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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 115 (Dezember 2009)

BorWin 1 - Offshorekabelverlegung im Wattenmeer 2009

Sensibler Lebensraum Wattenmeer muß frei von Schäden bleiben

2009 wurde das Offshorekabel für das Projekt BorWin 1 im Wattenmeer zwischen Hilgenriedersiel und Norderney verlegt. Es realisiert den Anschluß des Windparks "BARD Offshore 1" an das landseitige 380-kV-Netz. Ende August waren die Hauptarbeiten im Wattenmeer abgeschlossen. Wir schauen zurück.

Rückblick

Wer den Vergleich umfassend vollziehen möchte, lese bitte unsere 3 Beiträge inkl. Fotodokumentation der Arbeiten im Jahr 2008 für die Kabelanbindung von "Alpha Ventus":

2009 hatten wir im Vergleich zum Vorjahr eine völlig andere Situation. Allen Beteiligten saßen die ausgesprochen schlechten Erfahrungen im Nacken, dementsprechend war der Wille es besser zu machen, deutlich spürbar. Die erste Hälfte der Verlegearbeiten mittels Vibrationspflug der Firma Bohlen & Doyen aus Wiesmoor wird auf unseren Seiten hier geschildert: BorWin1-Kabelverlegung 09 im Wattenmeer und BorWin1-Kabelverlegung ist am Riffgat angelangt. Südlich des Riffgats spannte man den Vibrationspflug aus und im Bereich des Fahrwassers wurden die Kabel mittels Spülschlitten auf Verlegetiefe gebracht. Das Umspannen gestaltete sich in diesem hochdynamischen Raum entsprechend schwierig und erforderte Höchstleitungen von Mann und Gerät, zusätzlichen Druck erfuhren die Arbeiten hier durch hohe Niedrigwasserstände, was die Arbeitszeitfenster merklich kürzt - Wettlauf mit der Nipptide.

Nach der erfolgten Wiedereinsetzung des Vibrationspfluges nördlich des Riffgats waren die spannendsten Phasen der Verlegung schon fast bewältigt; wenn es bei dem Ziel, den Leerrohren südlich des Grohdepolders nicht extrem flach und dadurch für das schwimmende Equipment schwierig zu erreichen wäre. Durch einen guten Zeitplan konnte hier eine Springtide genutzt werden, wobei die getätigten Anstrengungen der Männer vor Ort sich nicht ansatzweise in einem solch lapidaren Satz widerspiegeln können.

Bilder

BoDo-Flotte nördlich vom Riffgat

Spülschlitten, warten auf NW

Gespülter Trassenbereich am Riffgat

Umspannen unter Druck nördlich vom Riffgat

Grohdewatt, ein Bagger zieht Spuren im Mischwatt

Vibrationspflug - Warten auf NW

Spuren begegnen sich, vorn von 2009, hinten von 2008

Verlegung im Grohdewatt

Die Baggerspur 4 Monate später

Ankunft der Kabelverlegung am Grohdepolder

Fazit

Auch bei äußerster Anstrengung wird deutlich, daß es sich bei der Kabelverlegung um einen großflächigen und langfristigen Eingriff in das Wattenmeer handelt. Jede Verlegung und schon allein nur die Anwesenheit großtechnischen Equipments ist für diesen schützenswerten Lebensraum immer so etwas wie eine Waldschlößchenbrücke. Auch wenn Umweltminister Röttgen in seiner Regierungserklärung im November 2009 sagte: "Ökosysteme sind die Grundlage allen Lebens", kann das Wattenmeer sich nicht auf solche zumeist inhaltslosen Sprechblasen verlassen. Auch nicht auf einen wirksamen Beistand der Umweltverbände. Anfang 2002 vernahm man noch Folgendes:

Die Umweltverbände BUND und WWF lehnen ein Stromkabel durch den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer strikt ab.

[...]

WWF und BUND sehen durch die Verlegearbeiten in dem sensiblen Naturraum erhebliche negative Auswirkungen für die Wattflächen, Seegraswiesen, Miesmuschelbänke, Seehunde, Rastvögel und andere Lebewesen im Wattenmeer.

Die Verlegung des Stromkabels durch das Schutzgebiet ist nach Ansicht der Verbände mit dem Nationalparkgesetz und der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie nicht zu vereinbaren. "Deswegen werden wir alle juristischen Mittel ausschöpfen, um eine Kabeltrasse durch den Nationalpark zu verhindern, damit hier kein Präzedenzfall geschaffen wird," sagte eine Sprecherin von BUND und WWF.

Der Präzedenzfall ist, nachdem das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erkoren wurde, mittlerweile fast schon der Normalfall geworden. Jedenfalls freut sich das Wattenmeer schon über eine "Kabelpause" in 2010, grundsätzliche Einwände seitens der Verbände gegen eine Trassenquerung durch den Nationalpark sind kaum zu vernehmen. 2009 feierten Presse und Politik die gute Tat und Landrat Walter Theuerkauf sonnte sich vor Ort im Glanz des "naturschonenden Verfahrens". Nur, wo war er im Jahr davor? Wir sehen daran, daß ein solches Projekt sich immer etwas wie ein Investitionstanker verhält. Einmal aufgepumpt mit Geld, Ziel und Fahrt, ist kaum eine Korrektur mehr möglich.

Der hier sehbehindert agierende politische Wille schiebt den Kabelverlegungstanker bis zum Sichtbarwerden der Grenze des Erträglichen und vergißt, daß die der Vernunft bereits um Längen überschritten worden ist.

Text und Bilder: Onno K. Gent

 
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