Vom 21. bis zum 31. Juli 2024 tagt das UNESCO-Welterbekomitee in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi. Auf seiner 46. Sitzung berät das Gremium nicht nur über die Aufnahme neuer Orte in die Welterbeliste, sondern auch über die Zustände in den ausgewiesenen Welterbestätten. Dazu gehört auch das Weltnaturerbe Wattenmeer in Deutschland, als Nationalparke ausgewiesen, seit 2009 mit diesem Etikett von der UNESCO geadelt.
Die Nordwest Zeitung in Oldenburg berichtete darüber am 18. Juli 2024: „Wattenmeer Thema bei Unesco-Tagung Welterbe-Status steht unter Beobachtung“. Darin heißt es: u.a.: „Ein Sprecher der Deutschen Unesco-Kommission stellt klar, dass sich die Tagung nicht mit der Aberkennung des Welterbe-Status’ befasst. ´Darum geht es nicht, und auch nicht um die mögliche Aufnahme in die Liste der bedrohten Schutzgüter´, versicherte ein Sprecher. Auch Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, sieht die Auszeichnung als Welterbe Wattenmeer nicht auf der Kippe. ´Bereits im vergangenen Jahr haben die beteiligten Staaten Antworten gegeben auf Fragen nach dem Umgang mit Einflüssen wie Windkraft und Gasförderung auf das Wattenmeer´, sagt Südbeck. ´Dieser Prozess ist aber nicht zu Ende. […] Auch Meta Janssen-Kucz weist auf die Schutzbedürftigkeit des Wattenmeeres hin. ´Der Schutz muss Vorrang haben, wenn wir den Status erhalten wollen´, fordert die Landtagsabgeordnete der Grünen von Borkum.“
Das war Anlass von Manfred Knake vom Wattenrat, den berichtenden Redakteur der NWZ, Christoph Kiefer, dazu anzuschreiben. Ein Antwort gab es nicht.
Nordwest Zeitung
Oldenburg
Redaktion
Moin Herr Kiefer,
zu Ihrem nachstehenden Artikel „Wattenmeer Thema bei Unesco-Tagung Welterbe-Status steht unter Beobachtung“ vom 18. Juli 2024 meine Anmerkung. Auf der Web-Seite des Wattenrates finden Sie Beiträge, die die Ausweisung der Wattenmeer-Nationalparke als „Weltnaturerbe“ seit 2009 begleitet haben (s.u.).
Zitat aus Ihrem Artikel: “Ein Sprecher der Deutschen Unesco-Kommission stellt klar, dass sich die Tagung nicht mit der Aberkennung des Welterbe-Status’ befasst. ´Darum geht es nicht, und auch nicht um die mögliche Aufnahme in die Liste der bedrohten Schutzgüter´, versicherte ein Sprecher.“ Zitat Ende –
Meine Frage: Worum soll es denn sonst gehen, ist die deutsche UNECSO-Kommission blind für die Entwicklung der Wattenmeer-Nationalparke?
Diese Nationalparke wurden seinerzeit auf Betreiben des Auricher Landrats Walter Theuerkauf (SPD), des Landrats Sven Ambrosy (Friesland, SPD) und des ehemaligen niedersächsischen Wirtschaftsministers Walter Hirche (FDP), der damals Präsident der deutschen UNESCO-Kommission war, mit dem Etikett „Weltnaturerbe“ geadelt. Es ging um die Tourismusförderung in und vor der Kulisse des Wattenmeeres.
Erlaubt in diesem „Weltnaturerbe“ ist in Niedersachsen die Jagd auf Wasservögel (Zugvögel!) auf den Ostfriesischen Inseln; der Massentourismus hat sich zu einem enormen Belastungsfaktor für strandbrütende Vogelarten (Zwergseeschwalbe, Sand- und Seeregenpfeifer) entwickelt. Es gibt, politisch gewollt, keine fischereifreie Zonen, so, als ob der Artenschutz unter Wasser aufhörte; Krabbenfischer planieren mit Grundschleppnetzen des Sediment; Miesmuschelfischer (MSC-zertifiziert!) rasieren das Sediment ab; die Nährstofffracht aus sog. „diffusen Quellen“ (sprich Landwirschaft) ins „Weltnaturerbe“ ist immer noch enorm; Kitesurfer bekamen zahlreiche Kitespots in den zweitstrengsten Zwischenzonen ohne die eigentlich gesetzlich vorgeschriebenen Verträglichkeitsprüfungen (§34 Bundesnaturschutzgesetz) mit Unterstützung der Nationalparkverwaltung und seines Leiter Peter Südbeck zugewiesen; Baggergutverklappungen verändern die Sedimentstrukur; Salzwiesen in den strengsten Schutzzonen vor den Deichen sind örtlich im schlechten Zustand: zu starke Entwässerung mit Gräben, kaum typische Salzpflanzen, mit Quecke überwuchert, fehlende Beweidung, unattraktiv für Rast- und Brutvögel; das „Weltnaturerbe“ ist see- und landseitig mit riesigen Windparks umstellt, in den Hauptzugrouten von Kleinvögeln, Limikolen, Enten und Gänsen; dazu Gasexploration in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer; schließlich LNG-Anlandungen mit Tankwaschungen in Wilhelmshaven direkt am Nationalpark Wattenmeer. Als in Australien 20 km entfernt vom Weltnaturerbe „Barrier Reef“ ein Kohleumschlaghafen geplant war, gab es weltweite Proteste!
Die niedersächsische grüne Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz „weist auf die Schutzbedürftigkeit des Wattenmeeres hin. Der Schutz muss Vorrang haben, wenn wir den Status erhalten wollen, fordert die Landtagsabgeordnete der Grünen von Borkum“, zitieren sie die Dame, die schon Böller im Nationalpark befürwortete und verharmloste und sich gegen fischereifreie Zonen aussprach, welche Heuchelei! Dieses „Welterbe“-Etikett ist ein Etikettenschwindel, der Kaiser ist nackt! Ich hätte nichts dagegen, wenn meine Zeilen veröffentlicht würden.
Freundliche Grüße
MK
Hier zwei Wattenrat-Links zum Thema und eine .pdf im Anhang („Fünf Jahre Weltnaturerbe, aus „Nationalpark“ (Schopf und Knake, 1/2015)
(2009): Noch ein Etikett: UNESCO-Weltnaturerbe für das Wattenmeer – inszenierter Etikettenschwindel – Bärendienst der IUCN https://www.wattenrat.de/aktuell/aktuell313.htm
(2019): 10 Jahre Weltnaturerbe Wattenmeer: Worthülsen und Feiern für einen Freizeitpark https://www.wattenrat.de/2019/07/05/10-jahre-weltnaturerbe-wattenmeer-worthuelsen-und-feiern-fuer-einen-freizeitpark/