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LSG "Dammspolder" - Natur ohne Schutz, trotz Schutzverordnung

"Wasser marsch" aus dem Landschaftsschutzgebiet "Dammspolder" (LK Aurich) - Küstenschutz als Vorwand

Direkt am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zwischen Dornumersiel und Bensersiel liegt das ca. 53 Hektar große Landschaftsschutzgebiet "Dammspolder". Jahrhundertelang war dies ein großer Salzwiesenbereich des Wattenmeeres, der nach der Sturmflut von 1962 eingedeicht und als Feuchtgrünland genutzt wurde. Zunächst sollte die für Brut- und Rastvögel und verschiedene Orchideenarten wertvolle Fläche Naturschutzgebiet werden, dann wurde sie 1991 lediglich als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, mit einer akzeptablen Schutzverordnung, die die Veränderung der Wasserverhältnisse untersagt.

Ausgerechnet der Landkreis Aurich, der auch für die Einhaltung der Schutzverordnung verantwortlich ist, sorgte nun dafür, dass im LSG neue Entwässerungsgräben gebaggert und der Wasserhaushalt abträglich verändert wurde.

Die gesamte Fläche des LSG "Dammspolder" ist als Domäne in Landesbesitz. So sieht das Niedersächsische Umweltministerium die Pflege von Grünland. Anspruch und Wirklichkeit (und das sogar in einem Schutzgebiet!) klaffen wieder einmal weit auseinander:

Pressemitteilung 43/2007 des Niedersächsischen Umweltministeriums

Aus dem Jahresbericht 2006 des NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz):

Erhalt von artenreichen Grünland

Neue Wege geht Niedersachsen bei der Erhaltung von artenreichem Grünland. Das funktioniert ohne die bisher bekannten starren Bewirtschaftungsvorgaben; vielmehr wird das Vorkommen charakteristischer Pflanzenarten auf einer Fläche honoriert; die Art der Bewirtschaftung bleibt dem jeweiligen Landwirt überlassen. ‘Es wird also das Ergebnis der Bewirtschaftung in den Vordergrund gerückt und honoriert’, betonte Sander. Grundlage sind leicht erkennbare Pflanzenarten, deren regelmäßiges Auftreten ein Indikator für ökologisch wertvolles Grünland ist. Die Landwirte haben es dabei selbst in der Hand, wie sie die naturschutzfachliche Zielsetzung erreichen und die Bewirtschaftung in ihren Betriebsablauf bestmöglich integrieren.

Ausgebaggerter Graben

Schulkinder, die sich im Nordseehaus Dornumersiel zu einer Klassenfahrt aufhielten, leisteten dem geschundenen Schutzgebiet "Erste Hilfe" und warfen mit Schaufeln zumindest einen Graben wieder zu, unterstützt vom Hausleiter Uilke van der Meer.

Sumpfwurz

Sumpfwurz im Schutzgebiet

Wir danken Frau Kroon von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Aurich, die sich der Sache angenommen hat und nun hoffentlich innerhalb der Ämter des Landkreises dafür sorgen wird, dass der alte Zustand im Schutzgebiet auch ohne die Hilfe von Schulkindern allein auf Grund des Naturschutzgesetzes wieder hergestellt wird.

Ein Schreiben an den Landkreis als Untere Wasserbehörde (siehe unten) blieb bis heute unbeantwortet.

Ausgebaggerter Graben

Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland, Wittmund, 26.03.2007:

Dämme sollen Wasserablauf verhindern

Dammspolder: Zusätzliche Entwässerung bedroht massiv Schutzgebiet - Sechstklässler aktiv im Einsatz

Ausgehobener Graben hat negative Folgen für seltene Pflanzen- und Vogelarten.

DAMMSPOLDER/REH - Teilweise eisiger Wind hat in der vergangenen Woche 36 Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse der "Rudolf-Steiner"-Waldorfschule aus Bielefeld nicht davon abgehalten, sich aktiv mit Schaufeln und Forken für den Erhalt eines Landschaftsschutzgebietes im Bereich Dammspolder in Dornumersiel einzusetzen.

Die Jungen und Mädchen sind für eine Woche zu Gast im Umweltforum des BUND-Nordseehauses Dornumersiel. Hier erfahren sie eine Menge über den Naturschutz, erforschen den Nationalpark Wattenmeer und erleben, was aktiver Umweltschutz bedeutet.

Dazu zählt auch ihr Einsatz im Dammspolder. In dem rund 53000 Hektar [muss heißen: 53 Hektar] großen Landschaftsschutzgebiet wurden im Februar umfangreiche Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt. Auch ein seit Jahrzehnten stillgelegter Graben entlang eines 3,5 Hektar großen Schilfgebietes wurde neu ausgehoben. "Ohne Gegenmaßnahmen droht diese Fläche jedoch auszutrocknen", weiß Nationalparkhaus-Leiter Uilke van der Meer. Das würde sich wiederum negativ auf die dort ohnehin schon vom Aussterben bedrohten Pflanzen- und Vogelarten auswirken.

Die Schülerinnen und Schüler hatten deshalb die Aufgabe, an mehreren Stellen im Graben Dämme zu bauen, damit sich das Wasser staut und nicht ins nahegelegene Tief abfließen kann. Außer- dem wurde ein umgestoßenes Schild zur Kennzeichnung des Landschaftsschutzgebietes wieder aufgestellt.

"Wir wollen mit unserem Einsatz den ursprünglichen Zustand der Wiese wieder herstellen", erklärten Marie, Isabel, Sophie und Carol. Sie hatten eigens für diese Aktion eine Pressegruppe gebildet. Die Mädchen zeigten Bilder von seltenen Vogelarten, in diesem Bereich, wie Kiebitz, Kornweihe, Brachvogel, Uferschnepfe sowie Austernfischer oder Sumpfohreule, von der es im gesamten Wattenmeerraum nur noch etwa 20 Pärchen gibt. "Gerade deshalb haben solche Schutzgebiete eine ganz hohe Bedeutung", unterstrich van der Meer. Zu den seltenen Pflanzenarten in diesem Gebiet, die zum Gedeihen einen feuchten Boden benötigen, zählen auch die Orchideengewächse Knabenkraut und Sumpfstendelwurz. Von der zusätzlichen Entwässerung im Grünlandbereich profitiere lediglich ein Landwirt, der als Pächter die angrenzende Grünlandfläche damit einfacher bewirtschaften könne, war sich van der Meer sicher.

Mit Unverständnis reagierten die Schüler auch auf eine am Rande des Schutzgebietes illegal angelegte Teek-, Schilf- und Müllhalde. Diese Grünlandfläche gehört der Deichacht Esens-Harlingerland. Auch hier forderte van der Meer schutzgebietswürdigere Verhältnisse. Die Deponie müsse daher schnellstmöglich abgefahren werden.

An den
Landkreis Aurich
Amt für Kreisstraßen, Wasserwirtschaft und Deiche
Gewerbestraße 61
Georgsheil
Südbrookmerland

Landschaftsschutzgebiet Dammspolder
Westerbur/Dornum, LK Aurich
Unterhaltungsmaßnahmen, Entwässerung    18. März 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit fast dreißig Jahren bin ich zusammen mit anderen Personen Pächter eines Schilfgebiets in der Gemarkung Westerbur, Flur 2, Flurstücke 1/4, 2/4, Gesamtfläche von 3,5086 Hektar. Das Schilfgebiet unterliegt dem Schutzstatus des §28a NNatG. Das Gebiet gehört zum größeren Landschaftsschutzgebiet "Dammspolder" (Dornum) mit einer Gesamtfläche von 53,4390 Hektar. Der Gründlandbereich des LSG wird vom Landwirt Tjarko Janssen bewirtschaftet, der auch Cross Compliance-Auflagen beachten muss.

Das Schutzgebiet ist Teilfläche eines "faktischen Vogelschutzgebietes" nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. Nach geltender EuGH-Rechtsprechung gilt ein Verschlechterungsverbot für solche Flächen.

Der besondere Schutzzweck des LSG wird in §2 der LSG-Verordnung vom 04. Juli 1991 definiert: "a) Erhaltung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, b) die Erhaltung der historisch gewachsenen Kulturlandschaft."

Dazu gehört z.B. der Erhalt der feuchten Mähwiesen mit der typischen Marschenbeetstruktur.

Verboten sind laut § 4 der Verordnung ausdrücklich "in die bestehenden Wasserverhältnisse einzugreifen oder sonstige Maßnahmen durchzuführen, die eine Entwässerung zur Folge haben, mit Ausnahme der ordnungsgemäßen Gewässerunterhaltung".

Dem Vernehmen nach haben Sie als Untere Wasser- und Deichbehörde des Landkreises nach einer Deichschau im November 2006 das Domänenamt Norden als Eigentümer der Flächen angewiesen, den Wasserabfluss zu gewährleisten und entsprechende Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen.

Diese sind bereits im Februar durchgeführt worden, zum Nachteil des Schutzgebietes.

Ich stelle fest, dass entgegen des von Ihnen in einer Karte dargestellten Umfanges mehr als die von Ihnen verlangten Entwässerungsgräben aufgereinigt und geräumt, bzw. auch neu angelegt wurden, es sich also nicht um eine "ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung" gehandelt hat.

Im o.a. Schilfgebiet wurde ein alter, seit Jahrzehnten stillgelegter Graben entlang des Schutzgebietes neu tief ausgehoben, der jetzt das Schutzgebiet mit seinen akut vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten (verschiedene Orchideenarten) entwässert. Das Schutzgebiet grenzt an eine Gründlandfläche im Besitz der Deichacht Esens-Harlingerland an (Grundfläche eines abgetragenen Schlafdeiches). Die Deichacht hat dort am Rande des Schutzgebietes eine nicht genehmigte Teek- und Aushubablagerungsfläche von erheblichem Umfang angelegt. Vor einigen Jahren gab es immer wieder Konflikte mit unserem Nachbarn der Deichacht, die dort sehr selbstherrlich u.a. beträchtliche Mengen Grabenaushub aus dem Ringgraben in unserem Pachtgebiet deponierte, einen Grenzstein herausriss und sich zunächst weigerte, den Aushub aus dem Schutzgebiet zu entfernen. Das von uns 1995 nach fruchtlosen Aufforderungen schließlich angestrengte Strafverfahren gegen die Deichacht endete 1996 mit einem Termin vor dem Amtsgericht Norden und einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße an die Deichacht von damals 1.000 DM (Az 1609-8-8 Cs 5 Js 9966/95).

Aus diesem Vorgang hat die Deichacht, die die aktuelle Entwässerung am Schilfgebiet offensichtlich eigenmächtig im Zuge Ihrer Aufforderung zur Gewässerunterhaltung gleich mit durchführen ließ, nichts gelernt.

Im Gründlandbereich wurden nicht nur die von Ihnen markierten, sondern darüber hinaus auch zusätzliche alte, funktionslose Gräben aufgereinigt, an den Straßen-Ringgraben zur Entwässerung angeschlossen und die historische Meedenbeetstruktur an diesen Stellen verfüllt.

Dies ist zweifellos ein Verstoß gegen
a) die LSG-Verordnung
b) die EU-Vogelschutzrichtlinie und
c) gegen das Bundesnaturschutzgesetz,
da bei Projekten, die von Behörden in einem Natura-2000-Gebiet angeordnet und durchgeführt werden, eine Verträglichkeitsprüfung zu erfolgen hat (vgl. §§ 10,34 BNatSchG).

Von der zusätzlichen Entwässerung im Grünlandbereich profitiert nur der Landwirt Janssen als Pächter, dem die Fläche bewirtschaftungsfreundlicher gestaltet wurde. Janssen hatte im letzten Jahr auflagenwidrig während der Brutzeit die Gründlandfläche begüllt und damit fast alle Gelege bzw. flugunfähigen Jungvögel vernichtet.

Das LSG ist nicht nur Standort seltener Pflanzen, die auf einen hohen Wasserstand angewiesen sind, sondern auch von hochgradig bestandsbedrohten Vögeln. Hier brüten u.a. Rohrweihe, Kornweihe, Blaukehlchen, Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe und im letzten Jahr sogar ein Großer Brachvogel.

Die in diesem Umfang durchgeführte Entwässerung hat nichts mit der immer wieder vorgebrachten Deichsicherheit als Totschlagargument gegen den Naturschutz zu tun. Die Maßnahme in diesem Umfang war überflüssig, rechtswidrig und wurde unzulässiger Weise ausschließlich aus landwirtschaftlichen Nutzungsüberlegungen durchgeführt.

Keine Einwände gäbe es gegen die Aufreinigung des Straßen-Ringgrabens mit ordnungsgemäßer Entsorgung des Aushubs und der Aufreinigung des Zuggrabens östlich direkt an der Kläranlage. Dieses vorhandene Grabensystem hat in den vergangenen Jahrzehnten ausreichend in das südlich davon gelegene Pumptief entwässert und wurde von der Deichacht Esens durchgeführt.

Ich rege daher an, sich bei Eingriffen in solche Flächen zunächst mit der Unteren Naturschutzbehörde abzusprechen, um auftretene Konflikte zu verhindern. Entsprechend § 4 (2) der LSG-Verordnung müssten nach Ablauf der Brutzeit die zusätzlich ausgehobenen Gräben, die als Ertrinkungsfalle auch eine erhebliche Gefahr für flugunfähige Jungvögel darstellen, wieder verfüllt und die Anschlüsse an den Ringgraben unterbrochen werden, um die weitere Entwässerung des Feuchtgebietes zu unterbinden.

In der Angelegenheit des Grabens an unserem Pachtgebiet haben wir bereits Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde aufgenommen.

Ich bitte, auch wegen eines evtl. Ortstermins, um Ihre Rückäußerung.

Mit freundlichem Gruß
Manfred Knake

 
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