Norderney: die volle Dröhnung

Screenshot-Bildzitat: Ostfriesischer Kurier, Norden, 24. Juli 2019

Schon Wilhelm Busch wusste: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden. (aus: „Der Maulwurf“, 1872).
Mit erheblichen Geräuschen ist in den nächsten Tagen auch im Großschutzgebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und „Weltnaturerbe“ zu rechnen, die Tourismus-Bespaßungsindustrie läuft auf Hochtouren. Seit gestern wummern z.B. die Bässe über den Strand von Norderney, „Summertime#19“ heißt der fünftägige „Ausnahmezustand“ auf der Insel, mit „Party, Konzerten und Entertainment“; der Nationalpark wird zur „Kulisse“ degradiert.

Summertime #19
Fünf Tage Ausnahmezustand, fünf Tage Party, Konzerte und Entertainment für alle am Nordstrand: Vom 24. – 28. Juli findet das Sommerhighlight vor der einmaligen Strand-Meer-Kulisse statt. […]

Dabei findet die Veranstaltung in unmittelbarer Nähe zur Nationalparkgrenze statt, wird also formell nicht von den Verboten des Nationalparkgesetzes erfasst. Nur macht der erzeugte Lärm, der je nach Geschmack auch für Musik gehalten werden kann, vor den Grenzen des Nationalparks nicht halt. Auch bis weit in das Schutzgebiet wird die volle Dröhnung zu hören sein. Das sagt das Nationalparkgesetz, eigentlich eindeutig, ohne auf die Quellen des Lärms einzugehen:

Gesetz über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ , §15
(2) Es ist insbesondere verboten, […]
2. lärmintensive Veranstaltungen durchzuführen […]

Die verantwortlichen Veranstalter werden sich spitzfindig damit rechtfertigen, dass die lärmintensiven Veranstaltungen nicht im, sondern am Nationalpark stattfinden. Und das sieht die Nationalparkverwaltung auch so. Seit Jahren zieht sich die Verwaltung des Großschutzgebietes auf die Position zurück, man habe keine rechtliche Handhabe, weil der Lärm ja von außerhalb in den Nationalpark hineingetragen werde. Nur ist der Lärm auch im Nationalpark wahrnehmbar. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht für Veranstaltungen dieser Art, die in ein europäisches Schutzgebiet wie den Nationalpark hineinwirken, eine Verträglichkeitsprüfung vor (§34). Die ist veranstalterfreundlich unterblieben. Genau so argumentiert die Nationalparkverwaltung, wenn sommerliche Feuerwerke direkt an der Grenze zum Nationalpark gezündet werden, auch in der Brut- oder Rastzeit zur Touristenunterhaltung. Auch die Feuerwerke wirken durch die Schall- und Lichteffekte kilometerweit in das Schutzgebiet hinein und führen zu Panikreaktionen bei den Brut- oder Rastvögeln; das ist gut untersucht und nach dem Bundesnaturschutzgesetz verboten. Und so geht alles seinen gewohnten Gang: Der Massentourismus mit allen negativen Begleiterscheinung ist ein erheblicher Störfaktor für heimische oder durchziehende Vögel und Seehunde in diesem „Weltnaturerbe“. Die Nationalparkverwaltung mit ihrem Leiter Peter Südbeck unterstützt die Tourismusbranche mit inhaltsleeren „Partnerschafts-Zertifikaten“, statt sich „nachhaltig“ um Ruhe an der Naturschutzfront zu bemühen.

Die Selbstdarstellung

Norderney

Norderney ist die „Königin der Nordsee“ und geographisch zwischen den Inseln Juist im Westen und Baltrum im Osten positioniert. Die Insel ist in gut 45 Minuten vom Festland aus (Norden-Norddeich) mit der Fähre erreichbar. Ebenso verfügt Norderney über einen eigenen Flugplatz. Mit einer Gesamtfläche von 26,29 Quadratkilometern ist die Insel die zweitgrößte ostfriesische Insel. Fast 85 Prozent der Insel gehört zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, welches auf der Weltnaturerbeliste der Unesco steht.
Norderney ist die touristisch stärkste ostfriesische Insel. 2010 wurden 3,15 Millionen Übernachtungen gezählt. Seit dem Jahr 2002 konnten die Übernachtungszahlen kontinuierlich gesteigert werden. […]

Laut Statistik der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg betrug die offizielle Übernachtungszahl auf Norderney 3.688.169 im Jahr 2018.

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