Offshore-Windpark „Riffgat“: Mit dem Hubschrauber über die Schutzgebiete

Hubschrauber von der Offshore-Baustelle "Riffgat" über Borkum, fliehende Nonnengänse, 02. Jan. 2013

Seit Mai 2012 wird ca. 15 Kilometer vor der Insel Borkum im Seegebiet „Riffgat“  an der Errichtung von 30 Windkraftanlagen der 3,6 Megawatt-Klasse gebaut, die angeblich „rund 120.000 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom versorgen“ sollen. An das Projektgebiet grenzt im Osten der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer an. Gebaut wird „Riffgat“ vom regionalen Energieversorger EWE (Oldenburg) in Zusammenarbeit mit dem Projektentwickler ENOVA (Bunderhee). Im Sommer 2012 wurde bekannt, dass das Rammen der Fundamente trotz des „Schallschutzes“ mit erheblichem Baulärm von z.T. mehr als 190 dB(A) verbunden war. Technisch machbar sind die Rammarbeiten mit 160 dB(A), gemessen in einem Abstand von 750 m von den Baustellen. Dieser Lärm kann für Kleine Tümmler (Schweinswale) tödlich sein, weil er die Ortungsorgane schädigt. Im Sommer 2012 wurden 132 tote Kleine Tümmler an die Westküste Schleswig-Holsteins getrieben. Die toten Meeressäuger wurden nicht, wie es eigentlich vorgesehen ist, untersucht. Ob ein Zusammenhang mit den unglaublich lauten Rammarbeiten, die in der Dauerbeschallung lauter als ein fortdauernder Artillerieabschuss sind, lässt sich daher nicht klären. Auch auf die Rastvögel, und ab dem Frühjahr auch auf die Brutvögel des Nationalparks, hat der Baubetrieb mit dem Hubschrauberpendelverkehr von Riffgat nach Emden erhebliche Auswirkungen. Nach der Bauphase werden die Hubschrauber zum Transport des Wartungspersonals  weiterfliegen. Andere Offshore-Investoren planen ebenfalls Pendeldienste mit Hubschraubern, z.B. DONG-Energy ab Norddeich, mit einem Landeplatz direkt am Nationalpark Wattenmeer.

Hier der Bericht und die Fotos eines Lesers der Wattenratseiten. Sein Bericht wurden von anderen Augenzeugen bestätigt:

„[…] Regelmäßig wird die Insel [Borkum] von Hubschraubern überflogen, die die Baustelle des Windkraftanlagenfeldes Riffgat mit Facharbeitern versorgen. Die Route über den bewohnten Ort (wenn nach Emden geflogen werden soll) wird absprachegemäß gemieden, dafür wird die Insel wesentlich weiter nördlich überflogen. Just in diesem Gebiet rasten regelmäßig tausende von Nonnengänsen und Ringelgänsen, die bei jedem Überflug hochgescheucht werden. Überflüssig, zu erklären, was das für den Energiehaushalt der Tiere bedeutet. Die regelmäßige Störung ist derart massiv, weil auch sehr niedrig geflogen wird. Die Tiere lassen sich dagegen vom Flugbetrieb mit konventionellen Flugzeugen auf dem nahen Flugplatz kaum stören. Diese Beeinflussung des Luftraumes sind sie wohl gewohnt. Hubschrauber dagegen haben eine wesentlich stärkere und pulsierende Lärmentwicklung, eingeschaltete starke Scheinwerfer und werden von den Tieren offensichtlich als große Gefahr angesehen.

Warum die Piloten nicht einfach noch etwas weiter nördlich über die Oosterems fliegen, um die Störung im Nationalpark so gering wie möglich zu halten, ist mir ein Rätsel. Da ich diese Situation jedoch mehrmals beobachten konnte, kommt der Verdacht auf, dass die Piloten die Tiere mit Absicht hochjagen, weil das bestimmt von oben ein interessanter Anblick sein dürfte. […] Zu fordern wäre einfach die Verlegung der Flugroute über die Oosterems.“

Panik unter den Nonnengänsen: 02. Jan. 2013, Hubschrauber überfliegt Borkum

Borkum mit Außenems, (C) Google Earth

Ein anderer Leser schreibt:

[…] diese beobachtungen muß ich bestätigen. sowohl im borkumer watt (randzel) hatten wir im letzten jahr hubschrauber-tiefflüge als auch über dem uhlsmeer (vogelschutzgebiet krummhörn). das uhlsmeer hat das pech direkt in der anflugschneise des emder flughafens zu liegen. letzterer hat gerade größere investitionen als offshore-hubschrauber-basis erhalten. eine sehr sehr unangenehme entwicklung bahnt sich da an. […]

Weder der Bau noch der Betrieb dieses Wind“parks“ sind daher „umweltfreundlich“. Auch im Betrieb geben die Windkraftanlagen für Meeressäuger störende Schallwellen ins Wasser ab, Zugvögel können bei unsichtigem Wetter mit den Anlagen kollidieren. Das sich in der Nähe auch das Verkehrstrennungsgebiet für den starken Schiffsverkehr der deutschen Bucht befindet, sind für die Zukunft auch Kollisionen mit diesen künstlichen Riffen durch evtl. havarierte und ruderlos treibende Schiffe zu befürchten.

Baustelle Windpark "Riffgat" vor Borkum, Fundamente. Foto (C): Presse EWE

Eine wirksame Kontrolle des Flugverkehrs kann nur mit der Hilfe der Wasserschutzpolizei und der Nationalparkverwaltung erfolgen. Ob das gelingt, ist mehr als fraglich. Die Wasserschutzpolizei ist personell unterbesetzt, im Nationalpark und „Weltnaturerbe“ sind sechs hauptamtliche Dünenwärter als „Ranger“ tätig, allerdings ohne Fahrzeuge, Boote oder Kompetenzen. Einer der Nationalparkwarte ist auf Borkum tätig.

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