Nationalparkleiter Südbeck und die Werbetrommel

Dipl.Biol. Peter Südbeck ist Leiter des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer mit Verwaltungssitz in Wilhelmshaven. Der Nationalpark ist ein Großschutzgebiet von inzwischen 3.500 qkm Größe und in seiner Gesamtheit ein EU-Vogelschutzgebiet, mit Ausnahme der „Erholungszonen“ für den Tourismus auch Flora-Fauna-Habitatgebiet und zusätzlich ein Biosphärenreservat.

Naturschutz war gestern, jetzt wird vermarktet

Der Schutzzweck ergibt sich aus dem Nationalparkgesetz von 2001, das damals novelliert wurde, um noch mehr Raum für die touristische Nutzung zu schaffen. Fast 90 Gebiete wurden 2001 auf Betreiben der Insel- und Festlandskommunen während der SPD-Landeregierung unter Sigmar Gabriel entweder im Schutzstatus herabgestuft oder aus dem Nationalpark entfernt:

§2 Schutzzweck

(1) in dem Nationalpark soll die besondere Eigenart der Natur und Landschaft der Wattregion vor der niedersächsi­schen Küste einschließlich des charakteristischen Land­schaftsbildes erhalten bleiben und vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Die natürlichen Abläufe in diesen Lebens­räumen sollen fortbestehen. Die biologische Vielfalt der Tier-und Pflanzenarten im Gebiet des Nationalparks soll erhalten werden. Für Biotope im Sinne, des § 20 c des Bundesnatur­schutzgesetzes soll der Nationalpark den nach dieser Vorschriften erforderlichen Schutz sicherstellen….“

Trotz der damaligen Demontage verpflichtet der Gesetzestext immer noch,  sollte man meinen. Papier ist aber geduldig. Nach dem neuen Etikett „Weltnaturerbe“ der UNESCO für alle deutschen Nationalparks dreht sich nun alles um die Tourismusförderung. Die aktuellen Übernachtungszahlen an der niedersächsischen Küste und den Inseln liegen bei ca. 37 Millionen pro Jahr (Quelle: dpa-Bericht von Heiko Lossie, 02. Sept. 2009) , eingerechnet alle Häuser unter 9 Betten und die angenommenen Schwarzvermietungen. Der Tourismus ist also entwickelt, die Infrastruktur vorhanden, aber man will noch mehr. Als neuer Promoter der Fremdenverkehrsindustrie geriert sich Nationalparkleiter Peter Südbeck, der eigentlich für die Verbesserung des Schutzstatus des Nationalparks verantwortlich ist. Der Massentourismus ohne Kontrolle ist einer der Hauptbelastungsfaktoren für die Tiere und Pflanzen und deren Lebensstätten im Schutzgebiet Nationalpark. Die Aufsicht und Betreuung ist dürftig: Nur sechs hauptamtliche Dünenwärter des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz  (NLWKN) werkeln als „Ranger“ ohne hoheitliche Kompetenzen oder Boote an der Aufsicht und Betreuung des riesigen Touristenheeres auf einer riesigen Fläche von Cuxhaven bis Emden. Statt fachlichen Naturschutz zu betreiben, schwafelt Südbeck von der „Jobmaschine Nationalpark“ und will den „Qualitätstourismus“ verankern. Ist das wirklich seine Aufgabe?

Es gibt den „Tourismusverband Nordsee“, der den Fremdenverkehr seit Jahren entwickelt und der sich bisher nicht als Sprachrohr des Naturschutzes hervorgetan hat. Umgekehrt geht es aber, wenn Peter Südbeck die Werbetrommel für die touristische Vermarktung des Weltnaturerbes rührt. Seinen werbenden Worten ließ er auch schon Taten folgen: Er genehmigte zahlreiche Flächen in den geschützten Zwischenzonen für die Kitesurfer. Das Nationalparkgesetz verbietet die Verwendung von Drachen in diesen Zonen.  Nun darf dort „Qualitätstourismus“ betrieben werden, zu Lasten der rastenden Vögel im Schutzgebiet Nationalpark und „Weltnaturerbe“.

Wir zitieren:

Ostfriesen Zeitung, 03. März 2010

„Nationalpark ist Jobmaschine“? Weltnaturerbe

Von Manfred Stolle

Carolinensiel – Peter Südbeck (Wilhelmshaven), Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, rührt in einer Vortragsreihe die Werbetrommel für die touristische Vermarktung des Weltnaturerbes.

[..]

Die Botschaft ist simpel. Elf Prozent aller Gäste kämen wegen der Natur in die Küstenregion, sagt Südbeck. Sie gäben dafür 114 Millionen Euro aus und sicherten damit etwa 3000 Arbeitsplätze. „Der Nationalpark ist eine Jobmaschine“, sagte Südbeck bei seinen Vorträgen.

Jetzt müsse das Weltnaturerbe in der Region verankert und daraus internationaler Qualitätstourismus entwickelt werden. […]

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