Wattenrat

Ost-Friesland

- unabhängiger Naturschutz für die Küste -

Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 123 (Oktober 2005)

Die Vogelgrippe sorgt in Europa für Unruhe

"Feuer frei" auf Enten in Niedersachsen zwecks "Beprobung"
Kann der Virus H5N1 auch mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen?

Im Prinzip ja, wenn es auch unwahrscheinlich ist, da die Zugrouten der hiesigen Rastvögel an der Küste überwiegende aus den arktischen Bereichen stammen und nicht aus Gebieten, wo die Vogelgrippe bisher sicher nachgewiesen wurde.

Allerdings: Die neu aufgetretenen Fälle von Vogelgrippe in der Nähe von Moskau liegen im Zugvogelbereich von Russland an die Nordseeküste. Am Niederrhein, in den bekannten Gänserastgebieten, werden Kotproben gesammelt und untersucht. Bisher fielen diese Untersuchungen auf H5N1 negativ aus.

In Niedersachsen dagegen darf auf Grund einer Verordnung des Landwirtschaftsministeriums außerhalb der Jagdzeiten auf sieben Entenarten geschossen werden, um "Proben" zu entnehmen, von Hobbyjägern, die jetzt laut Pressemeldungen zur "Seuchenvorsorge" beitragen. Auch hier waren die bisherigen Proben, wie erwartet, negativ. Wer die tatsächliche Anzahl der getöteten Tiere für diesen Zweck protokolliert und kontrolliert, ist völlig unklar. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass man die vorgezogene Jagdzeit auch einfach zur willkommenen Ausdehnung der Jagd auf Wasservögel nutzt, ganz ohne den Hintergrund der Vogelgrippe.

Die ebenfalls zum Abschuss freigegebene Knäkenente ist längst als Langstreckenzieher in Richtung Afrika abgezogen und wird sich hier kaum zur "Beprobung" schießen lassen.

In der Türkei und in Rumänien wurde die Jagd sofort untersagt, um die Einschleppung des H5N1-Virus durch unsachgemäße Behandlung der getöteten Wildvögel in Hausgeflügelbestände zu unterbinden. Aber unsere Mehrzweck-Jäger sind ja Naturschützer, Seuchenhygieniker und vor allem Fachleute für Wasservögel, deren geographische Herkunft sie über Kimme und Korn sofort erkennen können.

Warum man an den bekannten Rastplätzen nicht durch Jäger sondern durch Fachleute Kotproben nehmen lässt, ist unverständlich.

Aktuelle Informationen zur Situation findet man hier auf den Seiten des Instituts für Vogelforschung (Vogelwarte Helgoland).

Wir zitieren aus der Hannoverschen Allgemeine Zeitung vom 07.10.2005:

Land lässt 450 Wildvögel schießen

Schonzeit für Wildenten muss aufgehoben werden / Naturschutzverbände kritisieren Landwirtschaftsminister

Hannover (mak/ddp). Das Landwirtschaftsministerium in Hannover hat die Jäger beauftragt, 450 Wildvögel abzuschießen. Um dem Einschleppen der Vogelgrippe entgegenwirken zu können, sollen Veterinäre Wildenten und Wildgänse zerlegen und die Kadaver auf einen möglichen Befall durch den Virus untersuchen. Umweltschützer üben an der Aktion scharfe Kritik. "Jetzt ist es schon so weit, dass Vögel nur auf Verdacht erlegt werden können", sagte Manfred Knake vom Wattenrat Ostfriesland in Esens bei Aurich.

Das Landwirtschaftsministerium fordert Landkreise und kreisfreie Städte auf, die Schonzeiten für sieben Wildentenarten bis zum 15. Januar aufzuheben, teilte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag auf Anfrage mit. Die Jäger in bestimmten Gebieten - unter anderem am Steinhuder Meer und am Dümmer - sollen die Tiere abschießen und die Kadaver an die zuständigen Veterinärämter weiterleiten, heißt es in dem Schreiben aus dem Landwirtschaftsministerium. Von 150 Vögeln sollen eigentlich nur frische Kotproben genommen werden. Der Ministeriumssprecher musste aber eingestehen, dass die Vögel dafür wahrscheinlich getötet werden müssen. Um den Abschuss zu ermöglichen, muss die eigentlich für mehrere Entenarten noch bis zum 15. Januar geltende Schonzeit aufgehoben werden. Wie viele Vögel Jäger bereits getötet haben, konnte der Ministeriumssprecher nicht sagen. Bislang gebe es keinen positiven Befund.

Wattenratsprecher Knake bezeichnete die Aufhebung der Schonzeit als "blinden Aktionismus". Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Nabu, Hans-Jörg Helm, griff Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) an. "Hier sieht ein Mann rot", sagte er. Wenn schon im Auftrag der Wissenschaft Tiere getötet werden müssen, dann dürfe dies nicht in jagdberuhigten Zeiten passieren, meinte er."


Niedersächsisches Ministerium
für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

An die Jagdbehörden der Landkreise
Aurich, Diepholz, Emsland, Friesland, Leer, Nienburg, Vechta,
Wesermarsch, Stade, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg,
Region Hannover,
Stadt Emden

407 - 42287-51 (0511) 120 - 2279 13.09.2005

Schutz vor der Verschleppung der Klassischen Geflügelpest Verordnung über die Jagdzeiten vom 2. April 1977 (BGBl. I S. 531), zuletzt geändert durch VO vom 25. April 2002 (BGBl. I S. 1487) Niedersächsiche Verordnung über Jagdzeiten vom 6. August 2001 (GVBl. S. 593)

Zum Schutz vor der Verschleppung der Vogelgrippe gebietet es die Vorsorge, frühzeitig Maßnahmen zur Verhinderung einer Seuchenausbreitung zu ergreifen und eine stärkere Kontrolle in Risikobereichen vorzunehmen. Der bald einsetzende Vogelzug der Zugvögel aus den östlichen Tundrenregionen in wärmere Gefilde könnte eine mögliche Infektionskette bilden. Um Auskunft über mögliche Infektionen rechtzeitig zu erhalten, sind stichprobenartigen Untersuchungen an Wasserfederwild erforderlich. Die für eine Beprobung bedeutsamsten Arten und Untersuchungsgebiete sind im anliegenden Merkblatt genannt.

Die genannten Entenarten haben nach Landes-, bzw. Bundesrecht nur tlw. oder keine Jagdzeit. Daher ist es für eine Beprobung erforderlich, die Schonzeiten auf Grundlage von § 26 Absatz 3 NJagdG vorübergehend aufzuheben. Die Landkreise und kreisfreien Städte, in deren Gebiet die in der Anlage genannten Untersuchungsgebiete liegen, werden daher gebeten, die Schonzeit für Knäk-, Krick-, Pfeif-, Spieß-, Reiher- und Tafelente vom 20. September 2005 bis zum 15. Januar 2006 aufzuheben.

Im Auftrag

 
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