Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 232 (Juli 2007)
Die Ems wird vergewaltigt
Ems durch ständige Baggerei und Vertiefungen kaputt, "vergewaltigt", sagt sogar ein Oberdeichrichter
Bemerkenswert: Es hat sich nach mehr als zehn Jahren auch bis zu den Deichschützern herumgesprochen, dass die ständige Baggerei und der Bau des Ems-Stauwerkes (nicht Sperrwerk!) die Ems kaputt gemacht haben.
Davor warnten schon schon Naturschutzverbände und Einzelpersonen vor mehr als zehn Jahren, und wurden dafür vehement öffentlich angegriffen. Inzwischen hat die Strömungsgeschwindigkeit des Flusses zugenommen, die Trübung ist unübersehbar geworden. Ditzumer und Greetsieler Fischer fangen kaum noch etwas in der Ems und wollen nun abwandern. Die Fluten laufen höher auf, nicht durch "Klima", sondern durch den menschlichen Eingriff.
Und das alles war damals sozialdemokratisch-schröderisch politisch gewollt, mit erheblichen Steuergeldern für einen einzigen Betrieb: Bernhard Meyers Werft in Papenburg, die riesige Musikdampfer im Binnenland baut und über die schmale Ems ans seeschifftiefe Wasser überführt, zu Lasten der Steuerzahler. Die politischen Zauberlehrlinge stört das alles nicht, sie wollen weiter machen: Die Vertiefung der Außenems ist angesagt. Nach Jahren der Abstinenz äußerte sich dazu öffentlich sogar der NABU-Landesverband Niedersachsen (siehe unten).
Siehe dazu auf unseren Sonderseiten von Horst Stern: "Es war einmal ein Fluss" von 1997.
Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung, 03.07.2007:
Oberdeichrichter: Man hat den Fluss vergewaltigt
VERTIEFUNG Giesbert Wiltfang sieht durch Baggerungen in der Ems steigende Gefahr für das Binnenland
Bei der Eröffnung einer Ausstellung in Greetsiel sagte Granathändler Dirk de Beer: "Es wird bald keine Krabben mehr in der Ems geben."
Greetsiel / HRO - Hart ins Gericht gingen Deichacht- und Fischereivertreter gestern mit den Verantwortlichen der Baggerungen in der Ems, die jetzt zur Folge haben, dass die Fischer aus Greetsiel und Ditzum abziehen werden (die OZ berichtete). Das sei noch nicht mal das einzige Problem. "Je tiefer man die Flüsse macht, umso höher wird die Gefahr für das Binnenland", sagte gestern Giesbert Wiltfang, Oberdeichrichter der Deichacht Krummhörn.
Wiltfang, dessen Stellvertreter Gerd Frerichs, Hilke Looden vom Vorstand der örtlichen Erzeugergemeinschaft der Kutter- und Küstenfischerei, und Dirk de Beer vom gleichnamigen Fischereibetrieb nahmen an der offiziellen Vorstellung der Wanderausstellung zur Küstenfischerei im Nationalparkhaus Greetsiel teil. Dabei war eine Diskussion über den geplanten Abzug der Fischer aus dem Ort unvermeidlich. "Die Fischer sind die letzten, die weg wollen. Aber sie haben keine andere Perspektive", betonte Hilke Looden. Seit der ersten Emsvertiefung habe man auf das Problem der Verschlickung des Wassers hingewiesen.
"Man hat den Fluss vergewaltigt", nahm Oberdeichrichter Giesbert Wiltfang kein Blatt vor den Mund. "Man hätte die Werft verlagern müssen, dann hätten wir die Probleme alle nicht gehabt", sagte er mit Hinweis auf die Meyer-Werft, um deren Willen die Ausbaggerungen im wesentlichen durchgeführt worden seien.
Nicht nur an der Ems, sondern auch an Weser und Elbe seien Vertiefungen vorgenommen worden und würden weiter gefordert. Diese Vertiefungen würden aber die Fließgeschwindigkeiten der Flüsse deutlich erhöhen und Sturmfluten so entsprechend höher auflaufen lassen.
"Das Hochwasser am 1. November des vergangenen Jahres hat auch mit der Außenemsvertiefung zu tun", betonte Wiltfang. "Und nebenbei machen wir mit den Baggerungen noch alles kaputt, was am Meeresboden ist. Da kann ja keine Fischbrut mehr was werden", fügte der Oberdeichrichter mit Blick auf die Probleme der Küstenfischer hinzu.
Es werde bald keine Krabben mehr in der Ems geben, bestätigte de Beer. Früher habe dort wenigstens noch zeitweise gefischt werden können. Das sei fast völlig vorbei, fügte Hilke Looden hinzu.
Je mehr der Mensch eingreife, um so mehr Probleme bekomme er. "Die Natur schlägt zurück", ist Wiltfang überzeugt. Der Mensch müsse sich Gedanken machen, wann er aufhören muss, die Natur zu knebeln. "Da kann keine Fischbrut mehr was werden".
Ostfriesen Zeitung, 13.06.2007:
Gegen Vertiefung der Unterems
Der Fluss soll zur Überführung von Kreuzfahrtschiffen der Meyer-Werft weiter ausgebaggert werden. Dagegen protestiert der Naturschutzbund
Ostfriesland/Hannover - Der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen lehnt die geplante Vertiefung der Unter- ems zwischen Papenburg und Emden ab und hat bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich eine entsprechende Stellungnahme eingereicht. Wie mehrfach berichtet, soll der Fluss weiter ausgebaggert und so das Fahrwasser um bis zu 40 Zentimeter vertieft werden; außerdem soll 2008 die Durchfahrtsöffnung der Jann-Berghaus-Brücke in Leer von 40 auf 56 Meter verbreitert werden, damit die Meyer-Werft noch größere Kreuzfahrtschiffe überführen kann.
Der vorgesehene Eingriff "mit seinen negativen Auswirkungen auf europäische Schutzgebiete und vorsätzlicher Verschlechterung des Flusses" ist für den Nabu "der ökologische Tod der Ems". Das Vorhaben diene allein der Förderung eines Einzelunternehmens und solle zudem vom Steuerzahler bezahlt werden, schreibt der Verband in einer Pressemitteilung.
"Wenn schon das Emssperrwerk absackt und nun schon eine weitere Vertiefung der Ems geplant wird, stellt sich doch die Frage, wann die Deiche in die Ems rutschen", meint der Nabu-Landesvorsitzende Hans-Jörg Helm.