Ein Kommentar von Manfred Knake
Nach dem Ende der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen machte sich vorsichtige Hoffnung breit, die neue rot-grüne Landesregierung könnte den Naturschutz – wie sie vorgibt – tatsächlich stärken. Immerhin hatte es der neue Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) geschafft, den Leiter des bisher eigenständigen Naturschutzressorts im Umweltministerium kaltzustellen – jenen Leitenden Ministerialrat Bernd-Karl Hoffmann, der unter FDP-Umweltminister Hans-Heinrich Sander zum höchstbezahlten amtlichen Naturschützer aufgestiegen war und dann den Naturschutz ins Abseits manövriert hatte. Ein überfälliger erster Schritt, immerhin. In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und beim Wattenrat wurde Hoffmann zudem als ehemaliger Informeller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR mit dem IM-Namen „Rene´“ enttarnt, was seiner Karriere in Niedersachsen aber nicht abträglich war und nur dem Chronisten ein später eingestelltes Ermittlungsverfahren des bundesrepublikanischen „Staatsschutzes“ einbrachte.
Katzenjammer steht bevor
Das vorzeitige Ausscheiden Hoffmanns war auch nur mit der Auflösung der von ihm geführten selbstständigen Referatsgruppe Naturschutz erreicht worden. Doch der Katzenjammer wird nun voraussichtlich schneller als erwartet kommen. Jetzt ist der Naturschutz in der Abteilung Wasserwirtschaft im Umweltministerium von Minister Wenzel verortet, die zwar auch Naturschutz im Namen führt, wo dem Naturschutz aber das Wasser nicht nur bis zum Hals stehen wird, sondern wo er buchstäblich unterzugehen droht. Zwar fehlt es im Umweltministerium nicht unbedingt an Personen, die den Naturschutz angemessen und vor allem fachlich vertreten könnten. Diese Personen sind aber weitgehend ohne Einfluss – trotz ihrer Zugehörigkeit oder bisherigen Nähe zur grünen Partei. Der Naturschutz ist im Umweltministerium tatsächlich führungslos. Minister und Staatssekretärin treten in diesem Bereich eher als Laienspieler auf – ohne Konzepte, ohne Ideen, desorientiert und möglicherweise auch desinteressiert. Hinzu kommt der Umstand, dass der Naturschutz im Verdacht steht, die „Energiewende“ wegen der notwendigen Verteidigung schöner Landschaften und Lebensräume seltener Vögel und Fledermäuse zu behindern. Eine Todsünde in den Augen des schon zum Glaubensbekenntnis erhobenen „Klimaschutzes“ und der „erneuerbaren“ Energie bei den Grünen, weshalb der Naturschutz schon deshalb kaum auf die dringend gebotene politische Stärkung hoffen darf.
Der neue Schillernde
Dazu passt eine Personalie: Dem Vernehmen nach soll die Lücke, die Ministerialrat Hoffmann hinterlässt, ein Mann aus dem Umweltministerium ausfüllen, der sich wie kaum ein anderer als Mann der Energiewende versteht und – wie passend – vom Naturschutz nicht den geringsten Schimmer hat. Die Rede ist von Christian Schwarzenholz, Jahrgang 1951. Eine schillernde Person, welche die Parteibücher wechselte wie andere das Oberhemd. Christian Schwarzenholz gehörte als junger Mann der FDP an, wurde aber dort wegen „antiparlamentarischer Haltung“ ausgeschlossen. Von 1994 bis 1999 war er Abgeordneter der Grünen im Niedersächsischen Landtag. Danach gehörte er bis 2003 als fraktionsloser Abgeordneter, aber nun als Mitglied der PDS, deren erster Landtagsabgeordneter in West-Deutschland er damit war, dem Landesparlament an. Der herbeigehoffte Frühling des Naturschutzes zwischen Ems und Elbe könnte also beendet sein, bevor er überhaupt begonnen hat. Schwarzenholz könnte mit der Mission in den Naturschutz entsandt werden, den Naturschutz in energiepolitischen Fragen auf grünen Kurs zu bringen und so lästige Naturschutzhemmnisse beim Ausbau der „erneuerbaren“ Energie zu umgehen. Er dürfte das sogar ohne ausdrücklichen Auftrag schaffen.
Naturschutz, quo vadis?
Bisher ist auch nicht erkennbar, was aus dem Naturschutz im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) werden soll, wohin einst Ministerpräsident Wulff (CDU) und Umweltminister Sander (FDP) die früher renommierte Fachbehörde für Naturschutz, das Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ), verbannt hatten, und wo der Naturschutz im jetzigen NLWKN, schon am Kürzel erkennbar, an letzter Stelle rangiert. Gewiss ist nur eins: Auch Minister Wenzel wird den Naturschutz aus dieser Verbannung nicht herausführen. Der Naturschutz ist dort nach zehn Jahren liberaler Zersetzung so kafkaesk sortiert, dass es einer durchgreifenden Reform bedürfte, zu der dieser Betrieb selbst nicht in der Lage ist. Aber auch das scheint die Landesregierung nicht so recht zu bedrücken.
Landwirtschaftsminister Christian Meyer der bessere Naturschützer?
Kritiker meinen, der Naturschutz sei derzeit bei Landwirtschaftsminister Christian Meyer besser aufgehoben. Umweltminister Wenzel verstehe nichts vom Naturschutz und habe auch keinen rechten Zugang zum Thema. Meyer hingegen warte auf diesem Gebiet mit Fakten auf wo Wenzel nur blass wirke. Die Naturschutzverbände könnten die Eigenständigkeit des Naturschutzes oder den Ressortwechsel fordern; sie sind aber vorrangig bemüht, aus der Lage für sich selbst Vorteile zu erwirken, personell und materiell. Die Geschichte der Verbandelung zwischen der Ministerialbürokratie und einzelnen Verbandsfunktionären ist lang. Die versprengten Fachkräfte in der Landesnaturschutzverwaltung und damit der fachliche Naturschutz haben keine Fürsprecher. Allerdings dürfe der Naturschutz auch im Landwirtschaftsministerium nicht nur auf Freunde treffen. Mit Meyers Staatssekretär Udo Paschedag, Jurist und von 1996 bis 2010 grüner Kreistagsabgeordneter in Stade und ab 2010 Staatssekretär im Umweltministerium von NRW, residiert dort ein weiterer vehementer Verfechter des Erneuerbare Energien Gesetzes und der Windenergie, der den Naturschutz ebenfalls nicht auf einen grünen Zweig bringen wird.