Niedersachsen: Jäger und Sportangler verlieren Anerkennung als Naturschutzverband

Tote Nonnengans: Naturschutzgebiet "Petkumer Deichvorland"/Ems

Endlich wird gehandelt: Der neue niedersächsische Landwirtschaftsminister Stefan Wenzel (Grüne) griff nach seinem Amtsantritt die jahrelange Forderung des Wattenrates Ostfriesland auf und entzog der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) per Erlass den Status „anerkannter Naturschutzverband“, die Aberkennung beim „Landessportfischerverband“ werde vorbereitet und stehe bevor. In Niedersachsen gibt es derzeit 14 „anerkannte Naturschutzverbände“, die in bestimmten Verfahren beteiligt werden müssen und auch Klagebefugnis haben.

In seiner Begründung heißt es u.a.: „Die Landesjägerschaft Niedersachsen erfüllt erkennbar nicht die Voraussetzung, nach denen sie ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert. Das überwiegende Ziel der Landesjägerschaft ist dagegen das Nachstellen und Töten von Tieren und die Pflege jagdlichen Brauchtums, das den heutigen Anforderungen an einen wissenschaftlich begründeten Artenschutz nicht mehr genügt. Damit entfällt die im § 60 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes geforderte Gewähr für eine sachgerechte Verfolgung dieser Ziele. Die Aberkennung tritt mit dem Ablauf des Jahres 2013 in Kraft.“

Der Minister kündigte an, auch die bisherige Anerkennung des Landessportfischerverbandes Niedersachsen zu überprüfen und ebenfalls die Aberkennung als „anerkannter Naturschutzverband“ vorzubereiten. Allein dass das Töten von Fischen als „Sport“ deklariert werde, erfülle schon die Voraussetzung der nicht sachgerechten Verfolgung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und erforde die Aberkennung als „anerkannter Naturschutzverband“.

Der Minister ermahnte zudem die Vorstände der Naturschutzverbände Naturschutzbund Deutschland (NABU) und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), ihre Klagebefugnis nach § 60c des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes nicht als Geschäftsmodell „Klageverzicht gegen Zahlung“ zu missbrauchen. Wenn sich hier keine grundlegende Änderung einstelle und Klagen mit anschließendem Klageverzicht nur noch dazu verwendet würden, um vom Beklagten hohe Geldsummen für verbandseigene Stiftungen einzufordern, würde diesen Verbänden genau wie den Jägern und Sportanglern ebenfalls die Anerkennung entzogen. Ablasszahlungen dieser Art zu Lasten von Natur und Landschaft würden von der neuen Landesregierung nicht mehr toleriert. BUND und NABU hatten in der Vergangenheit bei zahlreichen geplanten Eingriffen, vor allem durch die Windenergiebranche, zunächst gerichtliche Klagen gegen die Projekte eingereicht und die Klagen anschließend nach Zahlung von hohen Summen der Projektierer zurückgezogen und den zunächst beklagten Eingriff in Natur und Landschaft damit erst rechtssicher möglich gemacht.

Wenzels Ministerkollege, der neue Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne), nahm die Aberkennung des Status „anerkannter Naturschutzverband“ der Landesjägerschaft zum Anlass, mit sofortiger Wirkung die Jagdpachtverträge auf landeseigenen Flächen zu kündigen, sofern sie in Natura-2000-Gebieten liegen. Damit, so Meyer, wolle man die Jagd auf Zugvögel in EU-Vogelschutzgebieten unterbinden. Als herausragendes Negativbeispiel nannte Agrarminister Meyer die Jagd auf Gänse im Naturschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ an der Ems. Hier sei es in den letzten Jahre zu eklatanten Verstößen gegen die Bundesjagdzeitenverordnung gekommen. Jäger der Landesjägerschaft Niedersachsen hätten hier bei Dunkelheit, Nebel und Schneetreiben Jagd auf arktische Gänse gemacht, die aber bei diesen Sichtverhältnissen nicht sicher als jagdbar oder nicht jagdbar unterscheidbar waren. Dadurch kam es zu häufigen Fehlabschüssen und Verstümmelungen von Gänsen. Die im Naturschutzgebiet rastenden nichtjagdbaren Wat- und Wasservögel wurden durch einzelne Jäger weiträumig aus dem Schutzgebiet vertrieben.

Die Minister Wenzel und Meyer erhoffen sich mit diesen Neuregelungen eine Verschlankung der Verbändeszene und eine effektivere Wahrnehmung der Aufgaben der tatsächlichen Naturschutzverbände im Lande.

#edit: Viele haben es gemerkt, und einige sind darauf reingefallen: April! April! Es wäre so schön gewesen, so grausam können Scherze sein.

 

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