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Sachverständigenrat für Umweltfragen erstellt aktuelles Gutachten

Der "Sachverständigenrat für Umweltfragen" gab im Februar 2007 seine neuestes Gutachten heraus: Umweltverwaltungen unter Reformdruck - Erhebliche Kritik an Stellenabbau im Naturschutz - Niedersachsen als Negativbeispiel ausdrücklich erwähnt in "Fallstudie"

Sachverständigenrat für Umweltfragen

Umweltverwaltungen unter Reformdruck: Herausforderungen, Strategien, Perspektiven, Februar 2007

Das Gutachten (pdf-Datei, ca. 3,2 MB) weist auf den Seiten 112-120 die erheblichen Defizite für Niedersachsen, auch im Naturschutz, auf (Fallstudie Niedersachen). Der Stellenabbau im Lande und die Übertragung auf das Niedersächsische Landesamt für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz (NLWKN) werden genauer untersucht.

Vorwort, S. 2: "Die Ergebnisse des Sondergutachtens können wie folgt zusammengefasst werden: - Der SRU wendet sich gegen eine zunehmend polemische "Bürokratiedebatte", der die Leistungen der Verwaltungen von Bund, Ländern und kommunalen Trägern für wichtige Erfolge im Umweltschutz und damit zugleich für weitere wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten aus dem Blick zu geraten scheinen. - Der SRU hält die vielfältigen Bemühungen um einen optimalen Zuschnitt der Landesumweltämter für grundlegend wichtig, da für die vielfach sehr anspruchsvollen Vollzugsaufgaben im Umweltschutz ohne diese "Wissensmanager" die unerlässlichen Handlungsorientierungen fehlen würden."

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"Fallstudie Niedersachsen", S.118/119: "Angesichts der angespannten Haushaltssituation der Landkreise sind erhebliche Zweifel angebracht, ob in Zukunft eine in quantitativer wie qualitativer Hinsicht annähernd aufgabenangemessene Personalausstattung geschaffen werden wird. Die Verminderung von Personalstellen auf der Ministerialebene schwächt überdies die nun besonders notwendige Fachaufsicht, die als neue Aufgabe von den Bezirksregierungen an das Umweltministerium übergegangen ist. Durch die sehr weit gehenden Strukturveränderungen und die zusätzliche Hierarchisierung der Struktur im NLWKN wurden zudem auch für die Fachberatung der kommunalen Ebene neue Hürden aufgebaut. Dadurch laufen die niedersächsischen Umweltbehörden - vor allem die unteren Naturschutzbehörden - in hohem Maße Gefahr, die gewachsenen alten und die zusätzlichen neuen Aufgaben nicht mehr sachgerecht bewältigen zu können."

Im Vorfeld des Gutachtens erhob die Ruhr-Uni in Bochum Daten und machte Umfragen in einem Begleitgutachten: SRU-Projekt "Die Modernisierung der Umweltverwaltung"

Modernisierung der Verwaltungsorganisation und von Verwaltungsverfahren im Umweltschutz

Gutachten im Auftrag des Rat von Sachverständigen für Umweltfragen
Endbericht Version vom 23.8.06

Darin wird auch der Wattenrat Ost-Friesland für Niedersachsen mehrfach zitiert (ab S.97). An der Auflösung des NLÖ und der Arbeitsweise im Naturschutz des NLWKN wird erhebliche Kritik geübt.

Die Regionalpresse, die sonst sehr ausführlich über die Arbeit des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz (NLWKN) berichtet, wurde vom Wattenrat über das Sondergutachten informiert. Ein Berichterstattung darüber fand nicht statt.

Wir zitieren aus der taz Nord Nr. 8225 vom 14.3.2007, Seite 21:

Vakuum im Umweltschutz

Kompetenzen zerstreut, weniger Geld, schlechte Strukturen: Niedersachsen belegt bei einer Länderstudie über die Umweltverwaltungen den bundesweit letzten Platz. Umweltminister Minister Sander (FDP) habe Kahlschlag betrieben

VON KAI SCHÖNEBERG

Die Analyse von Christian Hey ist niederschmetternd: "Das ist die schlimmste aller Reformen", sagt der Generalsekretär des Berliner Sachverständigenrates für Umweltfragen. In einem 470 Seiten starken Gutachten hat der Umweltrat den Umbau der Umweltverwaltungen in 16 Bundesländern von sieben Universitäten vergleichen lassen. Fazit der soeben erschienen Untersuchung, die der taz vorliegt: Schlusslicht ist eindeutig Niedersachsen. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und vor allem sein umstrittener FDP-Umweltminister Hans-Heinrich Sander hätten den Umweltbehörden das Rückgrat zerschlagen, urteilt die Studie. "Die Umweltverwaltung ist durch politisch motivierte Reformen substanziell geschwächt, die Landwirtschaft zu Lasten des Naturschutzes gestärkt worden", sagt Generalsekretär Hey.

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Statt kleinerer Schleifarbeiten wie anderswo ging Niedersachsen zum Kahlschlag über - und das bereits zu SPD-Regierungszeiten. Sank die Personalstärke in der gesamten Verwaltung des Landes seit 1995 um 16 Prozent, waren es im Umweltbereich 46 Prozent. 2005 waren hier noch 1.450 Mitarbeiter tätig. "Seitdem ist es nicht besser geworden", sagt der Bochumer Verwaltungswissenschaftler und Mitverfasser der Studie, Falk Ebinger. In den vergangenen zwei Jahren habe der Umweltbereich erneut "gravierende Kürzungen" erlitten: Zum Schaden der Naturperlen im Land: Wattenmeer, Harz oder Heide, Flora und Fauna im Land sind ins Hintertreffen geraten, meinen die Experten.

Dazu kommt die von Sander verfügte Umstrukturierung: Zuschüsse an Verbände wurden gestrichen, Umweltexperten aus Bezirksregierungen und Landesamt für Ökologie (NLÖ) bei der Auflösung in den Ruhestand geschickt. Die Folge: Mangelnde Expertise. "Die Aufgabenwahrnehmung kann nur noch selektiv erfolgen", sagt Ebinger. Seit der Abschaffung der Bezirksregierungen vor zwei Jahren bekamen die nun zuständigen Landräte und Bürgermeister zwar für ihre neuen Aufgaben Geld, können es aber nach Gutdünken verteilen: "Die Aufgaben, die die Bürger und Honoratioren gestört haben, werden zurückgefahren", sagt Ebinger.

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