Das oberste niederländische Verwaltungsgericht „Raad von State“ stoppte den Flächennutzungsplan (Bestemmingsplan) für die Erweiterung eines Industriegebietes in Delfzjil an der Ems. Der Rat der Stadt Delfzjil hatte den Plan 2017 verabschiedet. Dagegen geklagt hatten die Bürgerinitiative „Saubere Luft Ostfriesland“, die niederländische „Vereniging van Zuivere Energie Westerwolde“ und die „Gasunie Transport“. Wie die niederländische Zeitung „Dagblad van het Noorden“ aus Groningen am 17. Juli 2019 berichtet, liegt das geplante Industriegebiet „Oosterhorn“ südöstlich des Zentrums von Delfzijl an der Ems.
Das Industriegebiet grenzt nördlich an die Emsmündung an , das Ästuar gehört zum europäischen Natura-2000-Gebiet Wattenmeer. Mit dem Ausbau sollten vorhandene Unternehmen expandieren, zudem sollte Platz für neue Unternehmen und einen weiteren Windpark geschaffen werden. Der Raad von State-Beschluss ergibt sich aus einer früheren Entscheidung dieses Gerichts. Das oberste Verwaltungsgericht hatte kürzlich die Stickstoffemissionspolitik Nitrogen Approach Program (PAS) der Regierung verworfen. Die Regierung hatte daraufhin keine Umweltgenehmigungen für Projekte in gefährdeten Naturgebieten mehr erteilt. Hunderte von Plänen in den Niederlanden sind von der Entscheidung betroffen. Stickstoffverbindungen werden von der chemischen Industrie in organischen Verbindungen hergestellt. Stickstoff findet u.a. Anwendung in Kunststoffen, Sprengstoffen und in Düngemitteln. Der industrielle Stickstoffeintrag in das Wattenmeer ist enorm und gefährdet das Natura-2000-Gebiet, dadurch wird die Überdüngung weiter gefördert. Die Wasserrahmenrichtlinie der EU fordert eine Verbesserung der Gewässerqualität, keine Verschlechterung.
Der aktuelle Gerichtsbeschluss führte zu heftigen Reaktionen aus Delfzjil: „Wir haben die Nase voll!“ zitierte die Zeitung den Delfzjiler Stadtrat Ijzebrand Rijzebol. „Es wird viel Mühe kosten, die Dinge wieder in Gang zu bringen“. Die Äußerungen des Stadtrates beziehen sich nicht nur auf den Ausbau des geplanten Delfzijler Gewerbegebiets. Viele Projekte, bei denen Stickstoff eine Rolle spielt, seien in Vorbereitung. Und das sei für Delfzijl ein ziemliches Problem, denn die Ökologisierung von Unternehmen sei ein heißes Thema. „Die Ablehnung des Oosterhorn-Plans ist eine direkte Folge dieser früheren Entscheidung“, wird Rijzebol zitiert. „Viele Flächennutzungspläne, die wie dieser noch nicht rechtskräftig waren, wurden durch die Entscheidung des Gerichts auf den Müllhaufen verwiesen.“ Rijzebol wird sich in Kürze mit Unternehmen wie Groninger Seaports treffen, um herauszufinden, wie sie mit dem Urteil umgehen sollen. „Wir müssen einen Weg finden, um aus diesem Stickstoff-Elend herauszukommen.“ Wie dem auch sei: Es bleibt zu hoffen, dass der Gerichtsbeschluss im Sinne des Schutzes der Emsmündung und des Wattenmeers Bestand haben wird. Auch in den Niederlanden werden verbindliche EU-Richtlinien von der Politik ignoriert.