Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 172 (Mai 2006)
Naturschutzstiftung gegründet
Naturschutzstiftung mit den Landkreisen Wittmund, Friesland, der Stadt Wilhelmshaven und der Jever-Brauerei: nur im Suff zu ertragen?
Auf den ersten Blick hat das ja was: Eine Stiftung in den Landkreisen Wittmund, Friesland und der Stadt Wilhelmshaven soll Naturschutzprojekte in der Region fördern. Beim zweiten Hinsehen fallen die Akteure auf, die mehrheitlich in den vergangenen Jahren genau das Gegenteil von dem angerichtet haben, für das sie nun in die Öfffentlichkeit gehen. Es geht schlicht um den Ausgleich oder Ersatz von Eingriffen durch den Bau des geplanten Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven und um den Kommerz. Flächen als Kompensationsmaßnahmen stehen nicht ausreichend zur Verfügung, als muss mit Barem "ausgeglichen" werden. Das dafür zur Verfügung stehende Geld muss verwaltet und ausgegeben werden. Warten wir es ab, wie und zu welchem Zweck. Nur: Naturschutz als staatliche Aufgabe? Das war einmal, nun muss auch dafür gebechert werden, nämlich mit Bier von der Jever-Brauerei, die sich gern mit einem grünen Umweltmäntelchen kleidet, um den Umsatz anzukurbeln.
Wenn Hauptverwaltungsbeamte, Landwirte und Industrievertreter vom "Naturschutz" reden, sollte immer Vorsicht geboten sein, oft ist auch der Tourismus gemeint. Als im "faktischen Vogelschutzgebiet" Norden-Esens Planungen von Windkraftstandorten, Umgehungsstraßen oder Golfplätzen durchgezogen wurden, war der Naturschutz lästig bis überflüssig. Ein Golfplatz auf Langeoog in einem gemeldeten Vogelschutzgebiet wurde vom Landkreis Wittmund rechtswidrig genehmigt; europäisches Naturschutzrecht wird auf kommunaler Kumpaneiebene fleißig ignoriert. Auch die kleinen Dinge werden übersehen: Seit mehr als zehn Jahren ist es dem Landkreis Wittmund nicht gelungen, im nachstehend erwähnten Naturschutzgebiet "Ochsenweide" bei Esens die abgängigen offiziellen Naturschutzgebietsschilder zu ersetzen.
Naturschutz mit solchen Akteuren? Inhaltlich ernst gemeint sind hier der Zugriff auf neue Geldtöpfe und das eigene Image, mit Hilfe der Presse mal wieder gut verkauft. Der Naturschutz wird nicht als Lebensgrundlage, sondern als willkommenes Vehikel zur Selbstdarstellung missbraucht. Auch auf kommunaler Ebene entfernt sich unser Staat immer weiter von dieser öffentliche Aufgabe, die auch als Staatsziel im Artikel 20a des Grundgesetz formuliert ist. Dieses Ziel sollte, ganz nüchtern, auch ohne öffentlich propagierten Bierkonsum zu erreichen sein.
Wir zitieren aus dem Anzeiger für Harlingerland, Witmund 10.05.2006
"Meilenstein" für den Naturschutz
Arbeit der Stiftung hat im Wangerland und im Landkreis Wittmund schon begonnen
Landrat Ambrosy: Jade-Weser-Port bringt die Region zusammen.
NEUENBURG/RA - "Das ist ein Meilenstein in der Geschichte des Naturschutzes." So bewertete Frieslands Landrat Sven Ambrosy die gestrige Gründung der Naturschutzstiftung Friesland, Wittmund, Wilhelmshaven (siehe Seite 1). Ambrosy skizzierte kurz die Vorgeschichte, die 2001 begann, als Wilhelmshaven Standort des Jade-Weser-Ports wurde. "Nun musste die Region mehr denn je zusammenrücken." Mit Blick auf die zu erwartenden Kompensationsflächen sei 2003 die Flächenagentur gegründet worden, die vom Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Friesland, Armin Tuinmann, betreut wird.
Er ist übrigens auch designierter Geschäftsführer der neuen Stiftung, in die die Landkreise und die Stadt jeweils 12000 Euro einbringen. Daneben unterstützen Sponsoren wie etwa die LandesSparkasse zu Oldenburg, das Kreislandvolk und in besonderem Maße das Friesische Brauhaus zu Jever die neue Einrichtung. Allein deren Aktion "Jede Kiste schützt die Küste" spülte schon 130000 Euro in die Stiftung. Die werde sich vehement für die Verbesserung der Lebensräume von Pflanzen und Tieren einsetzen, was ja nicht zuletzt auch dem Tourismus zugute komme. Mit Blick auf die geplante A 22 wies Frieslands Landrat noch darauf hin, die Widerstände gegen die nördliche Trasse durch den südlichen Landkreis Friesland seien schon so groß, dass man sich für eine der mittleren Trassen entscheiden sollte, schon aus Zeitgründen. "Heute ist ein großer Tag für den Naturschutz," würdigte Wittmunds Landrat Henning Schultz das Kreis- und Stadtgrenzen überschreitende Projekt. Schultz sagte vor allem Armin Tuinmann für die geleisteten Vorarbeiten sowie dem Brauhaus Dank, das sich die weitere Förderung der Stiftung auf seine Fahne geschrieben habe.
Als "weiteren Schritt in die Zukunft" bezeichnete Wilhelmshavens OB Eberhard Menzel die Gründung der Stiftung. Ausgangspunkt sei das Großprojekt Jade-Weser-Port mit mehreren 100 Hektar Kompensationsbedarf gewesen. Als Motto seiner Ansprache hatte Brauhaus-Geschäftsführer Wolfgang Speth "Die phantastischen Vier" gewählt. Damit hob er zum einen auf Hopfen, Malz, Hefe und Brauwasser ab, zum andern bezeichnete er so die Gründungsmitglieder der Stiftung. Grundsätzlich sei eine gesunde Natur die Grund- lage für natürliche Zutaten. "Mit der neuen Naturschutzaktion und unserem Engagement in der Stiftung leisten wir einen verantwortungsvollen Beitrag für die Region - und für unser Jever," so Wolfgang Speth.
Der designierte Geschäftsführer der Naturschutzstiftung, Armin Tuinmann, gab schließlich noch einen kleinen Ausblick auf Projekte der Stiftung. Begonnen habe man mit der Arbeit schon, mit dem Gelegeschutz im Wangerland. Tuitmann lobte hier auch die Bereitschaft der Landwirte, am Projekt mitzuarbeiten. "Das motiviert kräftig," so Tuinmann. Überlegt würden etwa ein Lehrpfad auf Wangerooge und im Landkreis Wittmund das Projekt Naturschutzgebiet "Ochsenweide".
Die Gründungsfeier schloss mit der Unterzeichnung der Urkunden sowie der Vorstellung eines Logos. Musikalisch umrahmten vier Akteure der Instrumental-AG des Lothar-Meyer-Gymnasiums aus Varel den Vormittag im Schloss.