsee als vergleichsweise unkritisch, in jedem Fall aber als die günstigere Option im Hinblick auf Umweltbelange anzusehen.
Das Genehmigungsverfahren für die Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung von Sole in die Ems bei Ditzum im Zusammenhang mit der Errichtung des Untergrundspeichers Jemgum ist noch nicht abgeschlossen. Der diesem Genehmigungsverfahren zugrunde liegende Antrag wurde bisher weder abgelehnt noch zurückgezogen und wird zeitnah vom LBEG beschieden. Allerdings bewerten die Antragsteller selbst die sich aus den ökologischen Anforderungen ergebenden Nutzungseinschränkungen schon jetzt als so hoch, daß eine Verlegung der Einleitstelle notwendig erscheint und entsprechend beantragt wurde.
Die Verlegung der Einleitstelle in die Emsmündung bei Rysum ist somit nach Anhörung von Beteiligten und der Öffentlichkeit das wesentliche Ergebnis aus dem wasserrechtlichen Verfahren Ditzum.Die Einleitung von Sole in die Emsmündung bei Rysum wurde mit Schreiben vom 20.11.2008 beantragt. Am 11.03.2009 findet ein Erörterungstermin statt. Derzeit ist die Bewertung der Einleitung von Sole bei Rysum noch nicht abgeschlossen.
Die geplanten Erdgaskavernen werden zur erforderlichen Erhöhung der Speicherkapazitäten beitragen und damit auch die Versorgungssicherheit erhöhen. Die Errichtung der Kavernen wird als Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit als notwendig betrachtet. Alternativen zur Einleitung in Ems und Nordsee stehen insoweit nicht zur Verfügung, da zur Minimierung von Eingriffen ortsnahe Lösungen zu wählen sind und aufwendige Infrastrukturmaßnahmen vermieden werden sollen. Daher werden nur die Einleitung in die Ems oder die Nordsee unter Berücksichtigung der ökologischen Auswirkungen als realistische Option gesehen."