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NSG "Petkumer Deichvorland": Naturschutz nach Provinzfürsten-Art
Staatsanwaltschaft Aurich ermittelt nicht gegen OB Brinkmann wegen Rechtsbeugung - Betonweg im Schutzgebiet wird ohne Rechtsgrundlage und ohne vorgeschriebene Verbändebeteiligung wieder geöffnet
Die Stadt Emden setzt pflichtwidrig und ungehindert Naturschutzrecht außer Kraft. Laut Antwort des niedersächsischen Umweltministeriums (pdf-Datei, ca. 600 KB) auf eine Fachaufsichtsbeschwerde des Wattenrates gegen den OB Brinkmann ist vor der erneuten Öffnung des ohne Genehmigungsverfahren gebauten Betonweges im Naturschutzgebiet (und Teil eines europäischen Vogelschutzgebietes nach der Vogelschutzrichtlinie) "Petkumer Deichvorland" ein Befreiungsverfahren oder die Änderung der Naturschutzverordnung notwendig (siehe auch "Dokumentation über das Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland" bei Emden").
Das will die Stadt aber offenbar vermeiden, weil dann die anerkannten Naturschutzverbände beteiligt werden müssen, was ihnen das Rechtsmittel der Verbandsklage öffnen würde. Zweifellos ist das Stören von streng geschützten Arten an ihren Brut- oder Zufluchtstätten eine Ordungswidrigkeit (vergleiche § 42 Bundesnaturschutzgesetz). Erst in Verbindung mit § 66 des Bundesnaturschutzgesetzes wird daraus auch eine Straftat, wenn die Standorte "gewohnheitsmäßig" beeinträchtigt werden.
Die Staatswanwaltschaft Aurich hat schon wiederholt in Naturschutzangelegenheiten nicht gerade überzeugend ermittelt und naturschutzrelevante Verfahren in der Regel eingestellt. Die Stadt Emden begeht mit dem Öffnen des Weges für den Besucherverkehr und mit den damit verbundenen Störungen der streng geschützten Vogelarten zweifellos mindestens eine Ordnungswidrigkeit und müsste nun gegen sich selbst ermitteln, das wird nicht geschehen. Auch das ist eine Folge der Auflösung der Bezirksregierungen im Lande, die ehemals die Fachaufsicht ausübten. Nun müsste pflichtgemäß das Umweltministerium in Hannover fach- und rechtsaufsichtlich gegen den Emder OB vorgehen, auch das wird nicht geschehen. Rechtsmissbrauch ist im wahrsten Sinne des Wortes Tür und Tor geöffnet. Der BUND-Ostfriesland, der die Strafanzeige wegen Rechtsbeugung erstatte, erfuhr erst aus der Zeitung davon, dass die Staatsanwaltschaft Aurich nicht ermitteln wird.
Links:
- Februar 2007: Golfplatz auf Langeoog: Natur zwar mit Gesetzen geschützt, aber trotzdem ohne Schutz
- März 2007: Gelegeplünderungen im Sand verlaufen
Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung, 13.07.2007:
Kein Verfahren gegen die Stadt
Von Alfred Meiborg
TEEKABFUHRWEG Staatsanwaltschaft lehnt vom BUND geforderte Konsequenzen ab
Es geht um die Freigabe der Strecke im Petkumer Deichvorland. Es liegt eine Strafanzeige vor.
Emden - Die Staatsanwaltschaft Aurich wird gegen die Stadt Emden wegen des Verdachts der Rechtsbeugung bei der Freigabe des Teekabfuhrwegs im Petkumer Deichvorland kein Ermittlungsverfahren einleiten. Das teilte Leitender Oberstaatsanwalt Werner Kramer gestern mit. Wie berichtet, hatte die Umweltschutzorganisation Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Strafanzeige gegen die Stadtspitze erstattet.
Zum Sachverhalt: Die Stadt hatte angekündigt, den Teekweg am Deichfuß des Petkumer Deichvorlandes ab 15. Juli für das Betreten und Befahren durch die Öffentlichkeit freizugeben. Das ist nach Meinung des BUND Rechtsbeugung, weil die Freigabe eine naturschutzrechtliche Befreiung oder Änderung der Naturschutzgebietsverordnung voraussetze, die nicht vorliege.
"Wir haben festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht gegeben sind. Die Schwelle zur Strafbarkeit ist noch nicht überschritten", sagte Werner Kramer. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Stadt Emden erst beabsichtigte, in einem zweiten Schritt naturschutzrechtliche Befreiungen und eine Änderung der Naturschutzgebietsverordnung einzuleiten. "Davon hat die Stadt aber Abstand genommen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt.
Selbst wenn das beabsichtigte Verhalten der Stadt rechtswidrig gewesen sein sollte, sei es nur dann Aufgabe der Staatsanwaltschaft einzuschreiten, wenn es strafbar wäre.
Um die Nutzung des Teek- abfuhrwegs gibt es seit vielen Jahren Streit. Wie berichtet, wird die Strecke vom Borssumer Siel bis zum Emssperrwerk vom 15. Juli bis 30. September für Fußgänger und Radfahrer geöffnet. Das ist ein Ergebnis einer Kompromisslösung. Sie sieht auch vor, dass der Weg ab 2008 vom Borssumer bis Petkumer Siel ganzjährig geöffnet und zwischen Petkumer Siel und Sperrwerk gesperrt werden soll. Die Naturschutzverbände lehnen diese Lösung als untauglich ab.