Übernahme von der WebSeite der Europäischen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE). Mit freundlicher Genehmigung der Eulenfreunde:
Ambitionierte Utopien und agrarpolitisches „Weiter-so“
In wenigen Wochen, am 31.12.2020 endet die Dekade zum Schutz der Biodiversität, die der Deutsche Bundestag vor zehn Jahren ausgerufen hatte. In dieser Dekade wurde der Rückgang der Biodiversität, überdurchschnittlich von Agrarlandschaften, nicht gestoppt, sondern fortgesetzt. Darüber geben die Roten Listen der in Deutschland gefährdeten Pflanzen- und Tierarten Auskunft; sie haben sich nach 2010 nicht verkürzt sondern verlängert.
Die häufig als Erfolgsgeschichte apostrophierte positive Bestandsentwicklung einiger weniger Symbolarten des Naturschutzes (u. a. der Wolf) verdanken diese weniger einer planmäßigen Naturschutzpolitik, sondern einem Ende der Verfolgung.
Nach 2010 hat es in Deutschland an ambitionierten Zielvorgaben zum Schutz der Biodiversität nicht gefehlt. Die EU-Kommission setzt in ihrer im Mai 2020 veröffentlichten „Biodiversitätsstrategie 2030“ neue Zielmarken. 2030 sollen beispielsweise mindestens je 30 Prozent der Landfläche und Meeresgebiete der EU gesetzlich geschützt sein, soll sich der Erhaltungszustand geschützter Lebensräume und Arten nicht mehr verschlechtern, sollen mindestens 30 Prozent von ihnen einen günstigen Erhaltungszustand oder zumindest einen starken positiven Trend aufweisen. Die Ziele sind ambitionierter denn je und so realitätsfern wie nie. Die Ressortleiterin Wissen der Zeitung „Die Welt“, Pia Heinemann, nennt sie angesichts der Wirklichkeit „utopisch“. Diese Wirklichkeit kann besichtigt werden: Es sind die Ergebnisse der Reform der EU-Agrarpolitik, auf die sich die Agrarminister der EU gerade geeinigt haben: im Wesentlichen ein ignorantes „Weiter-so“. Die Ziele der Biodiversitätsstrategie 2030 haben die Agrarminister und Agrarministerinnen zur Kenntnis genommen.
Martin Häusling (MdEP) aus der „Europagruppe Grüne“ kommentiert die Beschlüsse: „Das Fatale dieses Weiter-so besteht darin, dass auch künftig rund zwei Drittel der Agrargelder als Hektarzahlungen ohne irgendwelche nennenswerten Auflagen an die europäischen Landwirte verteilt werden. Den Rest will der Agrarrat zwar an Umweltauflagen knüpfen, und auch das erst nach einer angeblichen Testphase von zwei Jahren. Doch diese Zahlungen sind bisher eine völlige Blackbox und überdies freiwillig, also ins Belieben der Mitgliedstaaten gestellt. Und das ist tatsächlich neu: Denn bisher waren Umweltauflagen verpflichtend. Das ist jetzt nicht mehr so.“