ates im Na Wattenrat - Aktuelles - Artikel Nr. 128

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Trilala im Wattenmeer: War da was?

10te Trilaterale Wattenmeerkonferenz vom 2-3 November 2005 auf Schiermonnigkoog/NL

Wenn die 10. Wattenmeerkonferenz nicht stattgefunden hätte, wäre es bemerkt worden? Außer Spesen nichts gewesen, inhaltlich hat auch die Presse kaum berichtet, und wenn dann nur mit den Sprüchen der Nutzer im "Wattenmeerforum", die sich jetzt als die wahren Naturschützer gerieren.

Daran sind die Naturschutzverbände, oder was davon übrig geblieben ist, nicht ganz schuldlos. Bis vor ca. zehn Jahren noch hatten die Verbände eigenständige Positionen offensiv vor und während der Regierungskonferenzen vertreten, erinnert sei an die sechste Trilaterale Wattenmeerkonferenz in Esbjerg/DK mit ihren zahlreichen Forderungen, von denen kaum etwas in die Praxis umgesetzt wurde. Kleine Erfolge wie die Renaturierung einzelner Salzwiesen oder die Verbot der Wasservogeljagd (nicht aber das Verbot der Jagd auf Hase und Fasan in den Salzwiesen, also in den Rastgebieten der Wat- und Schwimmvögel), werden als "Errungenschaften" gepriesen, der (Massen-) Tourismus als Einnahmequelle gelobt. "Keep on going!" fordert Hans-Ulrich Rösner (WWF) im "Wadden Sea Newsletter No.1/2005" (p. 4 und 5) in der "Position statement of Nature NGOs" auf. Weitermachen wie bisher im Wattenmeer, Herr Rösner?

Sind die Probleme der Muschelfischerei, die fehlenden Schutzzonen für Garnelen und Plattfische, die gewaltigen Baggerungen und Verklappungen, die mangelnde Aufsicht und fehlende qualifizierte und und mit Rechten versehene Ranger gelöst? Warum fehlen Ausssagen zur Nationalpark-Gesetzesnovellierung 2001 in Niedersachsen mit Herausnahme von über 80 Schutzgebieten für die touristische Nutzung in einem gemeldeten FFH- und EU-Vogelschutzgebiet? Keep going? Ja, sie werden es tun!

Die Position der Naturschutzverbände zu Schiermonnigkoog unter der Federführung des WWF liest sich wie ein müder Aufguss der früheren Beharrlichkeit und Wachheit der Naturschutzverbände, nun mit stark reduzierten Themen. Immerhin, trotz der offensiven Befürwortung von Windkraftanlagen und der Vermarktung von "Naturstrom" durch BUND und NABU, finden sich an dieser Stelle auch kritische Worte zur Offshore-Nutzung, siehe Position of the Nature NGOs on the Declaration of the 10th Trilateral Governmental Conference on the Protection of the Wadden Sea, 3 November 2005, on Schiermonnikoog (pdf-Datei, ca. 97KB).

Der Wattenrat hat schon wiederholt auf den Paradigmenwechsel im Wattenmeerschutz hingewiesen, Marketing statt Naturschutz durch das "Wattenmeerforum" mit Unterstützung des WWF und unter Einbindung der offensichtlich ahnungslosen oder ignoranten und weit vom Ort des Geschehens dilletierenden Naturschutzverbände, zuletzt im Artikel Wattenmeerforum - Naturschutz fiel ins eiskalte Wasser im April 2005.

Nun haben die Böcke als Gärtner das Wort, einer davon blökt besonders häufig in den ostfriesischen Gazetten: der Landrat des Landkreises Aurich, Walter Theuerkauf (SPD), auch Vorsitzender des Nationalparkbeirates im Natioanlpark Niedersächisches Wattenmeer. Als erfahrener Sozi weiß Theuerkauf, wie man die Umarmungs- und dann Ausgrenzungstaktik betreibt, deren Opfer die Naturschutzverbände im "Wattenmeerforum" wurden. Ein anderer ist Landvolkpräsident und äußert sich als "Experte" zum angeblichen Anwachs der Salzwiesen.

Wo sich Salzwiesen nennenswert "vergrößert" haben sollen, ist sein Geheimnis. Fakt ist, dass die Salzwiesen in den drei Anrainerstaaten in den letzten Jahrzehnten über 200 Quadratkilometer durch Deichbaumaßnahmen kleiner geworden sind. Inhaltliches zum Schutz und zur Weiterentwicklung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer hört man von Theuerkauf nicht. Theuerkauf war einer der Strippenzieher, der dafür gesorgt hat, dass durch die Novellierung des Nationalparkgesetzes 2001 wesentliche Flächen aus dem Nationalpark Niedersächisches Wattenmeer für den Tourismus herausgenommen wurden. Völlig irreführend ist seine Behauptung, mit dem UNESCO-Prädikat "Weltnaturerbe" wären keine neuen Rechtsvorschriften für die Nutzung des Wattenmeeers verbunden. Selbstverständlich macht die UNESCO Auflagen. Theuerkauf und seine "Wattenschützer" wollen das UNESCO-Prädikat ausschließlich aus Vermarktungsgründen für das Wattenmeer.

Die Nutzung der Presse und Desinformation im PR-Stil entwickelt sich offensichtlich zur Standardform der Kommunikation.

Wir zitieren aus den Zeitungen:

Anzeiger für Harlingerland 09.11.2005:

Fortschritte beim Wattenschutz

Schadstoffbelastungen rückläufig und Seehundbestände erholt
Der Schutz des Wattenmeeres macht Fortschritte, sagt Aurichs landrat Walter Theuerkauf nach der 10. "Trilateralen Regierungskonferenz". Aber noch sind gravierende Probleme zu lösen.

AURICH/JOK - Der Schutz des Wattenmeers macht Fortschritte, doch es bleiben noch gravierende Probleme, die gelöst werden müssen. Dieses Fazit zog der Auricher Landrat Walter Theuerkauf gestern in einer Pressekonferenz nach 27 Jahren Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten Deutschland, Niederlande und Dänemark. Aufhänger war die 10. "Trilaterale Regierungskonferenz", die jetzt auf der Insel Schiermonnikoog stattfand. Walter Theuerkauf ist Vorsitzender des Beirates Niedersächsischer Nationalpark Wattenmeer und als solcher Mitglied im Wattenmeer-Forum.

1997 war in Stade beschlossen worden, ökologische Vorgaben umzusetzen. "Wir haben schon viel erreicht," resümierte Theuerkauf. Die Schad- und Nährstoffbelastungen seien aufgrund der verbesserten Abwasserbeseitigung deutlich zurückgegangen, zahlreiche Salzwiesen hätten sich auf natürliche Weise vergrößert und die Seehund- und Brutvogelbestände erholt.

Trotzdem kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Der Landrat verwies auf die etwa aus Schiffsanstrichen stammenden Schwermetalle in der Nordsee hin, die sich nur langsam abbauten und ein erhebliches Risiko für Fauna und Flora seien. Außerdem würden Miesmuscheln und andere Meerestiere durch eingewanderte Arten wie die Pazifische Auster bedroht.

Das Wattenmeerforum, 2001 in Esbjerg gegründet, meldet erste Erfolge. "Unsere Vorschläge wurden von der Konferenz positiv aufgenommen," erklärte Theuerkauf. Die meisten Schiffe hätten mittlerweile moderne Identifizierungssysteme an Bord, damit lückenlos überwacht werden könne, wenn sie in die Nordsee einfahren und sie wieder verlassen würden. Lücken habe noch die Notfallhilfe bei Schiffshavarien. "Deutschland muss einen stärkeren Schlepper bauen, die ,Oceanic' reicht nicht mehr aus," unterstreicht der Landrat eine Forderung des Forums. Allein die deutschen Seehäfen würden jährlich von 150000 Schiffen mit rund 250 Millionen Tonnen Fracht angesteuert. Die Verkehrsdichte auf der Nordsee nehme zu. "Deshalb brauchen wir ein gemeinsames Unfallmanagement", betonte Theuerkauf.

Sorgen bereitet der Anstieg des Meeresspiegels durch die Erwärmung der Erde. "Experten schätzen eine Zunahme von 30 bis 40 Zentimetern innerhalb von 100 Jahren. Das ist bei unseren heutigen Deichhöhen noch verkraftbar". Da die Auswirkungen des Klimawandels aber letztendlich nicht genau berechenbar seien, müsse man durch zusätzliche Küstenschutzmaßnahmen vorbeugen, um für einen möglichen weiteren Anstieg des Meeresspiegels gewappnet zu sein. "Und wir müssen intensiv be- obachten, wie sich die Sturmfluten entwickeln," mahnt der Landrat. In einem Punkt sind sich die drei Nordsee-Anlieger uneinig: die Anmeldung des Wattenmeeres bei der Unesco zur Ausweisung als Weltnaturerbe. Deutschland und Holland stellen einen Antrag ohne die Dänen. Sie argumentieren, dass sie dieses Thema mit ihrer Bevölkerung noch nicht ausdiskutiert hätten, und befürchten weitere Naturschutz- Auflagen. Solche Bedenken hält Walter Theuerkauf für unbegründet. Mit dem Prädikat "Weltnaturerbe" wären keine neuen Rechtsvorschriften für die Nutzung des Wattenmeeers verbunden. Es solle lediglich die bestehenden Regelungen sichern.

Ostfriesen Zeitung, Leer, 09.11.2005:

Wattenmeerländer wollen neuen Hochseeschlepper

UMWELT Konferenz von Deutschen, Niederländern und Dänen fast Beschlüsse zur Sicherheit auf See
Keine Einigkeit besteht über die Aufnahme in das Weltnaturerbe. Die Dänen wollen noch keinen Antrag stellen.

Aurich /LÜP - Die Umweltminister von Deutschland, den Niederlanden und Dänemark wollen einen neuen Hochseeschlepper bauen lassen und in der Nordsee einsetzen. Außerdem soll das Havariekommando in Cuxhaven in Zukunft bei Notfällen die Führung in allen drei Ländern übernehmen. Das ist das Ergebnis der 10. trilateralen Wattenmeerkonferenz, die am Wochenende auf Schiermonnikoog tagte.

Als Vorsitzender des Beirates des niedersächsischen Nationalparks und Mitglied des Wattenmeerforums nahm der Auricher Landrat Walter Theuerkauf an der Konferenz teil. Er informierte gestern in einem Pressegespräch über die Ergebnisse. Wie Theuerkauf sagte, müssen die Beschlüsse noch jeweils in nationales Recht umgesetzt werden. Sie seien jedoch weit mehr als eine bloße Absichtserklärung: "Das wird so kommen", sagte Theuerkauf.

Die Beschlüsse gingen auf Vorschläge des Wattenmeerforums zurück. Diesem gehören Experten aus Landwirtschaft, Schifffahrt, Fischerei und anderen Wirtschaftszweigen an der See an. Für Ostfriesland ist neben Theuerkauf auch Landvolkpräsident Erich Hinrichs in dem Gremium.

Nach seinen Angaben hat sich die ökologische Situation des Wattenmeeres zwischen den Helder in den Niederlanden und Esbjerg in Dänemark verbessert. Die Flüsse brächten weniger Schadstoffe mit, die Salzwiesen seien gewachsen. Allerdings gelangten noch immer Schadstoffe aus Schiffsanstrichen ins Nordseewasser, und das Ökosystem leide unter eingewanderten Lebewesen wie der pazifischen Auster, die Bestände der Miesmuschel bedrohten.

Wie Theuerkauf sagte, konnten sich die drei Länder nicht darauf einigen, die Aufnahme in das Weltnaturerbe der Unesco zu beantragen. Deutschland und die Niederlande würden daher zuerst die Aufnahme beantragen, Dänemark könne sich später anschließen. "Ob die Unesco diesen Weg mitmacht, wird sich zeigen", so der Landrat. Möglicherweise bestehe die Unesco darauf, dass der Antrag zugleich für das gesamte Wattenmeer gestellt werde.

 
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