Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 205 (Februar 2007)
Küstenschutz will neue Treibselabfuhrwege bauen
Totalerschließung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer möglich - Arbeiten Küstenschutz und Tourismusmacher wieder Hand in Hand?
Der Auszug aus dem aktuellen Generalplan Küstenschutz Niedersachsen-Bremen, Festland, Stand 21. Dez.
2006 (pdf-Datei, ca. 71
KB) hat es in sich:
An vielen Küstenabschnitten an der ostfriesischen Küste und an der Ems sollen
außendeichs befestigte Treibselabfuhrwege (Teekabfuhrwege) gebaut werden.
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Baut man diese "touristenfreundlich", also glatt betoniert wie im Naturschutzgebiet Petkumer Deichvorland an der Ems, werden wir an der gesamten Küste die Naturschutzprobleme haben wie jetzt schon im NSG Petkumer Deichvorland: ganzjährig Fahrradfahrer, Jogger, Spaziergänger Skater oder auch Mofa-Fahrer direkt an den Brut-, Nahrungs und Rastflächen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer mit erheblichen Vetreibungseffekten für die Vögel in ihren Schutzgebieten. Eine Aufsicht findet nicht statt und ist auch nicht gewollt!
Der Tourismusverkehr wird sich dann von den binnendeichs verlaufenden "Deichverteidigungsstraßen" auf die seeseitig attraktiveren Außendeichswege verlagern. Schon jetzt sind erhebliche Brutvogelrückgänge an den binnendeichs gelegenen Deichverteidigungswegen durch die starke touristische Nutzung zu verzeichnen.
Das wäre die touristische Totalerschließung der Außendeichsbereiche oder der Salzwiesen des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer mit öffentlichen Mitteln des Küstenschutzes. Der Nationalpark ist gemeldetes EU-Vogelschutzgebiet und zum größten Teil FFH-Gebiet, die Störung von Brut- und Rastvögeln nicht zulässig. Auch das Bundesnaturschutzgesetz verbietet das Stören von Vögeln streng geschützter Arten an ihren Zufluchtstätten.Bei solchen Projekten in oder an EU-Vogelschutzgebieten mit Auswirkugen auf die geschützten Arten ist zudem eine Verträglichkeitsprüfung nach dem Bundesnaturschutzgesetz vorgeschrieben.
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Die Forderung des Naturschutzes sollte sein, Treibselabfuhrwege, wenn diese überhaupt notwendig sind (in einigen Bereichen ist der Treibselanfall sehr gering!), mit lückig verlegten Rasengittersteinen oder so zu bauen, dass diese für Radfahrer und Skater unattraktiv sind. Zudem sollten die anerkannten Naturschutzverbände umgehend auf ein Beteiligungsverfahren bei Anträgen für den Wegebau drängen.
Rasengittersteine wachsen mit Gras durch, sind bei Schäden leicht zu reparieren und für Radfahrer und Skater nur unbequem, für Traktoren mit Hängern des Küstenschutzes aber gut zu befahren.
Der staatliche Küstenschutz argumentiert damit, die im Verbund verlegten Steine würden dem Druckschlag des Wassers nicht standhalten und favorisiert glatte Oberflächen wie Beton oder Bitumen. Allerdings wurde vor wenigen Jahren im Bereich Dornumersiel im LK Aurich vor dem Münsterpolder großflächig vor dem Sommerdeich seeseitig mit Betonsteinen gepflastert, so schlecht können also im Verbund verlegte Steine nicht sein.
Es liegt die Vermutung nahe, dass Küstenschützer und Fremdenverkehrskommunen wieder Hand in Hand arbeiten, um das Nützliche und Gebotene mit dem Angenehmen der Erweiterung des touristischen Nutzungsangebotes zu verbinden.
Um Missverständnisse (auch böswillig gewollte) zu vermeiden: Es geht nicht um die Verhinderung von Treibselabfuhrwegen oder um die Konfrontation mit dem Küstenschutz, sondern um den naturverträglichen Bau der Wege an oder in Schutzgebieten.
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