Zugvogelmassaker am Nil

Screenshot: report München

Grauenhafte Bilder sendete das Magazin „report“ aus München am 18. Juni 2013: „In Deutschland geschützt, in Ägypten gejagt Millionenfacher Vogelmord am Nil“.

Hunderte Kilometer Netze, in denen in Ägypten europäische Singvögel gefangen und später auf Märkten zum Verzehr angeboten werden. Damit sie nicht wieder fliegen können, werden ihnen nach dem Fang und vor dem Töten die Flügel gebrochen, ein barbarischer Umgang mit Tieren.

Diese Praktiken sind seit Jahrzehnten bekannt. Die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) hat diesen Film kommentiert. Den report-Beitrag können Sie hier sehen: http://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/report-juni-100.html

Den Text der EGE haben wir mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde übernommen.

Tod am Nil – Juni 2013

In Ägypten fand Jesus mit seinen Eltern Zuflucht vor Herodes. Millionen Zugvögel hingegen finden im Land am Nil nur den qualvollen Tod. Für sie endet der Transit übers Mittelmeer in Fangnetzen, deren Länge der Tierfilmer Jens-Uwe Heins auf 700 Kilometer veranschlagt. Am 18.06.2013 strahlte die ARD in der Sendung „Report aus München“ ein den Insidern bekanntes Tierdrama aus, von dem die meisten Ägyptenurlauber zwischen Gizeh und Rotem Meer bislang nichts ahnten. Dazu haben Heins und der Sender dem Fernsehpublikum die prächtigsten europäischen Singvögel als Opfer präsentiert, aber allzu brutale Bilder erspart. […]

Die Vogeljagd ist am Mittelmeer und überall in der Welt ein Ärgernis. Vielleicht in den Staaten der Europäischen Union ein noch größeres als in Ägypten, nicht gemessen an den Opferzahlen, jedoch an dem Umstand, dass in Europa die Vogeljagd großenteils reglementiert ist – aber doch oft nur auf dem Papier oder in Deutschland beispielsweise 15.000 Waldschnepfen jährlich ganz legal auf dem Zug zur Strecke gebracht werden und die Vogeljagd selbst in Europäischen Vogelschutzgebieten erlaubt ist.

Deutschland und die übrigen Mitgliedstaaten haben deshalb wenig Grund, sich über das Elend der Zugvögel in Ägypten moralisch zu entrüsten. Wenig Grund auch deswegen, weil die Lage der Vögel in den Staaten der Europäischen Union ähnlich erbärmlich ist. Der Blick über die vogelleeren Felder belegt es. Auch ohne den millionenfachen Vogelmord haben sich die Vogelarten der Agrarlandschaft vom Acker gemacht – wegen des Einsatzes von Bioziden, des Anbaus von Monokulturen und immer intensiverer Anbaumethoden. Die Europäer wollen es so – nicht aus Armut oder Hunger, sondern kollektiver Gier wegen. Der Tod auf dem Acker ist – anders als in Ägypten – subtil und deswegen auch kein mediales Ereignis.

Der arabische Frühling hat den Zugvögeln nicht geholfen. Nicht einmal den Menschen, der einfältigen Euphorie der deutschen Außenpolitik zum Trotz, die bald vorgab, mit Gaddafi oder Mubarak niemals bekannt gewesen zu sein. Statt sich mit Forderungen nach Demokratie und Menschenrechten in die Innenpolitik anderer Staaten einzumischen, könnte sie hingegen ihre internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit an Kriterien knüpfen – auch an solche des Artenschutzes. Sie muss dazu nicht den ägyptischen Botschafter einbestellen. Es genügt, Handelsabkommen, Kredite und Geschäftsbeziehungen zu überprüfen und notfalls zu kündigen. Das aber könnte die Gewinnaussichten der deutschen Wirtschaft schmälern. Dieses Opfer sind die Zugvögel den Deutschen nicht wert.

Vielleicht nimmt sich „Report aus München“ oder jedes andere Magazin öffentlich-rechtlicher Anstalten einmal eines inländischen Vogelschutzskandals an: des von den deutschen Stromkonzernen verschleppten Umbaus gefährlicher Mittelspannungsmasten, an denen – und zwar verbotswidrig – zwar nicht Millionen, aber immerhin Tausende Vögel verunglücken. Im eigenen Sendegebiet und mit Wissen der in den Rundfunkräten vertretenen Fraktionen.

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