Wattenrat

Ost-Friesland

- unabhängiger Naturschutz für die Küste -

Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 230 (Juni 2007)

NSG "Petkumer Deichvorland": Kompromissverhandlungen gescheitert

OB Brinkmann will Weg ohne Rechtsgrundlage öffnen

Es ist amtlich: Kontrollen auf Verstöße von der Stadt nicht beabsichtigt. Fachaufsichtsbeschwerde des Wattenrates nach acht Monaten beantwortet: "Ihrem Anliegen [wurde] entsprochen."

In Emden wurde aus einem vorgeblich "vertraulichen" Papier bekannt, dass die Stadt Emden auf dem ohne Genehmigungsverfahren gebauten Betonweg im Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland" Betretungsverstöße nicht kontrollieren wolle; und davon gibt es zahllose, zusammen mit Sachbeschädigungen (siehe auf unseren Seiten: "Dokumentation über das Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland" bei Emden"). Das dortige Deichvorland ist Teil eines Europäischen "Besonderen Schutzgebietes" für Vögel, Grund genug also, Störungen von den Tieren durch Anwendung des Naturschutzrechts fernzuhalten.

Der genannte verantwortliche Stadtbaurat Docter gehört zum örtlichen Naturschutzverhinderungsklüngel, ein Verwandter betreibt ein Fahrradgeschäft in Emden-Borssum und spricht sich offen dafür aus, dass er von der Freigabe des Weges geschäftlich profitiert. Ein anderer Verwandter des Stadtbaurates stellt als Jäger Enten und Gänsen im NSG Petkumer Deichvorland nach, macht also tot, was eigentlich geschützt werden sollte.

Wenn jemand glaubt, in Emden ginge es um naturschutzfachliche Argumente,könnte auch glauben, ein Zitronenfalter falte Zitronen. Und da man in Emden so selbstherrlich ist und offensichtlich im Naturschutz schon seit Jahren an Rechtsbeugung gewohnt ist, verkündete der Oberbürgermeister Brinkmann auch gleich, den Weg auch in diesem Jahr wieder ab 15. Juli für den Besucherverkehr zu öffnen, obwohl die "Versuchsphase" bereits im letzten Jahr im September auslief und nun eigentlich eine neue Naturschutzverodnung mit den Betretensänderungen auf dem Tisch liegen müsste. Darauf weist jedenfalls ein Schreiben aus dem nieders. Umweltministerium an den Wattenrat hin.

Nach acht Monaten (06.06.2007) beschied man dort eine Fachaufsichtsbeschwerde (siehe auf unseren Seiten: "Fachaufsichtsbeschwerden gegen OB Brinkmann, Stadt Emden") gegen den Oberbürgermeister: "Die Stadt Emden [hat] am 18.12.2006 den Tekabfuhrweg in den fraglichen Abschnitten geschlossen. Damit wurde Ihrem Anliegen entsprochen [!]. Dies entspricht dem Ergebnis der nochmaligen Prüfung der Rechtssituation, nach dem das Zulassen des Betretens des Teekabfuhrweges durch die Allgemeinheit eine naturschutzrechtliche Befreiung oder Änderung der Naturschutzgebietsverordnung voraussetzt" (Hervorhebung vom Wattenrat). Siehe Schreiben vom MU (pdf-Datei, ca. 670 KB).

Ein Befreiung oder die Änderung der Naturschutzverordnung liegt aber nicht vor. Dazu müssten die anerkannten Naturschutzverbände vorher gehört werden, mit möglichen Rechtsmitteln. Selbstherrlich beugt der OB das Recht in seinem Sinne, dafür sollte ihm fachaufsichtlich mindestens auf die Finger geklopft werden. Der BUND-Ostfriesland hat inzwischen Strafanzeige gegen den Oberbürgermeister erstattet.

Wir zitieren aus der Emder-Zeitung, Donnerstag, 28. Juni 2007, Seite 6:

"Wir müssen diese Kröte schlucken, da hilft nichts"

Hitzige Diskussion über den Teekabfuhrweg in Petkum im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt

Von EZ-Redakteurin UTE LIPPERHEIDE

Naturschützer auf der einen, die Petkumer Bürger auf der anderen Seite und die Stadtverwaltung mittendrin. Der Kompromissvorschlag zum Petkumer Teekabfuhrweg (die Emder Zeitung berichtete) hat am vergangenen Dienstagabend zu heftigen Debatten unter den Mitgliedern des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt geführt.

Grünenratsherr Dieter Stolz rief "Skandal", und meinte damit das Verhalten des Stadtbaurates Andreas Docter. Dieser soll nämlich, so zitierte Stolz aus vermeintlich vertraulichen Akten, das städtische Umweltamt aufgefordert haben, ein Betretungsverbot des Teekwegs bei Petkum nicht zu kontrollieren. Für Docter war dieser Vorwurf von Stolz ein weiteres Indiz dafür, dass dieser "seit langem einen Keil zwischen das Umweltamt und die Verwaltungsspitze treiben will." Außerdem rügte Docter Stolz offiziell, da er aus vertraulichen Akten mit Nennung der Namen zitiere. Dieses Verhalten des Grünen-Ratsherrn hatte zuvor der FDP-Fraktionsvorsitzende und Streiter für eine Freigabe des Petkumer Teekabfuhrwegs, Erich Bolinius, kritisiert: "Das ist ein schwerer Vertrauensbruch!"

Stolz machte deutlich, dass die Gründe einer Öffnung des Teekabfuhrwegs außerhalb der Zeit vom 15. Juli bis zum 30. September nicht zustimmen können. Das entspreche nicht den Vorgaben des Naturschutzes. Auch glaubt Stolz nicht, dass die diesjährige Sommeröffnung überhaupt rechtlich korrekt ist. Diese hätte nämlich zuvor von der Stadt beantragt werden müssen. Der zuständige Fachbereichsleiter und frühere Leiter des Fachdienstes Umwelt, Rainer Kinzel, sieht, genauso wie Docter, keine Probleme. "Die Stadt hat das entsprechend vorbereitet."

Bestreben der Stadt Emden sei es, die verschiedenen und für die jeweiligen Belange geltenden rechtlichen Vorgaben - diese würden sich teilweise widersprechen - zusammenzufassen und einen für alle Parteien gangbaren Weg aufzuzeigen. Docter: "Jeder kann, ob Naturschützer oder diejenigen, die generell den Teekweg mitnutzen wollen, entsprechende Gutachten und Vorschriften heranziehen." Aber so etwas bringe die Diskussion nicht weiter und deshalb sei es das Anliegen von Oberbürgermeister Alwin Brinkmann gewesen, dieses Problem auf eine für alle akzeptable Art zu lösen. Kinzel: "Die Belange des Naturschutzes, der Petkumer und des Tourismus sollen damit berücksichtigt werden."

Als optimal empfindet Bolinius den Kompromiss nicht. "Aber wir müssen diese Kröte schlucken, da hilft nichts!" Das sei nun einmal das Wesen der Demokratie. Er werde versuchen, für den Verwaltungsvorstand zu werben. "Toll ist das für die Petkumer nicht, aber immerhin ein Anfang."

Der erste Schritt des Kompromissvorschlages ist die Öffnung in den Sommermonaten. Weitere Schritte, die eine Betretung des Gebietes teilweise erlauben, aber dennoch auch Naturschutzbelange berücksichtigen, sollen folgen. Hierüber soll nach der Sommerpause im Rat abgestimmt werden.

 
Zum Seitenanfang