14. internationale Wattenmeerkonferenz in Wilhelmshaven: wieder heiße Klimaluft

Sie schützen mal wieder das Wattenmeer. Vom 28. – 30. November fand in Wilhelmshaven die 14. internationale Wattenmeerkonferenz der Anrainerstaaten Dänemark, Deutschland und Niederlande auf Ministerebene statt. Es ging vordringlich um „Klimaschutz“ „Klimagase“, „Klimakrise“, „Meeresspiegelanstieg“ und, ja tatsächlich, auch um die „Biodiversitätskrise“, ohne allerdings näher darauf einzugehen, wer diese verursacht.

Die Wörter „Natur-und Artenschutz“ sowie „Nationalpark“ fehlten in der nachstehenden Abschlusserklärung des Bundesumweltministeriums, dafür aber dies: „Naturbasierte Lösungen helfen uns, unsere Klimaziele zu erreichen.“ Bundesumweltministerin ist Steffi Lemke (Bündnis90/Die Grünen). Dieselbe Steffi Lemke warb noch vor wenigen Monaten für den beschleunigten Ausbau der Windenergie, „naturverträglich“, selbstverständlich, aber verbunden mit dem Abbau von Naturschutzstandards. Dafür wurde im Juli 2022 das Bundesnaturschutzgesetz mit artenschutzrechtliche Sondervorschriften zum Nachteil der betroffenen Vogelarten passend ergänzt und geändert (§§ 45b ff. BNatSchG).

Anmerkungen zur nachstehenden Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums „Wattenmeerstaaten vereinbaren besseren Schutz des Weltnaturerbes Wattenmeer“ können Sie ganz unten lesen.

Pressedienst – Nr. 167/22
Berlin 30. November 2022

Meeresschutz
*Wattenmeerstaaten vereinbaren besseren Schutz des Weltnaturerbes Wattenmeer*
Abschluss der 14. Trilateralen Wattenmeerkonferenz in Wilhelmshaven/*

*Zum Abschluss der Wattenmeerkonferenz in Wilhelmshaven vom 28.-30. November wurde ein neuer integrierender Wattenmeerplan verabschiedet. Damit werden die drei Wattenmeerstaaten Deutschland, Dänemark und die Niederlande ihr Management des Weltnaturerbes Wattenmeer angesichts der Bedrohung durch den Meeresspiegelanstieg und die weiter zunehmenden menschlichen Nutzungen besser koordinieren und damit das Wattenmeer besser schützen. Die natürlichen Ökosystemfunktionen müssen durch wirksame Schutzgebiete erhalten werden, zudem sind dringend Klima-Anpassungsmaßnahmen auf der Grundlage natürlicher Lösungsansätze notwendig. Hierzu haben die Wattenmeerstaaten ein trilateral koordiniertes Forschungsprogramm in Höhe von 15 Mio. Euro vereinbart, zu dem Deutschland 11 Mio. Euro beitragen wird. In der gemeinsamen Forschungsinitiative mit den Niederlanden und Dänemark sollen Grundlagen und mögliche Maßnahmen erarbeitet werden, um das Wattenmeer klimaresilienter zu machen und dauerhaft als Weltnaturerbe zu erhalten. Eingeladen zu der Konferenz hatten das Bundesumweltministerium und das niedersächsische Umweltministerium.*

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Angesichts von Klima-, Verschmutzungs- und Biodiversitätskrise wächst der Druck auf das Wattenmeer und seine Artenvielfalt. Umso dringender ist es, dass die drei Wattenmeerstaaten – Deutschland, Dänemark und die Niederlande – zusammenarbeiten und den Schutz unserer Meere und Küsten voranbringen. Das Wattenmeer kann einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise leisten: Als natürliches, artenreiches Ökosystem ist es in der Lage, erhebliche Mengen an Klimagasen in Salz- und Seegraswiesen und in Schlickböden zu speichern. Diese Funktionen möchten wir durch umfangreiche Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz zusammen mit den Küstenländern stärken. Solch naturbasierte Lösungen helfen uns, unsere Klimaziele zu erreichen, und wir schützen zudem die wichtigen Ökosysteme, die wiederum von der Klimakrise bedroht werden.“

Bundesumweltministerin Lemke machte auch deutlich, dass es gerade angesichts des immer stärker zunehmenden Nutzungsdrucks besonders wichtig ist, auf trilateraler Ebene voneinander zu lernen und gemeinsam entwickelte Handlungsansätze ambitioniert umzusetzen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Unter dem Eindruck der Weltklimakonferenz in Ägypten und der bevorstehenden Weltnaturkonferenz in Montreal wollen wir anhand des gemeinsamen integrierenden Managements des Wattenmeeres deutlich machen, wie natürlicher Klimaschutz und der Schutz eines einzigartigen Ökosystems gelingen kann. Damit nehmen wir auch unsere Verantwortung vor Ort wahr.“

Dazu wurde unter deutscher Präsidentschaft ein „Integrierender Managementplan für das EINE Weltnaturerbe Wattenmeer“ erarbeitet, der neben einer besseren Koordinierung der unterschiedlichen Managementansätze in den Wattenmeerstaaten auch Schlüsselthemen wie Fischerei, Schifffahrt, Tourismus, Energie und Küstenschutz trilateral und koordiniert angehen will.

Unter dem Motto „Gemeinsam für EIN Weltnaturerbe Wattenmeer“ haben sich die drei Staaten und die für die Wattenmeer-Nationalparke zuständigen Küstenländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit über 250 Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen, Naturschutz-, Umwelt- und Nutzerverbänden sowie der Wissenschaft und der Jugend in Wilhelmshaven getroffen und Lösungsansätze beraten, wie angesichts steigender Gefährdungen der außergewöhnliche universelle Wert dieses sensiblen und global einmaligen Ökosystems nachhaltig geschützt und erhalten werden kann.

Das Motto der Konferenz „Gemeinsam für EIN Weltnaturerbe Wattenmeer“ spiegelt auch einen weiteren Schwerpunkt der vierjährigen deutschen Präsidentschaft wieder, die mit dieser Konferenz geendet hat und an Dänemark übergeben wurde. Die künftig intensivere Einbindung von Partnern und die Stärkung eines breiten Partnerschaftsnetzwerks lässt sich auch in Partnerschaftsprojekten erkennen wie z.B. der Initiative gegen Lichtverschmutzung (Dark Sky Initiative) von Kommunen und Umweltverbänden.

Die Wattenmeerstaaten konnten auch Gäste aus Mauretanien, Guinea Bissau und den Senegal begrüßen und mit ihnen ihre schon langjährige Partnerschaft bestärken, um die Zugvögel entlang des Ostatlantischen Zugweges besser zu schützen. Hierzu soll die internationale Zusammenarbeit weiter intensiviert und das Monitoring verbessert werden, sowie die westafrikanischen Staaten auch beim Schutz der Lebensräume unterstützt werden.

Auch das Thema Schiffssicherheit stand auf der Tagesordnung. Erfahrungen aus der Havarie der MSC Zoe wurden vorgestellt und es wurde vereinbart, dass neben einer Intensivierung des Dialogs mit der Schifffahrt und Hafenwirtschaft auch die Wirksamkeit des vor 20 Jahren für das besonders empfindliche Wattenmeer eingerichtete Schifffahrts-Sondergebiet (PSSA) evaluiert und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation ggf. neue Maßnahmen für einen besseren Schutz vorgeschlagen werden sollen.

Auf Einladung des BMUV hatten sich bereits im September 50 junge Erwachsene aus den drei Wattenmeerstaaten zu einer mehrtägigen Jugend-Konferenz zum Wattenmeerschutz in Sankt-Peter-Ording getroffen. Die Teilnehmenden haben gemeinsam das Wattenmeer erlebt und sich darüber ausgetauscht, wie ihr Engagement, ihre Ideen und Forderungen der jungen Generation in der trilateralen Wattenmeerkooperation aufgenommen werden können. Den Wunsch nach einer stärkeren Einbindung haben die Wattenmeerstaaten aufgegriffen.

Anmerkungen zur Presseerklärung:

Weiß die grüne Uweltministerin Steffi Lemke eigentlich, wovon sie spricht? Das war politisch heiße Wattenmeerluft, abgesondert auf hohem Niveau. Der „bessere Schutz des Wattenmeeres“ wird von Politikern seit Jahrzehnten versprochen. Verbessert hat sich die Betreuung durch hauptamtliche Ranger, die allerdings immer noch ohne hoheitliche Befugnisse arbeiten müssen und noch nicht einmal Platzverweise erteilen dürfen. Als Belastung hinzugekommen sind der steigende Massentourismus mit Hunden, Lenkrachen, Drohnen oder Geocachern; das ungehemmte Kitesurfen in den Schutzgebieten, die Zunahme des Sportbootverkehrs und die Erhöhung der führerscheinfreien PS-Zahl bei Bootsmotoren von fünf auf fünfzehn PS.

PS-Wahn auch im Großschutzgebiet Wattenmeer, „Weltnaturerbe“ – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Eine angepasste Befahrensregelung durch das Verkehrsministerium fehlt bis heute. Nach wir vor werden auf den Inseln bestimmte Enten- und Gänsearten (Zugvögel) bejagt. Strandbrütenden Vögel wie Zwergseeschwalben oder Seeregenpfeifer finden kaum noch ungestörte Brutplätze.

13. Mai 2018, Borkum, Südstrand, strengste Schutzzone im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Ruhezone, Zone I): Ignoranz trifft Strandbrüterschutz, zwei Brutpaare Zwergseeschwalben“erfolgreich“ vertrieben. Foto (C): Eilert Voß

Dazu kommen die überflüssigen Feuerwerke über dem Nationalpark zur Touristenbespaßung, die immer noch beworben werden

Z.B. Neuharlingersiel: “Frische Luft, eine ordentliche Brise, die Nordsee und das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer stets im Blick […] Viele Gäste und Einheimische finden sich zum Jahreswechsel auf dem Deich von Neuharlingersiel ein, um hier ihr Feuerwerk abzuschießen. Bei guter Sicht sehen Sie auch die Feuerwerke von den umliegenden Orten.“  Kein Wort dazu.

Der Fokus des derzeitigen Wattenmeerschutzes liegt auf „Klima“, nicht auf dem Artenschutz. Nur: Es gibt keine „Bedrohung durch den Meeresspiegelanstieg“. Der Anstieg ist seit ca. 12.000 Jahren nach dem Ende der Weichselkaltzeit zu beobachten, damals lag der Meeresspiegel der Nordsee bis zu 120m tiefer als heute und steigt derzeit moderat mit ca. 1,7 mm im Jahr oder 17 cm im im Jahrhundert, ohne die vielbeschworene Dramatik, der bekannte „säkulare Anstieg“ (Uni Siegen, Pegelmessungen).  Kein Wort dazu.

Was sind „Klimanpassungen“? Sonnencreme oder Regenschirm, Gummistiefel und Friesennerz? Oder der Küstenschutz ? Der berücksichtigt den Meeresspiegelanstieg bereits seit Jahrzehnten durch die Anpassung der Deichhöhen (Bestick).

Die Insel Langeoog im Jahr 1805; dreigeteilt, später durch Küstenschutzmaßnahmen verbunden und festgelegt. Karte: LeCoq

Was ist „Klimaresilienz“ im Wattenmeer? Ohne den steigenden Meeresspiegel gäbe es das Watt und die westfriesischen/ostfriesischen Insel gar nicht. Das Watt und die Salzwiesen wachsen mit dem Anstieg mit. Die Düneninseln sind zum Schutz der Infrastruktur festgelegt und können nicht mehr natürlich „wandern“ oder „pendeln“. Sie müssen daher nach jeder größeren Sturmflut kostenintensiv mit Millionensummen durch Aufspülungen gesichert werden. Ohne den künstlichen Eingriff des Küstenschutzes gäbe es einige Inseln nicht mehr oder sie hätten ihre Gestalt verändert.

Muschelkutter ankern in Bensersiel/LK Wittmund – Foto (C): Manfred Knake

„Die weiter zunehmenden menschlichen Nutzungen besser koordinieren und damit das Wattenmeer besser schützen…“ Zustimmung. Aber dies mit Überfischung, abträglicher sedimentverändernder Miesmuschelfischerei, immer mehr Massentourismus, Baggergutverklappungen, Vertiefung der Ästuare Ems und Elbe mit enormen Schlickanfall? Kein Wort dazu.

Was ist eine „Klimakrise“? „Klima“ ist der statistische Mittelwert von dreißig Jahren Wetteraufzeichnung in einer bestimmten Region. Bekommt die Statistik die Krise? Gibt es auch eine „Wetterkrise“? Muss man erst das Wetter und damit die spätere Klima-Statistik „schützen“, wie macht man das? Das Wetter ist ein nichtlineares, chaotisches System, daher nur kurzzeitig vorhersagbar. Und es gibt keine Klimakrise, es gibt den Klimawandel, und den nicht erst seit heute!

Blick aufs Festland aus dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Langeoog Fahrwasser). Das Bild ist aus 2015, inzwischen wurden weitere Windparks mit höheren Anlagen errichtet. Foto (C): Manfred Knake

Die „Biodiversitätskrise“ wird u.a. durch industrielle Landwirtschaft, Verlust von Feuchtgebieten (auch in EU-Vogelschutzgebieten), industrielle Fischerei (Überfischung), Massentourismus, Jagd und die Überbauung der Küstenlandschaft mit riesigen Windparks (Verlust der Rasträume für Zugvögel) verursacht. Kein Wort dazu.

Mit schwerem Gerät in den Salzwiesen: Unterhaltungsmaßnahmen (Grüppenfräse) in der strengsten Schutzzone des Nationalparks (Ruhezone) bei Dornumersiel/LK Aurich, Foto (C): Manfred Knake

„Als natürliches, artenreiches Ökosystem ist es in der Lage, erhebliche Mengen an Klimagasen in Salz- und Seegraswiesen und in Schlickböden zu speichern.“ Und das Speichern hat bisher das Wetter oder das Klima verändert? Zudem wurden 216 qkm Salzwiesen des Wattemeeres bis 1986 vorgedeicht und vernichtet (Quelle: The Wadden Sea – Status and developments in an international perspective, p. 22, Esbjerg, Nov. 1991). An der ostfriesischen Küste werden immer noch die Rest-Salzwiesen durch Grabensysteme (Grüppen) in den strengsten Schutzzonen des Nationalparks entwässert und nicht, wie wünschenswert, extensiv beweidet: Die Folge: Austrocknung, Überwucherung mit Quecke unter Verlust der typischen Salzpflanzen und Insekten, wertlose Flächen für Rastvögel. Kein Wort dazu.

„Die Zugvögel entlang des Ostatlantischen Zugweges besser zu schützen“, Zustimmung! Aber dies durch die Industrialisierung der Nordsee mit immer mehr vogelvernichtenden Windkraftanlagen auf den Zugvogelstrecken über dem Meer und an der Küste? Kein Wort dazu.

Die Ministererklärungen der Wattenmeerkonferenzen in den Neunzigern waren vergleichsweise präziser und gehaltvoller. Die ständige politische Klimaschutz-Propaganda, mit Hilfe der Medien verbreitet, gab es nicht. Man vergleiche die „legendäre“ 6. Trilaterale Wattenmeerkonferenz im dänischen Esbjerg mit den aktuellen Wattenmeer-Klimaschwurbeleien, hier als pdf-Datei nachzulesen.

Auch der Naturschutz im Wattenmeer hat eine Geschichte, die nicht erst mit der Ausweisung des Wattenmeeres 1986 als „Nationalpark“ beginnt, das Etikett „Weltnaturerbe“ wurde 2009 als Vermarktungsetikett dazugeklebt. Heute hat eine geschichtsvergessene politische Klasse übernommen, die vehement am Abbau artenschutzrechtlicher Vorschriften hingearbeitet hat, um z.B. Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen zu Lasten des Artenschutzes (Tötungsverbot) zu beschleunigen und ideologisch motiviert die Biosphäre dem vorgeblichen Schutz der Atmosphäre opfert (siehe Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 2022). Von den großen Naturschutzverbänden wie BUND oder NABU kommen in der Regel auch nur noch klimamotivierte Sprechblasen. Der beschleunigte Ausbau der Windkraft für den „Klimaschutz“ wird von diesen Verbänden unterstützt.

Norderney: kein Platz mehr für Strandbrüter – Foto (C): Eilert Voß/Wattenrat

Gleichwohl schwätzt die an der Wattenmeer-Konferenz beteiligte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) „wollen wir anhand des gemeinsamen integrierenden Managements des Wattenmeeres deutlich machen, wie natürlicher Klimaschutz und der Schutz eines einzigartigen Ökosystems gelingen kann. Damit nehmen wir auch unsere Verantwortung vor Ort wahr.“ Nein, es gibt keine spürbare „Verantwortung vor Ort“, das ist die Verhöhnung des kaum noch vorhandenen fachlichen Naturschutzes mit nur heißer Klima-Luft, überwiegend inhaltsleere Wieselwörter ohne konkrete Handlungsanweisungen zum Schutz der Flächen und Arten in einem Nationalpark, Natura-2000-Gebiet und „Weltnaturerbe“. Um es mit Mark Twain zu sagen: „Als sie das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sie ihre Anstrengungen“, oder einfach nur Trilala-Gelaber, wie gewohnt.

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