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Meyer-Werft in Papenburg macht Druck

Ganzjähriger Sommerstau der Ems gefordert - Land Niedersachsen arbeitet an Lösung im EU-Vogelschutzgebiet

Noch ist es nach dem geltenden Planfeststellungsbeschluss des Ems-Stauwerks in Gandersum bei Emden nur bedingt möglich, die Ems für Schiffsüberführungen aufzustauen. Vom 15. März bis zum 15. September eines jeden Jahres darf durch die Schließung des Stauwerkes, dass verbal als "Sperrwerk" für den Küstenschutz EU-kompatibel gemacht wurde, der Fluss nur um 1,75 Meter (im Winter 2,70 Meter) über Normalnull gestaut werden. Damit soll die Überflutung der für die Vogelbrut wichtigen Außendeichsbereiche der Ems verhindert werden. Die untere Ems zwischen Leer und Emden ist Vogelschutzgebiet nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. Meyer will nun aber ganzjährig nach der Werfterweiterung ungehindert seine riesigen Musikdampfer aus dem Binnenland an das Seeschiff tiefe Wasser der Außenems überführen. Der geplante "Sommerstau" mit dem erforderlichen 8,50m Tiefgang ist derzeit also gar nicht zulässig und möglich.

Stauwerk Gandersum

Ems-Stauwerk bei Gandersum

Aber das Land Niedersachsen zusammen mit Werftchef Bernhard Meyer arbeitet an einer "Lösung", selbstverständlich zu Lasten der Natur. Auch zu Lasten des Steuerzahlers, der nach den ständigen Ems-Baggerungen und dem ca. 250 Millionen Euro teuren Stauwerk nun auch die neuen "Lösungen" finanzieren darf, und zu Lasten des EU-Vogelschutzgebietes "Emsmarschen Leer-Emden". Salamitaktik einerseits und Erpressung andererseits: Katholik Meyer ließ schon mal durchblicken, dass man auch in Polen produzieren könne. Immerhin, dort sind viele katholische Kirchen täglich geöffnet und viele Beichtstühle frei, Vergebung inbegriffen...

Nach Informationen, die dem Wattenrat vorliegen, arbeitet das niedersächsische Umweltministerium an konkreten Plänen für eine "Lösung": Mit 15 Millionen Euro aus dem ohnehin schmalen Naturschutzetat sollen kleine Deiche oder Erhebungen an den Außenemsbereichen gebaut werden, damit die Brutvögel des Vogelschutzgebietes bei einem Sommerstau nicht absaufen. Mit der Planung beauftragt wurde das Oldenburger Planungsbüro IBL, das schon ganz andere Projekte "passend" machte, so z.B. das Ems-Stauwerk in Gandersum.

Meyer-Schiff

Meyer-Schiff in der Ems

Unter dem Strich hat Bernhard Meyers Tätigkeit die Ems zu einem Kanal verkommen lassen, die Strömungsgeschwindigkeit und Trübung der Ems wurde erheblich verstärkt, Sturmfluten laufen in der Außenems höher auf, Fischarten wanderten ab. Greetsieler und Ditzumer Fischer wollen deswegen ihre traditionellen Häfen aufgeben, und eine breitere Brücke in Leer ist nötig. Mit den bisher verbratenen Steuergeldern für die ständigen Baggerungen und das Ems-Stauwerk hätte jeder Arbeiter statt seines Arbeitsplatzes eine satte staatliche Rente einstreichen können, und die Ems wäre immer noch ein intakter Fluss.

Meyer-Schiff

Relationen: Meyer-Schiff mit Bauernhof

Dann warten wir doch mal ab, was die EU-Kommission dazu sagen wird.

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung vom 29. August 2007:

"Ein Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht"

SCHIFFFAHRT Grünen-Landtagsabgeordnete Janssen-Kucz ist sauer auf Meyer-Werft

Die Forderung nach der ganzjährigen Nutzung der Ems sei Erpressung. "Ich dachte, diese Zeiten wären vorbei", so die Politikerin.

Leer/Papenburg /JAN - Schwer enttäuscht ist die Leeraner Grünen-Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz von der Meyer-Werft. Sie spricht von Erpressung und Salami-Taktik bezüglich der Forderung der Papenburger Schiffbauer, die Auflagen für ein Aufstauen der Ems im Sommer zu lockern. "Ich dachte, diese Zeiten hätten wir hinter uns", sagte Janssen-Kucz gestern auf Anfrage. Wie berichtet, will Meyer künftig drei statt zwei Kreuzfahrtschiffe pro Jahr ausliefern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ansonsten müssten geplante Investitionen von 100 Millionen Euro überdacht werden.

Janssen-Kucz forderte, dass alle Beteiligten, also auch die Umweltverbände, von Anfang an in die Gespräche einbezogen werden. "Es kann nicht sein, dass eine Arbeitsgruppe unter Leitung des emsländischen Landrats Hermann Bröring seit Mai über dieses Problem auf höchster Ebene berät und weder Grüne noch Umweltschutzverbände gehört werden", so Janssen-Kucz. Im Sinne der Region müssten vernünftige und bezahlbare Lösungen einvernehmlich gefunden werden.

Es sei ja möglich, über Maßnahmen zur Lockerung der Auflagen der Emsnutzung für Meyer nachzudenken. "Es kann aber nicht sein, dass wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden", so Janssen-Kucz, die das Begehren der Meyer-Werft nach eigenen Angaben aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus nachvollziehen kann: "Aber auch andere ökologische und ökonomische Interessen müssen berücksichtigt werden." Gleichzeitig dürften die Beteiligten sich keine Denkverbote auferlegen. "Bei der Diskussion muss deshalb auch über eine Teilverlagerung der Meyer-Werft nachgedacht werden dürfen", so die Grünen-Politikerin.

Sie hat nun eine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Bis zum 14. September erwartet sie Antworten unter anderem auf die Fragen, wie weit die Pläne zur Lockerung der Auflagen für einen Sommerstau auf der Ems gediehen sind, welche Umweltauswirkungen und welche Belastungen für andere Wirtschaftsbereiche (Fischerei, Binnenschifffahrt und Tourismus) zu erwarten sind. Letztlich sei ein Sommerstau mit hohen Investitionen verbunden. So müssten beispielsweise Sommerdeiche gebaut werden, um die Salzwiesen und die darauf lebenden Vögel zu schützen.

Gleichzeitig befürchtet Janssen-Kucz, dass die aktuelle Forderung nicht die letzte der Meyer-Werft sein wird. Ein Prüfantrag für den Bau einer Schleuse im Emssperrwerk liege dem Land bereits vor, so die Landtagsabgeordnete: "Ein Ende der Fahnenstange ist also nicht in Sicht."

Wir zitieren aus "Ostfriesische Nachrichten", Aurich, vom 10. Juli 2007:

[...]Hinzu kommen laut Werftchef Meyer rund 250 ostfriesischen Zulieferfirmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro. Gelegentlich aufkommende Diskussionen um einen Umzug des Unternehmens bezeichnete der Werftchef als "ketzerische Frage". Meyer: "Aus der Historie heraus haben wir in Papenburg einen so guten Mitarbeiterstamm, dass wir die Schiffe nur hier bauen können. Die Alternative wäre, mit hohen Subventionen eine neue Werft in Polen zu bauen."

 
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