Spät kommen sie, aber sie kommen! Heute setzten der Naturschutzbund Deutschland (NABU) gleich zwei Mal eine Presseerklärung zur Gänsejagd im Allgemeinen und zum Gerichtsverfahren im Speziellen gegen Eilert Voß zusammen mit dem BUND wegen angeblicher „Jagdstörung“ vor dem Amtsgericht in Emden ab. Darauf haben wir lange gewartet. Seit Jahren veröffentlichen die Gänsewacht und der Wattenrat die Missstände (Jagd bei Dunkelheit, Nebel oder Schneetreiben) bei der Jagd auf Zugvögel in Naturschutz- und EU-Schutzgebieten auf der ihren WebSeiten, ohne dass die „anerkannten“ Naturschutzverbände dieses Thema bisher „nachhaltig“ aufgegriffen hätten. Am 07. März, also vor knapp drei Wochen, kam der NABU zum ersten Mal aus der Deckung.
Wir hoffen, dass die solidarischen Zeilen der Naturschutzverbände nicht als Platzpatronenfeuer mit kurzlebiger Betroffenheitsprosa zur Mitgliederunterhaltung verhallen, sondern dass sich die großen Verbände endlich wirklich nachhaltig bei der EU-Kommission und auch bei Gerichten gegen diese Zugvogelhatz in EU-Vogelschutzgebieten einsetzen. Im NDR-Fernsehen am Dienstag, 29. März 2011, wird ab 19:30 im Magazin „hallo Niedersachsen“ über die Gänsejagd und Eilert Voß berichtet. Am 29. März findet auch der zweite Verhandlungstag gegen Eilert Voß in Emden statt.
Und noch etwas: In der gemeinsamen Presseerklärung von BUND und NABU wird zum ersten Mal von den Verbänden das Thema Jagd innerhalb des „Integrierten Bewirtschaftungsplans Ems-Ästuar“ thematisiert, das hatte der Wattenrat bereits am 09. Dezember 2010 vorgetragen. Nun wollen auch die Naturschutzverbände „das Thema auf die Agenda setzen“! Wir hoffen, dass die Verbände dabei eine bessere Figur als bei der Kungelei mit der Meyer Werft an der Ems machen.
Aber wir freuen uns, dass NABU und BUND regelmäßig die Wattenrat-Seiten lesen!
Pressemitteilung, 25.3.2011
Der Falsche steht am Pranger
NABU fordert Jägerschaft zur Rücknahme der Klage auf
Emden/Wiegboldsbur. – Der NABU Ostfriesland fordert die Jägerschaft anlässlich des 2. Verhandlungstermins wegen angeblicher Jagdstörung gegen den Gänseschützer Eilert Voß am 29. März vor dem Amtsgericht in Emden zu einer umgehenden Rücknahme der Klage auf. Die im NABU-Regionalverband zusammengeschlossenen NABU-Gruppen sehen die Anstrengung der Klage als für einen Verband vollkommen unwürdig an, der als Naturschutzverband anerkannt ist. „Uns fehlt ein klares Bekenntnis der Jägerschaft gegen unwaidmännische und mit dem Jagdgesetz nicht vereinbare Jagdpraktiken, wie dies die Jagd auf fliegende Gänse insbesondere bei schlechten Sichtverhältnissen darstellt“, stellte Uwe Schramm, Vorsitzender des NABU-Regionalverbandes fest.
„Hier steht der Falsche am Pranger. Die Dokumentation und Vereitelung von Fehlverhalten ist doch nicht mehr als Staatsbürgerpflicht.“ Von der Landesregierung fordert der NABU die Einstellung der Jagd auf die Wildgänse aus den sibirischen Brutgebieten. „Die Jagd auf die bei uns vor dem harten Winter Schutz suchenden Gänse ist um keinen Deut besser als das, was die Italiener, Griechen und Malteser mit unseren Schwalben, Rotkehlchen und Nachtigallen machen.“ betonte Uwe Schramm. „Für die Lust an der Ballerei werden als Kollateralschaden billigend viele hundert von den Schroten der Jagdflinten angeschossene Gänse und die Tötung von geschützten, nicht einwandfrei von den anderen Gänsen zu trennenden Gänsearten in Kauf genommen.“
In der Freigabe der Jagd auf die Gänse durch die jetzige Landesregierung sieht der NABU eine weitere Form der Günstlingswirtschaft. Erst jüngst präsentierte sich der dem verantwortlichen Landwirtschaftsministerium zugehörige Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke stolz bei der Auricher Jägerschaft selbst als Jäger. Der Umwelt- und Naturschutz sei daher in Niedersachsen nach Ansicht des NABU seit dem Start der schwarz-gelben Koalition zu einem Feigenblatt verkommen, das nur noch die ungehemmte und rücksichtslose Ausbeutung der Natur notdürftig kaschieren solle.
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NABU – P R E S S E D I E N S T — 25. März 2011
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BUND Niedersachsen
NABU NiedersachsenArtenschutz / Gänsejagd
BUND und NABU Niedersachsen fordern, Gänsejagd abzuschaffen
Hannover – BUND und NABU Niedersachsen unterstreichen nochmals ihre langjährige Forderung, nordischen Wildgänsen auch künftig sichere Rastgebiete zu garantieren und fordern das Land Niedersachsen auf, im Rahmen des ‚Integrierten Bewirtschaftsplans Emsästuar‘ (IBP Ems) die Gänsejagd in den Schutzgebieten der Region zu verbieten. Um die Anforderungen aus den Schutzvorschriften von NATURA 2000 mit den Belangen anderer Nutzer in Einklang zu bringen, hat das Niedersächsische Landeskabinett im Juli 2007 die Aufstellung Integrierter Bewirtschaftungspläne für die Flussgebiete beschlossen.
Am 6. April 2011 nimmt das NLWKN die Arbeit für einen Integrierten Bewirtschaftungsplan Emsästuar auf. „Die Naturschutzverbände werden das Thema Abschaffung der Gänsejagd in den Vogelschutzgebieten dort auf jeden Fall auf die Agenda setzen“, sagt Vera Konermann, Ems-Expertin des BUND Niedersachsen.
„Wer die Jagdzeiten für Arten wie Bläss-, Saat- und Ringelgänse auch und gerade in Naturschutzgebieten sowie nach der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und Fauna-Flora Habitat-Richtlinie eingestuften Landschaftsräumen weiterhin zulässt, handelt erstens kurzsichtig. Zweitens sind dadurch Tiere gefährdet, die nicht nur Teil unseres niedersächsischen, sondern auch europaweiten Naturerbes sind. Eine Jagd auf nordische und arktische Gänsearten darf es weder im Naturschutzgebiet Petkumer Deichvorland, im Vogelschutzgebiet Emsmarschen von Leer bis Emden, im FFH-Gebiet Unter- und Aussenems noch in anderen Rast- und Brutgebieten geben“, erklärt Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen.
BUND und NABU Niedersachsen betonten, dass bejagte Gänse scheu werden, sie flüchten bereits auf große Distanzen, und benötigen durch häufiges Umherfliegen letztlich mehr Energie – und damit auch mehr Futter. Abgesehen davon lässt sich die Jagd auf Wildgänse nicht tierschutzgerecht durchführen: Oftmals werden die Gänse durch Schrotpartikel nur verletzt und verenden später qualvoll, Familienverbände werden auseinander gerissen und Jungvögel verlieren den für sie überlebenswichtigen Anschluss an ihre Eltern.
Die beiden niedersächsischen Umweltverbände BUND und NABU fordern daher die Jägerschaft anlässlich des zweiten Verhandlungstermins wegen angeblicher Jagdstörung gegen den Gänseschützer Eilert Voß am 29. März vor dem Amtsgericht in Emden zu einer umgehenden Rücknahme der Klage auf. Die Anstrengung einer Klage sei für einen Verband unglaubwürdig, der als Naturschutzverband anerkannt ist.
Insbesondere bei der traditionellen Jagdausübung bei Sonnenaufgang oder am späten Abend beim Einflug der Gänse können selbst Fachleute einzelne Gänse nicht sicher auseinanderhalten. Es fehle ein klares Bekenntnis gegen unwaidmännische und mit dem Jagdgesetz nicht vereinbare Jagdpraktiken, wie dies die Jagd auf fliegende Gänse insbesondere bei schlechten Sichtverhältnissen darstelle, betonten BUND und NABU Niedersachsen.
Die Niedersächsische Landesregierung hatte mit einer Änderung ihrer Jagdzeitenverordnung die Jagd auf rastende Wildgänse ausgeweitet. Da Gänse Grasfresser sind, kann es dort, wo sie lange und in großer Zahl rasten, zu Fraßschäden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen kommen. „Jagd taugt jedoch nicht zur Schadensverminderung. Leider wird schnell übersehen, dass mit einer Bejagung und Störung der Gänse letztlich das Gegenteil erreicht wird. Es ist zudem zu befürchten, dass die Tiere infolge der Klimaerwärmung große Teile ihrer bisherigen Brutgebiete verlieren werden. Umso mehr kommt es darauf an, dass sie entlang ihrer Zugwege sichere und störungsarme Gebiete vorfinden, wo sie ihren Energiebedarf ausreichend decken können“, so Dr. Holger Buschmann weiter.