Landkreis Wittmund: Strafbefehl gegen „Windbaron“

Windkraft-Baustelle in Utarp/LK Witmund/NDS, 2016 – Foto (C): Manfred Knake

Die Staatsanwaltschaft Aurich stellte Antrag auf Strafbefehl beim Amtsgericht Wittmund/NDS gegen den „Windbaron“ Johann Eisenhauer (Norderland-Gruppe) wegen unerlaubter Ablagerung von Bodenaushub auf Grünland und Böschungen von Gräben beim Bau einer Windkraftanlage in Utarp/LK Wittmund. Mögliche artenschutzrechtliche Verstöße blieben unberücksichtigt. Gegen den Beschuldigten Johann Eisenhauer wurde schon einmal von der Staatsanwaltschaft wegen Verstößen beim Bau von WEA ermittelt. Er musste eine Strafe zahlen.

Der, wie Kritiker sagen, windkraftbetreiberfreundliche Landkreis Wittmund als Genehmigungsbehörde hat mal wieder seine „Kompetenz“ bewiesen: „Auch offensichtliche Mängel in der Umweltverträglichkeitsstudie bleiben ohne Folgen“, so der ermittelnde Staatsanwalt aus Aurich. Der polizeiliche Abschlussvermerk stellte fest, dass in dem Gutachten ein Biotop im Bereich der Windenergieanlagen nicht berücksichtigt wurde. Der Gutachter, der im Auftrag des Investors tätig wurde, hatte dies offensichtlich „übersehen“.

Der Landkreis Wittmund gerät mit fragwürdigen Genehmigungen nicht zum ersten Mal in die öffentliche Kritik. Für den den Steuerzahler wurde es schon richtig teuer: So z.B. die kommunale Nachsicht statt Aufsicht beim (illegalen) Bau der Umgehungsstraße Bensersiel/Stadt Esens im EU-Vogelschutzgebiet. Das immissionschutzrechtliche Genehmigung für das Repowering des Windparks Utgast/SG Esens direkt am EU-Vogelschutzgebiet V63 „Ostfriesische Seemarschen von Norden bis Esens erfolgte ohne die ausreichende erforderliche Datenerfassungen von Vögeln und Fledermäusen (fachbehördlich bestätigt); die Altfundamente der abgängigen Windkraftanlagen wurden nur bis 1,50 Meter unter Geländeoberkante entfernt, statt sie, wie vorgeschrieben, vollständig zu entfernen. Das alles kann nur funktionieren, wenn die Kommunalaufsicht von Landkreis bis zum niedersächsischen Umweltministerium versagt oder gar nicht gewollt ist. Die naheliegende Ursache: Klüngel und Filz.

Der Zeitungsbericht aus dem Ostfriesischen Kurier in Norden vom finden Sie ganz unten.

Auszug aus dem Strafbefehl:

Staatsanwaltschaft Aurich, Postfach 17 31,26587 Aurich

Bürgerinitiative Roggenstede Frau Kerstin Harms Osterhammer 2 26553 Roggenstede
Geschäftsnummer (bitte stets angeben) NZS 210 Js 24188/16 ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom 04941 13-1253                      01.02.2018

Ermittlungsverfahren gegen Johann Martin Eisenhauer

Tatvorwurf: Unerlaubtes Betreiben von Anlagen Tatzeit: 04.04.2016 – 29.04.2016

Sehr geehrte Frau Harms,

Sie hatten sich am 26. April 2016 mit Herrn PHK Bringmann vom Polizeikommissariat Wittmund in Verbindung gesetzt und am selben Tage schriftlich Strafanzeige erstattet. Anlass Ihrer Strafanzeige waren die vorangehenden Wegebauarbeiten in der Gemarkung Utarp, konkret das Projekt der Firma Norderland Realisierung GmbH, ansässig in 26556 Westerholt. Die Firma beschäftigte sich seinerzeit mit der Errichtung und dem Betrieb von drei Windenergieanlagen im Windpark Utarp Ost.

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen wurden die vorhandenen Unterlagen des Landkreises Wittmund von diesem angefordert, am 26.5.2016 die Baustelle begangen und dem Beschuldigten als Geschäftsführer der Firma Norderland Realisierung GmbH rechtliches Gehör angeboten.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wurden gegen den Beschuldigten strafrechtlich folgende 3 Vorwürfe erhoben: […]

weiter in der Anlage .pdf, 1 .pdf mit 3 Seiten: Strafbefehl StAwAurich_WEA_Utarp_Feb2018

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Ostfriesischer Kurier, Norden/NDS, 21. März 2018 (mit freundlicher Genehmigung)

Verstoß gegen Bundesnaturschutzgesetz wird nicht geahndet

Umwelt Baum nach dem 1. März für Windenergieanlagen gefällt – Biotop fehlt in Umweltverträglichkeitsstudie

ROGGENSTEDE/ERT – Weil nach dem 1. März – also während der Brut- und Setzzeit – ein Baum ohne Genehmigung gefällt worden war, hatte die Bürgerinitiative Roggenstede am 26. April 2016 Strafanzeige gegen die Firma Norderland GmbH in Westerholt erstattet. Der Baum war Wegearbeiten für die Errichtung von drei Rotoren im Windpark Utarp-Ost zum Opfer gefallen. Da in diesem Gebiet Blaukehlchen und Bekassinen brüten, hatte die Firma nach Ansicht der Bürgerinitiative gegen den Paragrafen 44 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen.

„Die Genehmigung habe ich bis heute nicht gesehen, unsere Anwälte auch nicht“ sagt die Roggensteder Ortsvorsteherin Kerstin Harms in einem KURIER-Gespräch. Bei einer Begehung der Baustelle, die Ende Mai 2016 im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen vorgenommen wurde, stellte es sich heraus, dass der Aushub vom Fundament der Windenergieanlage 1 auf einer nahe gelegenen Grünfläche deponiert worden war.

„Schließlich war bei der Begehung festgestellt worden, dass bei der Erstellung der Zuwegungen diese bis an die Böschungen von Gräben ausgedehnt worden waren, was in dieser Form unzulässig war“, teilte Erster Staatsanwalt Lohmann in einem Bescheid mit, den die Bürgerinitiative kürzlich erhielt. Demnach wurden die Ermittlungen zu den einzelnen Vorwürfen eingestellt – bis auf den Verstoß gegen Paragraf 327 Strafgesetzbuch: Wegen der Ablagerung des Bodenaushubs hatte Lohmann einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beim Amtsgericht Wittmund gestellt.

Das Vorkommen von Blaukehlchen und Bekassinen sei 2011 in diesem Gebiet kartiert worden, „auch wurden solche Tiere im Jahr 2016 gesehen“, so der Erste Staatsanwalt. Er hätte dem Beschuldigten aber für eine Vorsatztat nachweisen müssen, dass die Tiere dort auch 2016 brüteten oder brüten wollten, und dass ihm das Vorkommen dieser Tiere bekannt war. Das habe er aber nicht beweisen können.

Auch offensichtliche Mängel in der Umweltverträglichkeitsstudie bleiben ohne Folgen: So weist der polizeiliche Abschlussvermerk darauf hin, dass in dem Gutachten ein Biotop im Bereich der Windenergieanlagen nicht berücksichtigt wurde. „Dies kann ich aber dem Beschuldigten als Geschäftsführer nicht vorwerfen, wenn die zuständige Genehmigungsbehörde dies so akzeptiert“ heißt es in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Aurich. „Im Umweltrecht gilt der Grundsatz der Verwaltungsakzessorietät! Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft als eine staatliche Behörde einem Beschuldigten nichts vorwerfen darf, was eine andere staatliche Behörde akzeptiert hat.“ Der Landkreis Wittmund als Genehmigungsbehörde habe sich mit den vorgelegten Unterlagen zufrieden gegeben.

„Das Strafrecht ist in der Bundesrepublik als eine Art letzte Verteidigungslinie konzipiert, das nur in besonders schweren Fällen von Fehlverhalten eingreifen kann und darf“, so Lohmann. „Nicht jede Form von unsozialem, unethischem, unmoralischem oder gemeinschädlichem Verhalten ist unter Strafe gestellt.“

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