Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 197 (Oktober 2006)
EU-Vogelschutzgebiete: Wattenrat unterstellt Umweltminister Sander Tricksereien bei Gebietsnachmeldung
Pressegespräch in Norden zur geplanten Nachmeldung von Vogelschutzgebieten
Wir zitieren aus dem Ostfriesischen Kurier, Norden, Freitag, 27. Okt. 2006
Gebiete entsprechen nicht EU-Verlangen
Vogelschutzgebiete: Wattenrat unterstellt Umweltminister Tricksereien bei Gebiets-Nachmeldungen
Norden/ald - Die weiteren, von der Niedersächsischen Landesregierung erarbeiteten Vogelschutz-Gebietsvorschläge, die der EU-Kommission gemeldet werden sollen, entsprechen nach Meinung des Wattenrates nicht den Anforderungen der Kommission, die diese in einer Stellungnahme am 10. April gegenüber dem Bund geäußert hat.
"Umweltminister Hans-Heinrich Sander meldet zwar, aber nicht ausreichend", fassten Manfred Knake und Uilke van der Meer die geplanten Nachmeldungen zusammen. In einer Pressekonferenz sprachen sie gestern in Norden von Tricksereien, die bei den Gebietsvorschlägen vorgenommen würden, was beide an Beispielen im 7327 Hektar großen Gebiet der Seemarsch zwischen Norden und Esens verdeutlichten.
Das ursprünglich von der Niedersächsischen Ornitho-logischen Vereinigung als Vogelschutzgebiet vorgesehene Gebiet zwischen Norden und Esens ist als Landesvorschlag nicht nur geschrumpft - die südliche Grenze wurde in Richtung Nordsee verlegt - es enthält zudem Flächen, die herausgenommen wurden, um sie weiterhin für wirtschaftliche Vorhaben vorhalten zu können. Als ein Beispiel nannten beide die geplante Separierungsanlage von Statoil bei Nesse. Einen weiteren Vorwurf machte der Wattenrat in Richtung Kommunen und Kreise: "In faktischen Vogelschutzgebieten ist in der Vergangenheit ohne gültige Rechtsgrundlage geplant, genehmigt und gebautworden."
Die Frage sei jetzt, so Knake und van der Meer, ob die EU-Kommission die Nachmeldungen akzeptiere oder nicht. Werde sie dies nicht tun, drohe dem Bund eine enorme Geldstrafe (Seite 6).
Bund droht hohe Finanzstrafe
Wattenrat: Im Vogelschutzgebiet ist ohne gültige Rechtsgrundlage gebaut worden Wattenrat will im öffentlichen Beteiligungsverfahren Stellung nehmen.
Norden/ald - Der Bundesrepublik Deutschland droht eine hohe Geldstrafe, wenn die EU-Kommission die von der Niedersächsischen Landesregierung nachgemeldeten Gebietsvorschläge als Vogelschutzgebiete nicht nachkommt. Der Wattenrat-ein Zusammenschluss verbandsunabhängiger Naturschützer aus der Küstenregion Ost-Frieslands, der aus der Konferenz der Natur- und Umweltschutzverbände" hervorgegangen ist - schließt nicht aus, dass es dazu kommen wird. Das Land Niedersachsen hat seit Inkrafttreten der Vogelschutzrichtlinie im Jahre 1979 bekanntlich versäumt, entsprechende Schutzgebiete rechtzeitig und ausreichend zu benennen und hat deshalb am 10. April eine Stellungnahme der Kommission zu dieser Vertragsverletzung erhalten - laut Manfred Knake und Uilke van der Meer vom Wattenrat "ein letztes Mahnschreiben".
Die EU-Kommission erklärt darin, dass sie die bisherigen Vogelschutz-Gebietsmeldungen Deutschlands weiterhin als unvollständig ansehe. Sie fordert die Bundesrepublik deshalb auf, die von der Kommissionbenannten Mängel zu beheben, andernfalls werde sie beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Bundesrepublik erheben. Nach eigener Aussage hat das Niedersächsische Umweltministerium daraufhin weitere Gebietsvorschläge erarbeitet, mit denen die vorhandenen Meldedefizite Niedersachsens beseitigt werden sollen. In einem öffentlichen Verfahren sollen diese Vorschläge in den nächsten Ta gen erörtert werden (wir berichteten). Bei einem dieser Termine - am 31. Oktober in Bensersiel - will sich auch der Wattenrat zu den Nachmeldungen äußern. Knake und van der Meer haben festgestellt, dass zum Beispiel das Gebiet zwischen Norden und Esens bei weitem nicht mehr dem Gebiet entspricht, was ursprünglich von der Niedersächsischen Oniithologischen Vereinigung als Vogelschutzgebiet vorgesehen war. Es sei nicht nur geschrumpft, ihm seien auch Teilgebiete entnommen worden, in denen, so die beiden Naturschützer, weiterhin Platz für Wirtschaftsansiedlungen vorgesehen sei.
Knake: "Diese Flächen wurden trickreicherweise rausgesägt." Als Beispiele nannten Knake und van der Meer die Statoil-Erweiterung in Nesse, den Bau von Windenergieanlagen und eines Golfplatzes sowie die Ortsumgehungen von Neuharlingersiel und Bensersiel. Unter diesen Voraussetzungen würde die Gebietsmeldung nicht den Anforderungen der EU-Kommission entsprechen, und man müsse davon ausgehen, dass die Kommission die Nachmeldungen nicht akzeptiere - mit dem Ergebnis, dass dem Bund hohe Geldstrafen auferlegt würden. Die Höchststrafe liege bei 750 000 Euro täglich - bis eine Lösung erreicht sei. Die beiden Umweltschützer stellten in diesem Zusammenhang gestern auch fest, dass das Land, die Kreise und die Kommunen in der Vergangenheit in den für den Vogelschulz geeignetsten Gebieten ohne jegliche gültige Rechtsgrundlagegeplant, genehmigt und gebaut hätten, was auch dazu beitragen könne, dass die EU-Kommission die weiteren Gebietsvorschläge des Landes Niedersachsen nicht anerkenne.