OVG Lüneburg: Ganzjährige Schonzeiten für Bläss- und Saatgänse in der Durchführungsverordnung zum Nds. Jagdgesetz rechtmäßig

Bei Nebel illegal erlegte Blässgans (ganzjährig geschont), Petkumer Deichvorland, EU-Vogelschutzgebiet, Foto ist nicht Fundort. – Foto (C): Eilert Voß

Arktische Gänse sind Zugvögel. Sie überwintern u.a. an der Wattenküste in Deutschland – und einige Arten werden immer noch legal bejagt. Gerade bei den „grauen“ Gänsen, die nicht nur Graugänse (Anser anser) sind, kann es leicht zu Verwechselungen kommen. Wenn die vermeintlich geschossene Graugans „liegt“, kann es durchaus sein, dass sie gar keine ist. Äsende Saat- oder Blässgänse, oder auch die seltenen Kurzschnabel- oder Zwerggänse, sind auch von Fachleuten bei ungünstigem Licht nur schwer zu unterscheiden, im Flug schon eher an den markanten Flugrufen. Aber auch das muss gelernt sein. Hier auf den Wattenratseiten haben wir schon öfter auf skandalöse und strafbare Jagdverstöße, sprich Fehlabschüsse von Gänsen, hingewiesen. Dazu gehörte auch die Wasservogeljagd bei Nebel, Schneetreiben oder völliger Dunkelheit.

Anzeigen gegen beteiligte Jäger und Beutemacher verliefen stets im Sande. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat am 13. Oktober 2021 Klartext gesprochen: „Ganzjährige Schonzeiten für Bläss- und Saatgänse in der Durchführungsverordnung zum Nds. Jagdgesetz rechtmäßig“. Das Gericht lehnte nach mündlicher Verhandlung vier Normenkontrollanträge gegen die Niedersächsische Jagdzeitenverordnung ab, die sich gegen die ganzjährige Schonzeit bei der Blässgans und Saatgans richteten. Es möge nützen, die Artenkenntnisse der Landwirte und Jäger, die erfolglos geklagt hatten, wird damit allerdings nicht verbessert.

Illegale Gänsejagd bei Nebel, keine Gänseart kann so sicher angesprochen werden. Der Jäger steht hinter einer Deckung (Plane). Petkumer Deichvorland und EU-Vogelschutzgebiet an der Ems – Foto (C): Eilert Voß

Ganzjährige Schonzeiten für Bläss- und Saatgänse in der Durchführungsverordnung zum Nds. Jagdgesetz rechtmäßig

Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat in mehreren Verfahren Normenkontrollanträge gegen die Festsetzung ganzjähriger Schonzeiten für Bläss- und Saatgänse in der Durchführungsverordnung zum Niedersächsischen Jagdgesetz abgelehnt (Az.: 10 KN 40/18, 10 KN 42/18, 10 KN 43/18 und 10 KN 44/18).

Das Niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz legte mit der angegriffenen Verordnung eine ganzjährige Schonzeit für Bläss- und Saatgänse fest, um bei der Jagdausübung eine Verwechselung der Blässgans mit der Zwerggans und der Tundrasaatgans mit der Waldsaatgans und damit Fehlabschüsse der jeweils in ihrem Bestand gefährdeten Zwerg- und Waldsaatgänse zu verhindern. Gegen die Festsetzung der ganzjährigen Schonzeiten haben sich die Antragsteller, die Landwirte und Inhaber von Eigenjagdbezirken bzw. Jagdpächter sind, gewandt. Sie haben unter anderem geltend gemacht, dass die Festlegung ganzjähriger Schonzeiten nicht rechtmäßig sei, weil bei waidgerechter Jagdausübung Verwechselungen ausgeschlossen werden könnten, Bläss- und Saatgänse selbst in ihrem Bestand nicht gefährdet seien und diese Gänsearten erhebliche Schäden an landwirtschaftlichen Flächen verursachen würden.
Der Senat ist dem nicht gefolgt. Mit der Festlegung ganzjähriger Schonzeiten zum Schutz der in ihrem Bestand gefährdeten Zwerg- und Waldsaatgänse verfolge der Verordnungsgeber den legitimen Zweck, einen artenreichen Wildbestand zu erhalten. Im Bereich des Jagdrechts bestehe aufgrund der damit verbundenen übergeordneten Regelungszielen eine erhöhte Sozialbindung, so dass dem Verordnungsgeber ein weiter Beurteilungsspielraum zukomme. In dessen Rahmen habe er Schonzeiten als geeignet, erforderlich und angemessen ansehen können, um Fehlabschüsse aufgrund von Verwechselungen der sich in ihrem Erscheinungsbild stark ähnelnden Gänsearten zu verhindern. Die Antragsteller würden durch die ganzjährigen Schonzeiten auch nicht unverhältnismäßig belastet. Ihnen verblieben wesentliche Teile ihres Jagdausübungsrechts und Beeinträchtigungen der landwirtschaftlichen Nutzung durch freilebendes Wild seien in gewissem Umfang grundsätzlich hinzunehmen. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Dagegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
(Quelle: Pressemitteilung des OVG Lüneburg vom 14. Oktober 2021)

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