Wattenrat

Ost-Friesland

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20 Jahre Nationalpark niedersächsisches Wattenmeer

Ein Beitrag von Manfred Knake. Dieser Beitrag erschien mit leicht abweichendem Text und anderen Bildern in der Zeitschrift "Nationalpark", Grafennau, Nr. 133, 3/2006 und in der Zeitung der Aktionskonferenz Nordsee (AKN), "Waterkant", Nr. 3/September 2006

Zwanzig Jahre Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer - Ein Grund zum Feiern?

1986 wurde der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf 240.000 Hektar (2.400 Quadratkilometer) Fläche vom Campener Leuchtturm in der Emsmündung bis nach Cuxhaven eingerichtet. Die Grenze ist der seeseitige Fuß der Seedeiche und reicht bis zur 5-10m Tiefenlinie seewärts der Ostfriesischen Inseln. Der Nationalpark gliedert sich in die strengste Ruhezone, die Zwischenzone und die Erholungszone. Die Nationalparkverwaltung ist seit 2001 direkt dem Niedersächsischen Umweltministerium unterstellt und hat ihren Sitz in Wilhelmshaven.

Ringelgänse

Ringelgänse bei Dornumersiel

Am Anfang gab es Protest

Die Ausweisung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer begann mit viel öffentlichem Protest, den eigentlich vertrauten Ritualen, wenn es um richtigen Naturschutz geht: Tourismusmacher fürchteten um Einbußen im Fremdenverkehrsgeschäft, weil nun Regeln, z.B. Betretungsregeln auf festen Wegen, in der Natur gelten sollten. Die hatte es zwar vorher durch die vielen Naturschutzgebiete gerade auf den Inseln auch schon gegeben, sie waren aber kaum als solche beachtet worden. Die Küstenfischer protestierten gegen vermeintliche Fangbeschränkungen durch Naturschutzauflagen, Landwirte gegen die Reduzierung von Weideflächen in eingedeichten Poldern und den Salzwiesen. Jäger sahen ihr Hobby bedroht und Küstenschützer sich in ihrer Handlungsfreiheit bei Baumaßnahmen auf den Inseln und in den Salzwiesen des Wattenmeeres beeinträchtigt.

Der Naturschutz wurde von den Nutzern vereinnahmt

Heute, zwanzig Jahre später, sind die Proteste weitgehend verstummt, man lobt nun die "Akzeptanz". Nutzungseinschränkungen wurden oder sollen weiter gelockert werden. Der Nationalpark ist von den Nutzergruppen zielstrebig mit Hilfe politischer Weichenstellungen weitgehend vereinnahmt und umgestaltet worden. Heute dominiert das sog. "Wattenmeerforum" bei der Artikulierung der Ziele und Nutzungen in diesem Nationalpark.

Touristen vertreiben Seehunde

Von der Sandbank gescheucht: Seehunde an der Kachelotplate bei Juist

Das Forum ein internationaler Zusammenschluss von Naturnutzern aus Hafenwirtschaft, Industrie, Energiewirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei, der Einfluss auf den Umfang des trilateralen Wattenmeerschutzes der drei Anrainerstaaten Dänemark, Deutschland und die Niederlande nehmen will (www.waddensea-forum.org ). Auch einige Naturschutzgruppen sind Teilnehmer dieses Gremiums, jedoch ohne erkennbaren Einfluss und mit offensichtlicher Feigenblattfunktion. Einen eigenständigen Nationalparkplan des Landes, der die Entwicklungsziele im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer darstellt, gibt es bis heute nicht.

Im Juli wurde der Nationalpark gefeiert

Im Juli 2006 wurde der 20. Geburtstag des Nationalparks gefeiert: Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer richtete zusammen mit der Gemeinde Dornum im kleinen Küstenort Neßmersiel im Landkreis Aurich die Zwanzigjahrfeier aus. Tourismusmacher, Fischer, Landwirte, Küstenschützer und auch einige Naturschutzverbände fanden sich dort ein, Motto: "Wo Mensch und Natur sich begegnen". Der Teilnehmerkreis der Jubiläumsfeier sagt eigentlich alles darüber aus, wohin sich dieser "Nationalpark" (die Anführungsstriche müssen noch erläutert werden) in den zwanzig Jahren seines Bestehens entwickelt hat und wer darin die Richtung vorgibt.

Aus einer Verordnung wurde ein Gesetz: mit Zugeständnissen für die Tourismusindustrie

Bereits 1999 wurde die Weichen im Nationalpark neu gestellt: Damals wurde die Nationalparkverordnung in ein Nationalparkgesetz umgewandelt, die Verordnung aber nicht 1:1 übernommen, erste "Grenzkorrekturen" und Nutzungszugeständnisse für die Tourismusindustrie wurden in das Gesetz eingearbeitet.

Damit nicht genug. Die Tourismuskommunen auf den Inseln und dem Festland mit ihren politischen Netzwerkern hatten erkannt, dass man Einfluss nehmen konnte auf die damals SPD-geführte Landesregierung.

Flugplatz Juist

Sportflugplatz auf Juist: nach dem Verkehrsflughafen Hannover hat Juist die zweithöchste Start- und Landefrequenz in Niedersachsen

Schon zwei Jahre später wurde das Gesetz nach vorausgegangen intensiven Anhörungen der Kommunen novelliert. 2001 wurde der Nationalpark zwar auf fast 280.000 Hektar vergrößert und um Meeresgebiete vor Borkum und Baltrum und das Naturschutzgebiet "Dollart" in der Emsmündung erweitert, gleichzeitig wurden aber mehr als 80 Gebiete aus dem Geltungsbereich des Nationalparks entlassen oder in ihrer Zonierung heruntergestuft und der touristischen Nutzung zugeführt. Hier nur zwei Beispiele: An der Leybucht entstand eine Badestelle, die mit den Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses der Küstenschutz-Baumaßnahme und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (Rechtssache C- 57/89, sog. Leybuchturteil) kollidierte; auf Wangerooge entstand eine Anlandestelle für Wassersportler und gefährdetet damit die stark bestandsbedrohte Zwergseeschwalbe in diesem Bereich.

EU-Beschwerde gegen Nutzungserweiterungen

Da der Nationalpark auf seiner gesamten Fläche gemeldetes Vogelschutzgebiet nach der EU-Vogelschutzrichtlinie und in den Ruhe- und Zwischenzonen Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ist, das nicht durch eine Gesetzesänderung eines Bundeslandes in seinem gemeldeten Erhaltungszustand verschlechtert werden darf, reichte der "Wattenrat-Ostfriesland" eine sehr detaillierte und "gewichtige" Beschwerde (4 kg) bei er EU-Kommission ein. Diese Beschwerde wurde angenommen und in ein laufendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingearbeitet.

Zerschossenes Schild

"Naturliebhaber" auf Borkum: mit großem Kaliber gegen den Nationalpark

In einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme" an die Bundesrepublik Deutschland monierte die EU-Kommission am 10 April 2006, dass verschiedene Bundesländer die EU-Vogelschutzrichtlinie nur unzureichend umsetzten. Darunter ist auch Niedersachsen als eines der Schlusslichter in Deutschland. Im Falle Niedersachsens bemängelt die Kommission die unzureichende Berücksichtigung von Zugvogeldaten und die unzureichende Meldung in bestimmten "faktischen Vogelschutzgebieten", auch an der Küste. Mit dieser unzureichenden Meldepraxis wollte Niedersachsen offensichtlich die Ausweisung von Vogelschutzgebieten zu Gunsten von wirtschaftlichen Planungen, auch der Fremdenverkehrsindustrie, verhindern.

Verantwortlich für die Datenaufbereitung des Landes war der ehemaliger Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Niedersachen, Peter Südbeck, der seit November 2005 Leiter des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ist. Im Falle des Nationalparks kündigte die Kommission in dem Schreiben ( S.14) an: "Die obige Beurteilung [die unzureichende Meldung von Gebieten, d.Verf.] erfolgt weiterhin vorbehaltlich der endgültigen Klärung der Frage, ob im Zuge der Änderung der Nationalparkgrenzen 'Niedersächsisches Wattenmeer' unzulässige Löschungen von Teilbereichen des SPA [Special Protected Area, d.Verf.] 'Niedersächsisches Wattenmeer' vorgenommen wurde. Auch über diese Frage wird gesondert entschieden."

Informationshäuser Teil des touristischen Angebots

Doch es gibt auch durchaus Positives zu berichten: Der WWF und einige anerkannte Naturschutzverbände in Niedersachsen, darunter auch die Niedersächsische Landesjägerschaft, haben im Nationalpark Informationshäuser eingerichtet, die sich zu einem festen Bestandteil des touristischen Angebots entwickelt haben. In den Häusern werden Faltblätter und anderes Informationsmaterial der Nationalparkverwaltung angeboten, auf Führungen können sich die Besucher so über diesen Lebensraum informieren. Dafür zogen sich die Naturschutzverbände in Niedersachsen, insgesamt 14, weitgehend aus der naturschutzfachlichen Tagesarbeit im Wattenmeer zurück. Die jetzt regierende CDU-FDP-Landesregierung will allerdings die Mittel für die Nationalparkhäuser erheblich kürzen und hat auch die finanziellen Zuschüsse für die Naturschutzverbände weitgehend zurückgefahren und gefährdet dadurch das gute Informationsangebot.

Landesnaturschutzverwaltung in Niedersachsen wurde zerschlagen

In der Naturschutzverwaltung hat die Landesregierung ebenfalls schmerzhafte Fakten geschaffen. Das renommierte Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ) und die Bezirksregierungen mit ihren Oberen Naturschutzbehörden wurden bereits aufgelöst, die behördlichen Mitarbeiter des Landesnaturschutzes weitgehend in den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK) integriert. Dem Landesbetrieb wurde dafür ein "N" für Naturschutz angehängt. Das Amt heißt jetzt "Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz", NLWKN.

Der Vorgängerbetrieb war das "Staatliche Amt für Insel und Küstenschutz" (StAIK) in Norden/Ostfriesland, das schon Naturschutzaufgaben im Nationalpark übernommen hatte und die Zivildienstleistenden im Nationalpark stellte. Durch ständige Eingriffe in die Dünen- und Salzwiesenlandschaften mit unzureichenden Abstimmungen und Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen gab und gibt es, wie Insider berichten, häufig Konflikte mit der Nationalparkverwaltung. Die Integration der Landesnaturschutzbehörde NLÖ in den NLWKN macht deutlich, welchen großen Stellenwert die Landesregierung dieser erweiterten Küstenschutzbehörde und vor allem der küstenschutzorientierten Entwicklung des Nationalparks einräumt und wer im Zweifelsfall Herr im Hause des Nationalparks ist.

Zahlreiche Nutzungskonflikte

Mangelnde Aufsicht und Betreuung

Die Aufsicht im Nationalpark wird durch den NLWKN und parallel dazu von der Nationalparkverwaltung betrieben: Der NLWKN stellt jährlich 14 Zivildienstleistende, der Nationalparkverwaltung unterstehen 7 hauptamtliche Nationalparkwarte, von denen derzeit nur 4 im Dienst sind, die vakante Stelle auf Norderney soll nicht wieder besetzt werden. Die Nationalparkwarte rekrutieren sich aus früheren Dünenwärtern der Küstenschutzbehörde. Weder die die Zivildienstleistenden noch die Nationalparkwarte haben hoheitliche Befugnisse, können also auch keine Platzverweise erteilen oder Geldbußen bei Regelverstößen verhängen. Die gravierendsten bekannt gewordenen Verstöße im Jahr 2006 waren die Gelegeplünderungen in Lach, Herings- und Silbermöwenkolonien auf mehreren ostfriesischen Inseln; auf Langeoog wurde fast die gesamte Silbermöwenkolonie von 3000 Brutpaaren zerstört. Ebenfalls auf Langeoog wird seit 2001 illegal ein Golfplatz in der Zwischenzone des Nationalparks betrieben. Dafür wurden wertvolle Pflanzenbestände vernichtet, Herbizide eingesetzt und eine brütende Sumpfohreule ausgemäht, d.h. geköpft. Brutplätze von Wiesenvögeln wurden entwertet. Trotz eines Bußgeldbescheides spielen die Golfer weiter, der zuständige Landkreis Wittmund und die Nationalparkverwaltung unternahmen bisher nichts, um den illegalen Spielbetrieb zu unterbinden. Von einem Rangersystem wie in den USA ist dieser Nationalpark also noch weit entfernt, es wird politisch auch nicht gewünscht.

Belastungsfaktor Massentourismus

Ein Rangerystem vor dem Hintergrund des Massentourismus an der niedersächsischen Nordseeküste wäre dringend geboten. Der ist in der Tat der zentrale Nutzungskonflikt in diesem Großschutzgebiet, einige Zahlen mögen dies verdeutlichen.

Müll vom Strand

Juist: Strandmüll

Die Gesamtzahl der registrierten und von den Fremdverkehrkommunen jährlich an die Industrie- und Handelskammern gemeldeten Übernachtungen in den Küstenbadeorten und auf den Inseln des Nationalparks beträgt mehr als 30 Millionen, ohne die zusätzlichen Tagestouristen. Alleine in Ostfriesland mit seinen Inseln beträgt die Übernachtungsrate nach den gemeldeten Zahlen der Kommunen ca. 14 Millionen, das entspricht für Ostfriesland zusätzlich zur Wohnbevölkerung jährlich ca. 1,5 Millionen Personen in der Fläche, mit Autos, Sportflugzeugen, Sportbooten, Hunden oder Lenkdrachen.

Vor diesem Hintergrund sind die Nationalparkwarte auf fast 280.000 Hektar Schutzgebietsfläche ohne Fahrzeuge, ohne Boote und vor allem ohne Kompetenzen nicht nur hoffnungslos überfordert, sondern eher Statisten als ein tatsächliches wirksames Betreuungs- und Überwachungsorgan. Auch hier gilt die Binsenwahrheit, dass ein Gesetz nur so gut und wirkungsvoll ist, wie dessen Einhaltung überwacht wird.

Fischerei

Die Wattboden zerstörende Herzmuschelfischerei wurde bereits 1992 untersagt; die Miesmuschelfischerei darf auf ca. 80 Prozent des trocken fallenden Watts (Eulitoral) auf Wildmuschelbänken zur Saatmuschelgewinnung durchgeführt werden, auch in den strengsten Schutzzonen. Die kleinen Saatmuscheln werden an anderer Stelle des Watts bis zur Marktreife wieder ausgebracht. Durch das mechanische Abreißen der Muscheln von den Muschelbänken werden diese aber oft nachhaltig geschädigt, der Wiederbesiedelung ist durch die strukturelle Beschädigung gefährdet. Konsummuscheln dürfen nur von ständig überfluteten Wattenbereichen (Sublitoral) entnommen werden. Im Wattenmeer werden Garnelen und Schollen gefischt, obwohl sich die Fischerei jetzt hauptsächlich, auch durch Überfischung, vor die Inseln verlagert hat.

Jagd

Die traditionelle Wattenjagd mit Lockenten ist erst seit 1994 verboten. In der strengsten Schutzzone, der Ruhezone, ist auf den bewohnten Inseln und in den Salzwiesen des Festlandes die Jagd auf Wasservögel, Hasen, Kaninchen und Fasane an 10 Tagen im Jahr erlaubt. Die Jagd wird also auch an den Hochwasserrastplätzen von Wat- und Wasservögeln durchgeführt und führt zu erheblichen Beunruhigungen in diesem Schutzgebiet.

Küstenschutz

Die Küstenschutzbehörde greift oft schwer in die Bodenstrukturen des Watts und der Dünen ein. Insel- und Küstenschutz ist oft mit Zerstörung von Dünenstrukturen verbunden.

Wegebau in der Salzwiese

Wangerooge: Wegebau in der strengsten Schutzzone

Auf Juist wurden 2004 zur Inselsicherung im Westen der Insel ganze Dünentäler zugeschüttet. Salzwiesen werden häufig durch Grabensysteme noch viel zu stark entwässert, dies führt zur Verqueckung der Flächen mit Verdrängung der typischen Salzwiesenpflanzen. Regelmäßig werden in der Brutzeit Reparaturarbeiten in den Salzwiesenbereichen vorgenommen. Obwohl es seit 1995 die "10 Grundsätze für einen effektiveren Küstenschutz" der Niedersächsischen Landesregierung gibt, die u.a. die Entnahme von Boden für den Deichbau im Regelfall aus dem Binnenland vorsehen, favorisiert das Land jetzt wieder die Entnahme von deichfähigem Boden aus dem Deichvorland, also den Salzwiesen des Nationalparks. Konsequent umgesetzt, würde dies für die nächsten Jahre eine mehrere hundert Hektar große Entnahmefläche bedeuten.

Windenergie

Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer kann nicht ohne seine land- und seeseitigen Einzugsbereiche betrachtet werden. In der angrenzenden Marschenlandschaft des Binnenlandes befinden sich ausgedehnte Brut- und Rastflächen. Bei starken Hochwasserlagen, die die Salzwiesen überfluten, weichen die Rastvögel ins Binnenland aus. Seeseitig befinden sich Rast- Durchzugsgebiete von Meeresenten und Seetauchern. In den küstennahen Marschenbereichen wurden in den letzten 15 Jahren zahlreiche Wind"parks" mit Höhen bis zu 134 m errichtet, die neue Anlagengeneration erreicht über 180 m, also höher als der Kölner Dom. Auch in sog. "Important Bird Areas" wurden die Windkraftanlagen errichtet und vor allem im Landkreis Aurich, wo der Hersteller Enercon produziert, zahlreiche Vogelrastgebiete dadurch entwertet. Gerade Gänse und bestimmte Watvogelarten halten in der Regel mehrere hundert Meter Abstand zu den Windrotoren ein. Der Vogelschlag, also die Kollision mit den Rotoren, wurde an der Küste noch nicht systematisch untersucht.

Seeseitig im Wattengebiet "Nordergründe" zwischen Wangerooge und Cuxhaven dicht an der Nationalparkgrenze sind 25 Anlagen von über 180 m, vor Borkum 44 Anlagen geplant, beide Standorte liegen in "faktischen Vogelschutzgebieten" nach der EU-Vogelschutzrichtlinie. Dazu kommt die Planung von hunderten von Anlagen in der Nordsee in den Hauptzugrouten von See- und Küstenvögeln. Entgegen der landläufig propagierten Meinung sind Windkraftanlagen keine Alternative zu herkömmlichen Kraftwerken. Sie können nur betrieben werden, wenn sie in ein vorhandenes stabiles Stromnetz durch Wärmekraftwerke einspeisen. Die Auslastung der Windkraftwerke liegt an der Küste (!) bei ca. 16 - 17 Prozent, d.h. an nur ca. 1400 Stunden von 8760 möglichen Jahresstunden wird Windenergie völlig unregelmäßig über das Jahr verteilt in das Stromnetz eingespeist und ist zur "Versorgung" völlig ungeeignet.

Immer noch ein Grund zum Feiern?

Abschließend also noch einmal die Frage gestellt: Zwanzig Jahre "Nationalpark" Niedersächsisches Wattenmeer, ein Grund zum Feiern? Kaum! Es ist eben ein "Nationalpark" in Anführungsstrichen, einer auf dem Papier, der noch einen weiten Weg vor sich hat. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich die Mehrzahl der niedersächsischen Landespolitiker und Landespolitikerinnen außer in Sonntagsreden dem Schutz von Flora und Fauna verpflichtet fühlt, geschweige denn die Arten und deren Lebensansprüche zum Gegenstand ihrer politischen Handlungen macht. Der Nationalpark ist heute ein wesentlicher Bestandteil des touristischen Marketings geworden, Schutzziele sind offensichtlich nachrangig geworden.

Abgängiges Schild

Der Lack ist ab: 20 Jahre Nationalpark Nieders. Wattenmeer

Dieser "Etiketten"-Nationalpark soll noch eine weiteres schmückendes Etikett bekommen: UNESCO-Weltnaturerbe. Damit, so beruhigt fälschlich die Landesregierung die Nutzungsgemüter, seien keine weiteren Schutzintensivierungen zu befürchten. Auch dieses Prädikat ist, so die Presseverlautbarungen, ausschließlich für die Vermarktung des Nationalparks vorgesehen. Präsident der deutschen UNESCO-Kommission ist der niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche.

 
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